Bei 247 Millionen Euro liegt das Gesamtvolumen des Haushalts, der natürlich auch geprägt ist von den Krisen dieser Welt. „Das, was sich in der weltpolitischen Lage aktuell abzeichnet, zieht leider auch direkte Konsequenzen auf unser Leben hier vor Ort nach sich und hat konkrete Auswirkungen auf unsere finanzpolitische Lage.“ Und die stellt sich wie folgt dar: Die Rücklagen sind nahezu aufgebraucht, man ist am Rande der finanziellen Leistungsfähigkeit angekommen. „Wir sind daher umso mehr gezwungen, Prioritäten zu setzen, und das Notwendige von dem Wünschenswerten zu trennen. Gerne würden wir in Bereichen wie Radverkehr, Klimaschutz oder auch der Jugendförderung mehr Projekte angehen. Wir müssen aber ehrlich sagen, dass uns hierzu schlicht und ergreifend die finanziellen Ressourcen fehlen“, erklärt der Erste Kreisbeigeordnete.
Die Zahlen des Entwurfs
Wie bereits im Vorjahr konnten wederErgebnishaushalt noch Finanzhaushalt jahresbezogen ausgeglichen werden. Der Ergebnishaushalt weist den bereits erwähnten Fehlbedarf von rund 5 Millionen Euro aus. Erneut ausgesetzt werden muss in diesem Jahr auch die Tilgung des Anteils an den Hessenkasse-Schulden, sie soll erst ab 2025 wieder bedient werden. Aufgrund dieser Umstände ist der Vogelsbergkreis gesetzlich dazu verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. In dem muss aufgezeigt werden, mit welchen Maßnahmen der Kreis diesen finanziellen Schwierigkeiten in Zukunft entgegenwirken will.
151 Millionen für Jugendhilfe und Soziales
Es sind vier Bereiche, auf die sich Dr. Mischak fokussiert: Soziales, Gesundheit, Personal und Kommunaler Finanzausgleich. Zum ersten Kernbereich, der Jugendhilfe und soziale Sicherung, zählt Mischak auch die Umlage an den Landeswohlfahrtsverband hinzu. „Wir wenden für diesen Bereich etwas mehr als 151 Millionen Euro und damit rund zwei Drittel des Gesamtvolumens auf“, zeigt der Erste Kreisbeigeordnete auf. Abzüglich der zugehörigen Erträge entstehe alleine in diesem Bereich ein negatives Jahresergebnis von -89 Millionen Euro.
„Nach meiner Einschätzung birgt gerade dieser Teilhaushalt wie in den Vorjahren auch besondere Unwägbarkeiten im Bereich Flüchtlingswesen. Auch wenn die Zuweisungszahlen für den Vogelsbergkreis rückläufig sind, sind insbesondere die Aufwendungen in diesem Produkt äußerst volatil und stets abhängig von den Zuweisungen des Landes, die für uns aber nicht steuerbar und auch nicht vorhersehbar sind“, so Dr. Mischak.
Zwar werden Geflüchtete seit dieser Woche direkt den Städten und Gemeinden zugeordnet, die finanziellen Auswirkungen seien aber weiterhin im Kreishaushalt abzubilden. Nach wie vor sei der Kreis für die Transferaufwendungen und die Betreuung der Geflüchteten zuständig. Auch die Pauschale, die die Städte und Gemeinden für ihre Aufwendungen bei der Unterbringung erhielten, müsse im Kreishaushalt abgebildet werden.
„Außerdem haben wir neben zahlreichen Gemeinschaftsunterkünften auch noch das Ankunftszentrum Alsfeld im Betrieb. Die Unterbringung geflüchteter Menschen ist speziell im Ankunftszentrum durch die Containerlösung und die schiere Größe mit sehr hohen Aufwendungen verbunden, die bei einer Unterbringung in kleineren und mittleren Gemeinschaftsunterkünften nicht in dem Umfang entstehen. Beispielhaft kann ich hier Aufwendungen für Catering, einen Sicherheitsdienst und die Betreuung durch das Deutsche Rote Kreuz nennen“, führt Dr. Mischak aus. Diese Mehraufwendungen hätten dazu geführt, dass die besondere Unterbringungsform nicht mit den vom Land gezahlten Pauschalen zu finanzieren sei und dadurch nach wie vor das Risiko bestehe, dass ein erheblicher Eigenanteil des Kreises erforderlich werde. Eine Maßnahme des Haushaltssicherungskonzepts sehe die geplante Rückführung des Ankunftszentrums zum 30. Juni vor. „Durch die geplante Rückführung entsteht im Haushaltsjahr 2024 eine Entlassung in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro. Für die Folgejahre wird eine weitere jährliche Entlastung von rund 3,3 Millionen Euro prognostiziert“, rechnet der Kämmerer vor.
Krankenhausversorgung sichern
„Eine hohe finanzielle Belastung für unsere Finanzen bleibt das Kreiskrankenhaus in Alsfeld, das aber – ich will das ausdrücklich betonen – unverzichtbar für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung im nordwestlichen Teil unseres weiträumigen Landkreises ist“, stellte Mischak fest. Als Alleingesellschafter gleiche der Kreis seit Jahren die im Betrieb entstandenen Fehlbeträge aus. Zudem sei er maßgeblich an der Finanzierung des beschlossenen Neubaus beteiligt. Die entsprechenden Ansätze im Investitionsprogramm beruhten weiterhin auf der Grobkostenkalkulation von 2022 mit prognostiziert Gesamtkosten in Höhe von 83,6 Millionen Euro. Hier erhoffe man sich eine zusätzliche Beteiligung des Landes in Form eines Zuschusses in Höhe von 20 Millionen Euro aus dem Landessonderinvestitionsprogramm 2023-2024.
Personalaufwand
Drittes Schwerpunktthema in Mischaks Haushaltsrede: Personal. Insgesamt würden die Personalaufwendungen voraussichtlich 57,7 Millionen betragen und hätten sich damit im Vergleich zum Vorjahr um rund 7 Millionen erhöht. „Das ist zunächst einmal eine erkennbar hohe Zahl, die aber mit mehr als der Hälfte, genauer rund 5,2 Millionen, auf die Tarif- bzw. Besoldungserhöhungen zurückzuführen ist“, kommentiert Dr. Mischak. Die Tariferhöhung im Angestelltenbereich habe durchschnittlich etwa 10,54 Prozent betragen. Selbstverständlich erhöhe sich durch den Abschluss die Attraktivität des öffentlichen Dienstes und insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Inflation im letzten Jahren sei die Erhöhung auch für jeden Einzelnen ein positives Signal, der Mehraufwand sei aber für den Vogelsbergkreis beachtlich und erkläre einen Großteil des Anstiegs.
Rund 1,3 Millionen Euro seien auf neue Stellen zurückzuführen - insbesondere im Bereich der Pflichtaufgaben. Beispielhaft erwähnt Mischak Stellen in der Ausländerbehörde, dem Jobcenter oder auch der Wohngeldstelle.
„Die in diesem Entwurf enthaltenen Stellen sind bereits im Rahmen des verwaltungsinternen Aufstellungsverfahrens auf das absolute Minimumreduziert worden.“ Die Stellenanforderungen aus den Fachämtern seien weitaus höher gewesen, sodass man bereits priorisiert habe. „Diese Priorisierung wird in manchen Bereichen zu schmerzhaften Einschnitten führen und es kann dazu kommen, dass Bürgerinnen und Bürger diese Einschnitte beispielsweise durch längere Bearbeitungszeiten spüren werden“, so der Kämmerer.
Die größte Einnahmequelle
Grundsätzlich stellt der Kommunale Finanzausgleich für die Landkreise „die größte Einnahmequelle“ dar. Zum einen erhalten die Kreise Schlüsselzuweisungen vom Land und zum anderen erheben sie zur Finanzierung der Aufgaben die Kreis- und Schulumlage von den Kommunen. Nicht nur die Umlagegrundlagen für die Kreis- und Schulumlage hätten sich im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert, hinzu komme eine um 2,2 Millionen auf insgesamt 23,8 Millionen gestiegene Umlage an den Landeswohlfahrtsverband. Diese Verluste seien ohne eine Hebesatzerhöhung nicht zu kompensieren. Dr. Mischak: „Für den Ausgleich des Ergebnishaushalts wäre eine Erhöhung um 3,92 Prozent notwendig gewesen. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Finanzierung des Neubaus des Kreiskrankenhauses Alsfeld und mit Rücksicht auf den Erhalt der finanziellen Leistungsfähigkeit der Städte und Gemeinden des Vogelsbergkreises haben wir uns dazu entschieden, die Kreisumlage nur um 1 Prozentpunkt auf 37,49 v.H. zu erhöhen und müssen darauf vertrauen, das entstehende Defizit durch zukünftige Haushaltsüberschüsse auszugleichen. Der Preis dafür ist die Pflicht, ein Haushaltssicherungskonzept zu beschließen und umzusetzen.“
Die Investitionen 2024
Das aktuell umfangreichste Projekt ist laut Mischak die Sanierung der Oberwaldschule Grebenhain. Nach dem Abschluss des 1. Bauabschnitts werde mit den Mitteln des Haushaltsplans 2024 der zweite Bauabschnitt begonnen. Die ursprünglich noch vorgesehenen Bauabschnitte 3 und 4 müssten vor dem Hintergrund der Baupreissteigerungen und der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vogelsbergkreises neu bewerten werdet. „Im Jahre 2018 gingen wir davon aus, dass die Gesamtsanierung rund 15,8 Millionen Euro kosten wird. Inzwischen sieht die Kostenprognose Gesamtkosten in Höhe von 26,3 Millionen Euro vor und dies ist nicht nur in der derzeitigen Situation nicht darstellbar. Wir werden daher mit allen Beteiligten Gespräche führen und eine akzeptable und finanzierbare Alternative finden müssen“, kündigt der Erste Kreisbeigeordnete an.
Für 4,5 Millionen sollen an den Grundschulstandorten Lauterbach, Schotten und Schwalmtal weitere Betreuungsplätze geschaffen werden. Das im Sommer gekaufte Gebäude an der Lauterbacher Eichbergschule müsse baulich noch an die Bedürfnisse der Ganztagsbetreuung angepasst werden. Daneben werde das Förderprogramm Digitalpakt mit weiteren Investitionen in die digitale Ausstattung der Schulen abgearbeitet, zudem würden Eigenmittel in Höhe von 365.000 Euro in den laufenden Austausch von PC-Arbeitsplätzen investiert.
„Besonders erfreulich ist aus meiner Sicht, dass es uns gelungen ist ab dem Schuljahr 2024/2025 die Wiedereinrichtung des Fachbereichs Sanitär/Heizung/Klima an der Max-Eyth-Schule erreicht zu haben. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Wärmewende ist gerade der Heizungsbereich eine der Zukunftsbranchen und umso mehr freut es mich, dass wir die Fachkräfte von morgen hier bei uns im Vogelsbergkreis ausbilden können“, unterstreicht der Erste Kreisbeigeordnete.
Er verweist zudem auf die geplante Installation von Photovoltaikanlagen (500.000 Euro) und den Ausbau der Digitalen Infrastruktur der Kreisverwaltung (1,3 Millionen). Auch in das Kreisstraßennetz investiere der Kreis mit dem Ausbau der Ortsdurchfahrt Groß-Felda.
Schuldenbremse
Noch einmal schlägt Mischak den Bogen zu „Berliner Polit-Begriffen“, erklärt, dass er eine weitere Nettoneuverschuldung vermeiden will: „Der Begriff der Schuldenbremse polarisiert, dass weiß ich. Dennoch sehe ich keinen anderen Weg, weil wir die finanzielle Leistungsfähigkeit des Vogelsbergkreises realistisch beurteilen müssen. Außerdem ist die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kreises aufgrund der Finanzierung über die Kreisumlage eng mit der finanziellen Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Kommunen verknüpft. Wir haben somit auch ihnen gegenüber die Verantwortung, unsere Schulden in einem angemessenen Rahmen zu halten. Zumal der Schuldendienst aus der Krankenhausfinanzierung ohnehin zukünftig weiteren Druck auf die Kreisumlage ausüben wird.“ Man sei daher nicht nur gesetzlich gezwungen, sondern auch gut beraten, die finanzielle Leistungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden bei jeder Entscheidung, die Geld kostet, mit zu bedenken. „Uns bleibt keine andere Wahl als uns konsequent am unbedingt Notwendigen zu orientieren und neue Maßnahmen erst zu beginnen, wenn angefangene Projekte beendet sind.“