Und er weiß, dass Krankenschwestern und –pfleger verdammt früh aufstehen müssen. Um kurz nach vier klingelt an diesem Morgen der Wecker, kurz vor sechs meldet sich Manfred Görig – diesmal nicht im Anzug mit Krawatte, sondern in weißer Hose und hellblauem Kittel - in der Geriatrie „zum Dienst“. Alte Menschen werden auf dieser Station behandelt, oft mit Mehrfacherkrankungen. Viele haben eine Operation hinter sich. Auf der Geriatrie wird versucht, sie soweit zu stabilisieren, dass sie zu Hause wieder einigermaßen selbstständig zurechtkommen, erklärt Schwester Isolde.
Zur Übergabe im kleinen Schwesternzimmer gibt es erst einmal einen Kaffee – und natürlich jede Menge Informationen von der Nachtschwester. Wer war unruhig? Wer hat durchgeschlafen? Auf wen muss besonders geachtet werden? Alles wird genau dokumentiert. Mit großen Aktenmappen geht es dann auch zum morgendlichen Rundgang. Blutdruck und Temperatur werden gemessen und eingetragen, die Medikation überprüft. Schwester Andrea nimmt den neuen Praktikanten unter ihre Fittiche. „Sie sind die Chefin“, lacht der Landrat und schüttelt Betten in den Patientenzimmern auf. Auch hier wird er erkannt, unterhält sich mit den alten Menschen, fragt nach deren Krankheitsgeschichte. Es sind nicht nur Vogelsberger, die auf der Station liegen, auch aus umliegenden Kreisen kommen die Patienten – vor allem aus dem Schwalm-Eder-Kreis. „Das geht bis Fritzlar oder Borken“, erzählt Ulrich Helmberger. „Wir haben einen recht guten Ruf“, schiebt der Geriatrie-Koordinator nach. Das weiß natürlich auch der Landrat, als Chef des Aufsichtsrates hat er die positive Entwicklung der Abteilung verfolgt – nicht zuletzt anhand der Zahlen. „Es ist eine gute Einrichtung, die hier geschaffen wurde“, lobt er. Und dann muss er sich auch schon wieder auf den Weg machen: Es geht in die Zentrale Aufnahme, zum Röntgen, zum Funktionsdienst und ins Labor.
Noch ist es ruhig im „Glaskasten“ von Schwester Irmgard, es ist noch nicht mal acht, die Ärzte sind noch nicht da, um in den kleinen Behandlungszimmern im hinteren Bereich ihre Patienten zu untersuchen. Das aber soll sich kurze Zeit später ändern: Vor der Annahme bilden sich Schlangen, Notfälle müssen verarztet werden, andere Patienten kommen zur Kontrolle. Irmgard hat alles bestens im Griff, flitzt von einem Zimmerchen zum nächsten, lotst die Patienten auf die Behandlungsliegen. So auch den kleinen Micha. Zehn Jahre alt ist er und hat sich – so kurz vor den großen Ferien – den Arm gebrochen. Beim Fußball in der Schule ist das passiert. Elle und Speiche sind durch, erzählt seine Mama. Und während Chirurg Dr. Sami Öztürk den frisch operierten Bruch kontrolliert, erklärt der Viertklässler dem Landrat, dass er natürlich weiter Fußball spielen wird.
Eine Abteilung, die Fußballer nur zu gut kennen, ist das Röntgen. Ilona Limburg hat an diesem Morgen Dienst und bedient das große neue Röntgengerät. Erst im Frühjahr ist es angeschafft worden, gut 250.000 Euro hat es gekostet. Diesmal schaut Manfred Görig als Hospitant zu, wie ein Patient nach dem nächsten durchleuchtet wird, viel schneller geht das als früher. Und mit weniger Strahlung. Und das Beste: Es müssen keine Folien mehr entwickelt werden, die hoch aufgelösten digitalen Dateien können sofort am Bildschirm begutachtet werden.
Noch einmal macht der Praktikant einen Abstecher in die Notaufnahme. Bei Schwester Irmgard ist jetzt aber richtig was los, auch Patienten für ambulante Eingriffe stellen sich vor und müssen aufgenommen werden. Schwester Kathrin nimmt gerade Blut ab, das dann gleich im hauseigenen Labor untersucht werden kann. Genauso wie die Abstriche auf MRSA, den gefährlichen Krankenhauskeim.
Und nach viel Theorie und Erklärungen muss der neue Hospitant dann schließlich richtig mitanfassen.
Nina Bockshorn sagt, wo es lang geht – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Sie gehört zum Hol- und Bringedienst des Hauses. Ständig klingelt ihr Handy, kommen Mitteilungen, wo ein Patient abgeholt werden muss. Mit Rollstuhl oder Bett geht es von der Station zum Röntgen oder wieder hoch ins Zimmer. Da müssen Blutröhrchen ins Labor gebracht werden oder Arzneien geholt werden. Wie viel Kilometer Nina Bockshorn an einem Tag läuft? „Ich will es gar nicht wissen“, sagt die sympathische Frau auf dem Weg nach unten zu den Funktionsräumen. Manfred Görig muss gleich mit ran, erst muss er eine Frau im Rollstuhl wieder auf Station bringen, bei der zweiten Tour gilt es dann, ein Bett durch die engen Flure zu schieben. „Ich ziehe, sie lenken“, gibt Nina Bockshorn als Order aus. „Wie in der Politik“, lacht der Landrat und umschifft geschickt Hindernisse und enge Kurven.
Immer wieder wird er angesprochen auf den Fluren des Krankenhauses. Viele kennen den Landrat, zögern allerdings einen Moment, ehe sie ihn fragen, warum er mit einem Krankenbett unterwegs ist. „Ich bin Praktikant“, ruft er stolz zurück. Und er macht damit deutlich, wie sehr er die Arbeit der Pflegekräfte schätzt. An diesem Tag, der übrigens mit einem Abstecher in der Intensivstation und im OP-Bereich endet, hat er einen Einblick gewinnen können. Einen Einblick in die vielfältige und verantwortungsvolle Arbeit, die im Krankenhaus geleistet werden muss - und zwar auf allen Ebenen. „Mit diesem Personal“, zeigt er sich überzeugt, „ist unser Kreiskrankenhaus in Alsfeld bestens aufgestellt. Die Aufgaben der Zukunft werden wir meistern, da besteht kein Zweifel.“