"Damit wollen wir anderen Mut machen und der Öffentlichkeit zeigen, wie sehr auch Menschen mit Demenz beziehungsweise von dieser Krankheit betroffene Paare Lebensfreude empfinden und ausstrahlen können", sagte Christine Sowinski auf der dem Tanztreff vorausgegangenen Pressekonferenz. "Im Verlauf einer Demenz wird das Zusammenleben mit der erkrankten Person immer schwieriger und viele pflegende Angehörigen fühlen sich überfordert und isoliert", so die KDA-Pflegefachfrau und Diplom-Psychologin weiter. "Belastung prägt oft ihren Alltag und die schönen und leichten Seiten des Lebens geraten leider zunehmend in den Hintergrund."
Hier gilt es Ausgleiche zu schaffen und das Leben lebenswert trotz und mit Demenz zu gestalten, betonten die Demenz-Experten. "Unsere heutige Tanz-Aktion, die gleichzeitig auch den Auftakt zu einer Kampagne für mehr Lebensqualität für Menschen mit Demenz und deren Angehörige bilden soll, ist ein Beitrag dazu", erklärte Stefan Kleinstück vom Demenz-Servicezentrum für die Region Köln und das südliche Rheinland. "Denn Tanzen heißt Freude an Musik und Bewegung. Genau das empfinden auch Menschen mit Demenz." Besonders Menschen mit Demenz müsse man emotional ansprechen, empfiehlt Diplom-Sozialarbeiter Kleinstück weiter. Genau das werde mit alten beliebten Tanzmelodien, die tief im Altgedächtnis abgespeichert sind, möglich. "Die Musik spricht Gefühle an, weckt Erinnerungen und Rhythmusgefühl und man beginnt unwillkürlich, sich dazu zu bewegen."
Genau auf diesen Effekt hofften die Veranstalter, die bereits über die gute Resonanz ihres Aufrufs sehr erfreut waren: "Ich hatte viele telefonische Nachfragen und Interessensbekundungen dazu", berichtete Stefan Kleinstück.
Die Idee, Menschen mit Demenz und deren Angehörige zum Tanzen zu bewegen, ist nicht neu. Allerdings finden die meisten Tanzveranstaltungen im Rahmen von Veranstaltungen in Senioreneinrichtungen und treffpunkten oder Kirchen-Gemeindesälen statt, wie beispielsweise das "Tanzcafé" der Alzheimer Gesellschaft Berlin.
"Unser Ansatz ist es aber, an ‚Normalität' anzuknüpfen. Und für viele der älteren Paare war es eben früher normal, auszugehen und auch Tanzkurse zu besuchen", erklärte die Psychologin Christine Sowinski.
"Mit dem Besuch einer Tanzschule werden Erinnerungen an die Jugend und andere heitere Zeiten wach, vielleicht sogar an die erste Liebe", bestätigte auch Tanzlehrer Hans-Georg Stallnig von der Tanzschule Stallnig-Nierhaus. "Tanzen kann unglaublich viele Fähigkeiten trainieren, verbessert das Körperbewusstsein und die Mobilität und ist daher in jeder Hinsicht gesundheitsfördernd."
Die Wissenschaft habe inzwischen festgestellt, dass Bewegung sogar helfe, den Beginn und Verlauf einer Demenz herauszuzögern und den Allgemeinzustand der Betroffenen zu verbessern, erklärten Sowinski und Kleinstück, deren Institutionen beide in der Landesinitiative Demenz-Service NRW zusammenarbeiten. Die Landesinitiative ist eine gemeinsame Plattform, in deren Zentrum die Verbesserung der häuslichen Versorgung demenziell Erkrankter und die Unterstützung der sie pflegenden Angehörigen steht. Sie wird von den Pflegekassen Nordrhein-Westfalen, von der Stiftung Wohlfahrtspflege sowie vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen finanziell unterstützt. Das Ministerium hat die Bedeutung der Bewegungsförderung im Alter erkannt und fördert beispielsweise auch das Projekt "Bewegungsangebote für Hochaltrige - fit für 100" . Unter den teilnehmenden Älteren sind auch viele Demenzkranke.
In Nordrhein-Westfalen leben derzeit mehr als 300.000 demenziell erkrankte Personen, bundesweit sind es 1,1 Millionen.
Informationen zur Landesinitiative Demenz-Service NRW finden Sie auf der Internetseite: www.demenz-service-nrw.de