Karl-Heinz Hansel führt den Dachdecker- und Schindlerbetrieb bereits in der vierten Generation, gegründet worden war die Firma 1895. Christian Hansel war es, der sich damals mit einem einen Schindlerbetrieb selbstständig machte. Ein Handwerk, das bis Ende der 50er Jahre gefragt war im Vogelsbergkreis. Viele Fassaden wurden damals mit Holzschindeln verkleidet. „Dann kamen die Eternitplatten auf…“, erinnerte sich Hansel. Viele Hausfassaden in der Region wurden in den Folgejahren mit solchen Platten verkleidet, auch auf Dächern wurden sie verlegt. „Ganz oft wurde das bei Aussiedlerhöfen gemacht“, erzählte Hansel seinem Besuch aus dem Landratsamt. „Das Schindeln war in den 60er und 70er Jahren total eingebrochen“, so der Handwerksmeister. Die Wende kam mit den ersten Dorferneuerungsprogrammen. „In den 80er Jahren erlebten wir sogar einen regelrechten Boom, Holzschindeln waren plötzlich wieder im Kommen“, erinnerte sich Hansel und schmunzelte: „Erst wurde verschandelt und jetzt wird wieder verschindelt.“
Aber: Firmen, die diese alte Handwerkskunst noch beherrschen, sind mittlerweile rar geworden. „Es gibt nur noch drei bis vier Betriebe im Vogelsbergkreis, die noch schindeln“, berichtete Hansel und blickte noch einmal zurück. „Früher haben die Leute in den Wintermonaten die Holzschindeln selbst hergestellt. Von November bis Ende März war doch hier Winter!“ Da saßen die Leute in der warmen Stube zusammen und bearbeiteten Buchenholz. Damals hatte jeder seine eigenen Schindeln. Sobald es wärmer wurde im Frühjahr, zogen dann die Handwerker durch die Dörfer und nagelten die Holzschindeln an. Auch Hansels Großvater und selbst sein Vater waren noch „auf Montage im Vogelsberg“ und besserten in den Dörfern die Hausfassaden aus.
Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute kauft der Chef die Schindeln bei einem großen Anbieter. Mittlerweile macht das Schindeln wieder 30 Prozent vom Umsatz aus. „Es gibt wieder Arbeit“, so die gute Nachricht. „Das Dorferneuerungsprogramm ist für uns sehr gut.“ Übrigens: Auch die Auszubildenden erlernen das alte Handwerk – allerdings nicht in der Berufsschule. „Das Schindeln wird hier im Betrieb gemacht“, so Hansel. In der Schule werden die angehenden Dachdeckergesellen in dem Bereich nicht mehr geschult. Einen Auszubildenden hat der Betrieb gerade übernommen, auch im nächsten Jahr soll wieder ein Azubi eingestellt werden.
Neben dem Schindeln gehören natürlich die klassischen Dachdeckerarbeiten zum Spektrum des Engelröder Betriebes. Eingedeckt werden Dächer in verschiedenen Materialien, in Betondachstein oder Tondachziegel, mit Schiefer, mit Stehfalzblech oder mit Metall. Zudem werden Flachdächer abgedichtet, Dachrinnen installiert, Dachfenster eingebaut oder Balkone abgedichtet Die Mitarbeiter haben gut zu tun, so der Chef. Die Auftragsbücher für dieses Jahr sind voll, teilweise werden schon Aufträge für 2018 angenommen. Bis ins Rhein-Main-Gebiet fahren die Arbeiter, „30 Prozent unserer Aufträge liegen außerhalb“, schilderte Hansel und verwies auf Projekte beispielsweise in Frankfurt und Bad Vilbel.
„Dass die Zuverlässigkeit hiesiger Handwerker im Rhein-Main-Gebiet sehr geschätzt wird“, darauf verwies Vizelandrat Dr. Jens Mischak. Erfreut zeigte er sich, dass der Betrieb Hansel noch genügend Fachkräfte hat. Erst kürzlich konnten zwei neue Kollegen eingestellt werden. Und mit Steffen Hansel steht auch schon die fünfte Generation in den Startlöchern, die den Familienbetrieb einmal übernehmen kann.