Zum Hintergrund: Anfang des Jahres war die Geflügelpest erstmals in einer privaten Vogelhaltung in Hessen ausgebrochen. Innerhalb weniger Tage zeigten 16 Pfauen des Freiensteinauer Tierhalters massive Krankheitserscheinungen und verendeten. Das Veterinäramt des Vogelsbergkreises wurde informiert, zwei der verendeten Pfauen wurden untersucht, durch das Landeslabor und das Friedrich-Loeffler-Institut wurde HPAIV H5N8 nachgewiesen. Der letzte überlebende Pfau verendete in der vergangenen Woche, er wurde ebenfalls im Landeslabor untersucht, das positive Ergebnis ging am Montag ein und bestätigte ein fortwährendes Seuchengeschehen im Bestand.
Das weitere Vorgehen in einem solchen Fall ist in der Geflügelpestverordnung klar geregelt: Oberstes Ziel ist, den Infektionsherd schnellstmöglich zu beseitigen und einer weiteren Verbreitung der Seuche Einhalt zu gebieten. Die Geflügelpestverordnung schreibt daher die Tötung aller Tiere im Bestand vor, da das infektiöse Virus durch verbliebene Tiere freigesetzt und an Wildvögel oder benachbarte Geflügelbestände übertragen werden kann. In Freiensteinau beispielsweise hatte das Wassergeflügel Zugang zu einem öffentlichen Gewässer – genau wie Wildvögel. Zudem führt das Friedrich-Loeffler-Institut in seiner „Risikoeinschätzung zum Auftreten von HPAIV in Deutschland“ aus, dass HPAIV H5/N8 nicht nur bei toten, sondern auch bei klinisch gesund beprobten Enten und Gänsen bzw. in Kotproben dieser Vögel nachgewiesen werden konnte. Die Maßnahmen der Geflügelpestverordnung gelten auch für artengeschützte Tiere.
Eine Ausnahmegenehmigung – wie für Einrichtungen, die Vögel zur Arterhaltung oder zur Erhaltung seltener Rassen halten, möglich - hätte spätestens drei Monate nach der Inbetriebnahme der Einrichtung bei der zuständigen Behörde, in diesem Fall dem Regierungspräsidium Gießen, beantragt werden müssen. Dabei hätten die „konzeptionellen und hygienischen Voraussetzungen“ zur Separierung von Tieren dargestellt werden müssen. Ein solches Konzept wurde dem Regierungspräsidium Gießen nicht vorgelegt. „Im Ergebnis fehlen somit die baulichen und auch die infrastrukturellen Voraussetzungen, um eine Ausbreitung von Seuchenerregern auf andere Tiere zu verhindern“, stellt der Vogelsbergkreis in seiner Mitteilung fest.
Auch Ausnahmen von der gesetzlich vorgeschriebenen Tötung durch Freitestung (negative Untersuchung auf HPAI) von Einzeltieren sind nach Geflügelpestverordnung danach nicht möglich.
Bestätigt wurde dies auch vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel, der am Montag über die Beschwerde des Tierhalters entschied. Eine Ausnahmegenehmigung könne „aufgrund des vom Antragssteller vorgelegten Biosicherheitskonzepts zu seinen Gunsten nicht getroffen werden“, erklärt der VGH am Dienstag in einer Pressemitteilung. „Vielmehr zeige die gutachterliche Analyse mehrere Gefährdungsfaktoren auf, die im Betrieb des Antragsstellers nach wie vor vorhanden seien. Dazu gehörten beispielsweise die gleichzeitige Haltung von Enten, Gänsen und sonstigem Geflügel sowie Schweinen oder auch die Tatsache, dass bislang offen sei, ob die die Tiere betreuenden Personen über die erforderlichen Kenntnisse der Biosicherheit verfügten“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts wörtlich.
Zudem hat das Gericht festgestellt, dass die unterschiedlichen Unterbringungsorte der Vögel in Freiensteinau „im Hinblick auf die weitere Ausbreitung der Vogelgrippe nicht ausreichend räumlich getrennt“ seien. Das Vogelgrippevirus könne etwa durch einfachen Luftzug oder durch das zur Pflege der Tiere vorgesehene Personal, das zwischen den einzelnen Haltungsorten hin- und herlaufe oder sogar durch die Käfige hindurchgehe, übertragen werden.
Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ist nicht anfechtbar. Somit sind die rechtlichen Möglichkeiten des Tierhalters erschöpft.