„Eine so hochmoderne Anlage hat der Vogelsbergkreis noch nie gehabt“, unterstreicht Landrat Manfred Görig nach dem Rundgang durch die neu gestalteten Räume. Aber nicht nur die computer-gestützte Technik überzeugt, sondern auch das Raumangebot. „Wir haben hier viel mehr Platz als früher, alles ist großzügiger bemessen, das kommt unseren Feuerwehrmännern und -frauen entgegen“, so der Landrat.
Früher – das steht für die alte Anlage im Keller der ehemaligen Alsfelder Fahrzeughalle. Mehr als 30 Jahre machten die Atemschutzträger der Feuerwehren dort ihre Durchgänge. Nach einem Extrem-Hochwasser im Jahr 2018 musste die Strecke allerdings abgebaut werden. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen waren nötig, ehe die neue Strecke nun im Erdgeschoss aufgebaut werden konnte. Gut vier Meter oberhalb des alten Standortes. Auf den Hochwasserschutz wurde beim Umbau besonders geachtet, so wurden die alten Tore der ehemaligen Fahrzeughalle durch stabiles Mauerwerk mit einer zusätzlichen etwa 1 Meter hohen Betonbarriere ersetzt. Die Lichtschächte wurden geschlossen, leicht modifiziert wurden zudem die Außenanlagen im rückwärtigen Bereich und in die Abwasserhebeanlage wurden zusätzliche Pumpen installiert.
Gefragt war vor allem auch die Meinung der Nutzer der Strecke und der Verantwortlichen auf Feuerwehrseite. Während des gesamten Planungsprozesses gab es umfangreiche Abstimmungen.
Das Ergebnis spricht für sich: Im kreiseigenen Gebäude ist eine hochmoderne Atemschutzübungstrecke entstanden, die den Feuerwehren des Vogelsbergkreises kostenfrei zur Verfügung gestellt wird, wie Landrat Manfred Görig betont.
Wie sieht nun so ein Streckendurchgang aus?
Er beginnt sportlich – und das in voller Montur. Um die 20 Kilo wiegt die Ausrüstung eines Atemschutzgeräteträgers, wie Kreisbrandinspektor Dr. Sven Holland erläutert. Mit Atemluftflasche Sauerstoffflasche und Maske müssen die Feuerwehrmänner und -frauen aufs Laufband, aufs Fahrrad, sie müssen eine Endlos-Leiter erklimmen, an einem Schlaghammer ziehen oder Übungen am Hand-Ergometer machen. Die eigentliche Stecke besteht aus zwei Gitter-Tunneln, im unteren Teil kann man nur kriechen, im darüber liegenden Gang kann man gebückt gehen. Verschiedene Aufgaben sind auf der Strecke mit einer Gesamtlänge von mehr als 50 Metern zu lösen, durch Luken muss zum Beispiel von einer auf die andere Ebene geklettert werden. Der Raum in den Gängen ist eng bemessen, Bewegungsfreihit gibt es so gut wie gar nicht. Hinzu kommt: Die Übung wird realitätsnah durchgeführt. Es wird eine tatsächliche Brandsituation simuliert – mit Rauch, mit Hitze, mit dem Geräusch herabstürzender Balken und Wände. „In einer solchen Situation herrscht schon eine extreme Anspannung“, weiß Landrat Manfred Görig aus eigener Erfahrung.
Alleine geht man nicht in die Strecke, sondern generell zu zweit wie auch bei einem Einsatz. „Das Zusammenspiel ist entscheidend, auf der Strecke muss man sich gegenseitig unterstützen und aufeinander verlassen können, die Aufgaben sind alleine nicht zu meistern“, so der Landrat, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass „Sicherheit auf unserer neuen Strecke groß geschrieben wird“. Jeder Streckengang wird überwacht, „im Notfall können wir sofort eingreifen“. So kann der Übungsraum innerhalb kürzester Zeit entraucht werden, die einzelnen Gitterelemente der Strecke lassen sich mit wenigen Handgriffen entfernen, sodass Teilnehmer an allen Stellen der Strecke befreit werden können. „Sogar der Pulsschlag wird übermittelt“, ergänzt Kreisbrandinspektor Dr. Sven Holland, „jeder Teilnehmer bekommt einen Brustgurt, die Daten laufen im Kontrollraum ein.“
Nach dem Streckendurchgang geht es dann übrigens noch einmal in den Fitness-Raum mit Endlosleiter und Ergometer…
Zum Hintergrund:
Einsatzkräfte der Feuerwehr, die als Atemschutzgeräteträger eingesetzt werden, sind besonderen Situationen ausgesetzt und müssen daher fit sein und auch speziell ausgebildet werden.
Für die Ausbildung ist es erforderlich, in einer Atemschutzübungsanlage an Gerätschaften wie Endlosleiter, Laufband und Fahrradergometer sowie in einem Hindernisparcours eine vorgegebene Leistung zu erbringen. Hierbei steht nur der in einem Atemschutzgerät vorhandene Luftvorrat zur Verfügung.
Auch nach erfolgtem Abschluss des Atemschutzgeräteträgerlehrganges muss jährlich nachgewiesen werden, dass ein sogenannter Streckendurchgang in einer Atemschutzübungsanlage absolviert wurde.
Darüber hinaus müssen Atemschutzgeräteträger pro Jahr mindestens einen Atemschutzeinsatz oder eine Übung unter einsatzähnlichen Bedingungen durchgeführt haben sowie an einer theoretischen Unterweisung teilgenommen haben.
Etwa 700 bis 800 Streckendurchgänge werden laut Kreisbrandinspektor Dr. Sven Holland pro Jahr von Vogelsberger Feuerwehrleuten insgesamt absolviert.