Mit Unverständnis reagiert der hessische Ärztekammerpräsident auf Berichte, wonach bei einer Ende Januar vom Flughafen Frankfurt aus gestarteten Sammelabschiebung nach Afghanistan einer der Ausreisepflichtigen von den dortigen Behörden aufgrund seines psychischen Zustandes zurückgewiesen worden sein soll. "Die Frage, wie es bei einem von Ärzten begleiteten Flug möglich war, dass ein psychisch kranker Flüchtling abgeschoben werden sollte, ist bisher unbeantwortet geblieben", kritisiert der Menschenrechtsbeauftragte der Landesärztekammer Hessen, Dr. med. Ernst Girth.
Abschiebungen stellen eine große Belastung für die Betroffenen dar, körperlich oder seelisch Kranke leiden besonders darunter. Schon 1996 erklärte der Deutsche Ärztetag, dass die Abschiebung nicht zum erneuten Trauma werden dürfe. Drei Jahre später, 1999, bekräftigte das Ärzteparlament, dass Abschiebehilfe durch Ärzte in Form von Flugbegleitung, zwangsweiser Verabreichung von Psychopharmaka oder Ausstellung einer "Reisefähigkeitsbescheinigung" unter Missachtung fachärztlich festgestellter Abschiebehindernisse wie zum Beispiel in Behandlung stehenden Traumatisierungen mit in der ärztlichen Berufsordnung verankerten ethischen Grundätzen nicht vereinbar seien.
"Die Politik muss respektieren, dass Ärzte ihren Beruf nach ihrem Gewissen, den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit ausüben", unterstreicht von Knoblauch zu Hatzbach. "Das heißt, dass Ärzte ihre Patienten unabhängig von Status, ethnischer und politischer Zugehörigkeit, Geschlecht und Konfession behandeln." Diese ärztliche Verpflichtung gelte jedoch nicht nur gegenüber Patienten, sondern auch für alle Ärzte, egal ob angestellt, beamtet oder niedergelassen, macht von Knoblauch zu Hatzbach unter Hinweis auf den Wortlaut der Ärztlichen Berufsordnung deutlich: "Ärztinnen und Ärzte dürfen keine Grundsätze anerkennen und keine Vorschriften oder Anweisungen beachten, die mit ihren Aufgaben nicht vereinbar sind oder deren Befolgung sie nicht verantworten können."