Auf Einladung von Andreas Kornmann, Kreislandwirt und Gebietsagrarausschussvorsitzender, fanden etwa 150 Landwirte aus dem Kreisgebiet in die Turnhalle Frischborn. Neben Erläuterungen zur Antragsstellung für Agrarförderung sorgten Neuerungen der Düngeverordnung, Veränderungen der Agrarpolitik auf Landes- und Bundesebene sowie Bedrohungen durch die Afrikanische Schweinepest für Redebedarf. Auch das Herdenschutzprogramm und die Weidetierprämie wurden auf der Veranstaltung thematisiert.
Kreislandwirt Andreas Kornmann benannte in seinem Grußwort einige Probleme, denen sich seine Berufskollegen auch im Vogelsbergkreis stellen müssten. Immer wieder neue Regelungen im Bereich des Tierwohls sorgten beispielsweise dafür, dass die Planungssicherheit für große Investitionen auf der Strecke bliebe. Einerseits würden Lockerungen für den internationalen Handel auf den Weg gebracht, während die Erzeugung von hochwertigen Nahrungsmitteln im Inland immer stärker reglementiert würde, führte Kornmann aus. Auch die Änderungen bei der Düngeverordnung schränke die Landwirte in ihrer Arbeit ein. „Die Landwirtschaft fordert an vielen Stellen eine fachliche Diskussion. Viele Landwirte wünschen sich eine ehrliche und besonnene Politik auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene, die auf praxis-orientierter Basis entscheidet“, sagte Kornmann. Landrat Manfred Görig (SPD) pflichtete ihm in seinem Grußwort bei: „Oft wird heute nicht mit, sondern über die Landwirtschaft geredet, wie das Beispiel der Düngeverordnung zeigt. Das geschieht in Zeiten, in denen die Belastungen durch Regelungen und der Druck durch die Öffentlichkeit für die Landwirtschaft steigen.“ Diesen Schwierigkeiten müssten Landes- und Bundespolitik begegnen, denn, wenn man Kulturlandschaften wie den Vogelsberg erhalten wolle, seien Entscheidungen nötig, die die Zukunft der Landwirte gewährleisten, erklärte der zuständige Dezernent Dr. Jens Mischak (CDU) im Anschluss an die Versammlung. Auch der CDU-Landtagsabgeordnete Michael Ruhl argumentierte in dieselbe Richtung und signalisierte, sich für eine Binnendifferenzierung bei der Düngeverordnung einzusetzen.
Die Düngeverordnung wurde zum 1. Januar 2020 verschärft. Und wird in Gebieten mit erhöhten Nitratgehalten im Grundwasser – den sogenannten Roten Gebieten – besonders streng durchgesetzt. Somit müssten in den sechs im Vogelsbergkreis ausgewiesenen Gebieten nun fünf, beziehungsweise zehn Meter in Hanglagen mit über zehnprozentiger Steigung, eingehalten werden. Weitere Verschärfungen betreffen die Deckelung der Ausbringung von Stickstoff auf 40 Kilogramm Stickstoff pro Hektar. Viele Landwirte kritisieren diese Neuregelungen heftig: Sie führen fehlerhafte Messwerte für den Nitratgehalt im Grundwasserkörper, Gängelung und fehlende Sachlichkeit bei Entscheidungen auf Bundesebene ins Feld.
Auch ist ab dem 1. Januar 2020 auf bestelltem Ackerland die Ausbringung von organischem Dünger nur noch mit bodennaher Ausbringtechnik erlaubt. Eine fünfjährige Übergangsfrist gibt es auf Grünland und mehrjährigem Feldfutter. Auch auf unbestelltem Ackerland ist die Ausbringung noch bis voraussichtlich 1. Januar 2025 erlaubt. Ab dann muss auch dort mit bodennaher Ausbringtechnik gearbeitet werden.
Weitere Tagesordnungspunkte beinhalteten Neuigkeiten zur Antragsstellung in der Agrarförderung und den aktuellen Sach- und Vorbereitungsstand vor dem Hintergrund einer möglichen Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest. Dr. Robert Riße thematisierte in seinem Vortrag auch die Blauzungenkrankheit sowie die Geflügelpest; beide Seuchen machen momentan in Deutschland nur sehr geringe Probleme.
Neue Informationen aus dem Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) stellten Annette Enders, Abteilungsleiterin Landwirtschaft im Ministerium, und Referatsleiter Dr. Andreas Cromm in ihren Beiträgen vor. Annette Enders berichtete von den Unwägbarkeiten, die die Novellierung der Düngeverordnung durch die Vorgaben der Europäischen Kommission mit sich brächten und signalisierte, dass auch das hessische Ministerium versuche, auf Bundesebene respektable Lösungen für die hessische Landwirtschaft zu unterstützen. Sie stellte weitere Punkte vor, die die Agrarpolitik der Landesregierung unterstütze: Digitalisierung der Landwirtschaft, Tierwohl, Strategien für nachhaltiges Wirtschaften, das Herdenschutzprogramm und die Weidetierprämie seien nur einige Punkte, an denen das Ministerium ansetze. Dr. Andreas Cromm erläuterte im Nachgang die Veränderungen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.
Bei Herdenschutz- und Weidetierprämie wurden auf der Versammlung Forderungen laut, die beiden Programme auf weitere Nutztierhaltergruppen auszuweiten. „Im Vogelsbergkreis gibt es viele Weidetierhalter – viele Rinderhalter sind auf die Weidehaltung angewiesen – dort greifen die Schutz- und Ausgleichsprogramme zu kurz“, merkt Kreislandwirt Andreas Kornmann an.
Die neuesten Projekte, die im Rahmen der Ökomodellregion in Angriff genommen werden, stellte Anja Püchner, Amtsleiterin des Amtes für Wirtschaft und den ländlichen Raum, vor. Neben dem Projekt Kartoffelwoche, einer gemeinsamen Aktion mit Gastronomen aus dem Vogelsberg, sollen regionale Produkte in den Fokus gerückt werden. Auch das Projekt Vulkan Rind, und die Initiative „Bio-Heumilch aus Rhön und Vogelsberg“ sollen regionale Absatzmärkte erschließen und regionale Produzenten und Verbraucher zusammenbringen. Abschließend stellte Ruben Max Garchow, Leiter des Naturschutzprojektes Vogelsberg, Aspekte des Flächenerwerbs und der Langfristpacht durch den Trägerverein Natur- und Lebensraum Vogelsberg vor.
Zum Abschluss der Versammlung rief Kreislandwirt Andreas Kornmann seine Berufskollegen dazu auf, „dranzubleiben, auch wenn die Arbeit draußen auf den Feldern beginnt.“ Die Landwirte hätten viel Arbeit vor sich: ihre Aufgabe sei es, sich bei Verbrauchern und Politik das Gespräch zu suchen und sich Gehör zu verschaffen.