Während Dunham ab Anfang der 1990er Jahre eine Hut tragende Figur mit Phallus-Nase in sein Werk einführt, die Jahre später von weiblichen „Badenden“ mit zum Teil grotesk überzeichneten Geschlechtsorganen verdrängt werden, proklamiert Oehlen seine „post-ungegenständliche“ Malerei und arbeitet als einer der ersten Künstler mit digitalen Techniken.
Beiden ist gemein, dass sie innerhalb selbst gesteckter Parameter immer wieder die Möglichkeiten der Malerei testen, dass sie unermüdlich Zeichen setzen und Spuren verwischen und dabei in ungemein eigenständiger Weise mit Techniken, Oberflächen und Strukturen experimentieren.
Nirgends wird dies deutlicher als bei dem gemeinsamen Sujet der Bäume, das beide Künstler mehrfach in ihrem Werk aufgenommen und für sich ausformuliert haben. Während Bäume bei Albert Oehlen blattlos kahl, mitsamt Wurzeln den Bildraum dominieren und zum figurativen Anstoß abstrakter Bilder werden, ist der Baum bei Carroll Dunham mal blühend, mal vom Wind gepeitscht, dann wieder frisch gefällt und tot zu sehen.
In der Zusammenführung von Dunham und Oehlen, die im jeweiligen Kollegen den „wahrscheinlich besten Baum-Maler der Welt“ sehen, lassen sich ausgehend vom Sujet des Baumes unzählige philosophische, theologische, soziologische, ökologische und natürlich kunsthistorische Betrachtungen ableiten. Vom biblischen Baum der Erkenntnis und damit dem Ort des ersten Sündenfalls bis zum Lieblingsmotiv der Romantiker, von der radikal-modernistischen Fragmentierung durch Piet Mondrian bis zur Pflanzung der 7.000 Eichen durch Joseph Beuys – der Baum ist immer wieder ein zentrales Motiv unserer Religions-, Geistes- und Kulturgeschichte.
Wenn Carroll Dunham und Albert Oehlen den Baum ein ums andere Mal zu ihrem zentralen Motiv erklären, sind ihnen all diese kultur- und kunsthistorischen Bezüge natürlich bewusst. Und doch wird der Baum für sie zum Anlass purer Malerei, zum Ort des unermüdlichen Experiments, zu einem Testfall für die immer noch nicht erschöpften Potentiale eines uralten analogen Mediums. Letztlich geht es um die Frage nach der Abstraktion von Welt und für Dunham und Oehlen damit um nichts weniger als den visuellen Sinn des Lebens in der Kunst.
Die Ausstellung ist eine Produktion der Kunsthalle Düsseldorf und wird kuratiert von Gregor Jansen und Cornelius Tittel in enger Kooperation mit den Künstlern. „Carroll Dunham / Albert Oehlen: Bäume / Trees“ bringt großformatige Gemälde aus drei Jahrzehnten zusammen und präsentiert zudem neu entstandene Werke. Ergänzt werden diese von Zeichnungen, Radierungen und Monotypien beider Maler, in denen sie das Motiv des Baumes in ihren radikal eigenständigen Bildsprachen durchdeklinieren.
Zur Ausstellung erscheint ein reich bebildertes Katalogbuch mit Texten zum Werk beider Künstler im Verlag der Buchhandlung Walther König, Köln.
Eine weitere Station der Ausstellung ist das Sprengel Museum Hannover, Juni – August 2020.
Idee: Cornelius Tittel
Kuratiert von Gregor Jansen und Cornelius Tittel