Im Fokus stand der deutsch-italienische Austausch. Dr. Vincenzo Mancuso, Frankfurt, erinnerte an die enge Zusammenarbeit Deutschlands und Italiens während der Pandemie. So wurden an dem Virus erkrankte italienische Patientinnen und Patienten in Pflegeintensiveinrichtungen in Deutschland behandelt. Als in Bayern eine Intensivstation kollabierte, verlegte man Patienten wiederum nach Italien.
Der Präsident der Landesärztekammer Hessen Dr. Edgar Pinkowski betonte in seinem Grußwort, wie wichtig solche Partnerschaften und das persönliche Beisammensein seien. Das habe sich in Pandemiezeiten gezeigt. „Internationale Forschergruppen haben sich quasi in Echtzeit ausgetauscht, um Medikamente und Behandlungskonzepte gegen das Virus zu entwickeln.“ Aus dieser menschlichen Krise seien demnach auch Kräfte und Ideen erwachsen. „In einer bis dahin unvorstellbaren Geschwindigkeit wurden Impfstoffe entwickelt, die unzählige Menschenleben gerettet haben“, so Pinkowski. Das Symposium wolle man nutzen, die in Hessen und Kampanien gesammelten Erfahrungen auszutauschen und zu diskutieren.
Positiv sei auch die hohe Impfquote in der Ärzteschaft und unter Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen zu bewerten. Es habe die Befürchtung gegeben, dass viele der Beschäftigten eher kündigen würden, als sich mit Eintreten der Impfpflicht impfen zu lassen. Diese Sorge stellte sich glücklicherweise als unbegründet heraus. Pinkowski: „Das spricht für ein hohes Verantwortungsbewusstsein.“
Auch Dott. Saggese Tozzi, Salerno, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit Impfraten. Trotz der Komplexität der territorialen Begebenheiten sind in der Provinz Salerno fast 90% der Bevölkerung gegen Covid-19 geimpft. Erzielt wurde dies mit der Einrichtung von über 190 Impfstellen – einerseits in Krankenhäusern in den Gesundheitsdistrikten, anderseits in territorialen Zweigstellen. Räumlichkeiten und zusätzliches Personal wurden von den Gemeinden zur Verfügung gestellt.
In Italien wurde das Krankenhaus von Cotugno zum Vorposten für den Kampf gegen das Virus erklärt, berichtete Dott. Rodolfo Punzi, Neapel. Seit jeher regionaler Bezugspunkt für Infektionskrankheiten, war das Krankenhaus in der Lage, der Welle von Krankenhauseinweisungen und dem enormen Zulauf in der Notaufnahme standzuhalten. Gelingen konnte das durch infektiologische Vorsicht, einen von Beginn an ausreichenden Vorrat an Masken und Schutzkleidung und einen kontinuierlich aktualisierten Pandemieplan.
Die Pandemie habe unsere Welt verändert, so Prof. Dott. Volkmar Jacobi. Mit seinem Vortrag trug der Radiologe zu einem besseren Verständnis der Krankheit bei. Coronaviren seien per se nichts Neues. Vielmehr seien sie unter Säugern und Vögeln weit verbreitet. Wie die Influenza besäßen sie die Fähigkeit zur Rekombination und zum Speziensprung. Verdeutlicht wurden die Auswirkungen einer Infektion auf den Körper mit Röntgen- und MRT-Aufnahmen.
Über die Auswirkungen von Covid-19 auf das Herz, referierte Dott. Giovanni D’Angelo. Bei Probanden, die von Covid-19 betroffen waren, sei ein Anstieg aller kardiovaskulären Erkrankungen um 20-25 % festgestellt worden. Insgesamt habe sich das Risiko von Herzerkrankungen erhöht. Grund hierfür seien nicht zuletzt die Rahmenbedingungen der Pandemie gewesen – die kardiovaskuläre Versorgung für präventive als auch für akute Interventionen sei stark reduziert worden. Da sich Patienten und Patientinnen teilweise erst in fortgeschrittenen Stadien einer Herz-Kreislauf-Erkrankung vorgestellt hätten, habe dies zu prognostischen Verschlechterungen geführt. Der Vortrag des Präsidenten der Ärztekammer von Salerno befasste sich zusätzlich mit möglichen Zusammenhängen zwischen der Impfung gegen SARS-CoV-2 und Herzmuskelentzündungen.
Auch die endoskopische Tätigkeit sei durch die Pandemie erheblich eingeschränkt gewesen, so Dott. Attilio Maurano, Salerno. Grund hierfür sei das hohe Infektionsrisiko durch mögliche orofäkale Übertragungen. Hinweise auf eine gastrointestinale Beteiligung von SARS-CoV-2 habe es schon früh gegeben. Kurz darauf habe auch in wissenschaftliche Studien das Vorhandensein viraler RNA und Nukleokapsid auf Magen-, Zwölffingerdarm- und Rektumschleimhaut durch endoskopische Biopsien nachgewiesen werden können.
Mit dem Post-Covid-Syndrom beschäftigten sich gleich drei Vorträge. Nach dem Ausbruch der Sars-Cov-2-Pandemie, die Italien buchstäblich überwältigt habe, stehe man mit der Behandlung von Long Covid vor einer neuen großen Herausforderung, so Dott. Natalino Barbato, Salerno. Gekennzeichnet sei Long Covid durch das gleichzeitige Vorhandensein verschiedener Erkrankungen und Ursachen.
Das öffentliche und publizistische Interesse an dem Post-Covid-Syndrom sei groß, so Dr. Christoph Berwanger, Bad Zwesten. Trotz erheblicher Forschungsaktivitäten, gebe es jedoch
noch kein allgemein akzeptiertes Krankheitskonzept. Zu den allgemeinen Symptomen zählten Erschöpfung, Kurzatmigkeit und kognitive Fehlleistungen. Berwanger ging auf die Neurorehabilitation ein und stellt das Vorgehen am Neurologischen Zentrum Bad Zwesten vor. Eine Behandlung solle aufgrund fehlender Aussagen zum Langzeitverlauf des Syndroms, pragmatisch und symptomorientiert sein.
Torsten Eyfferth, Oberarzt an der BG Unfallklinik Frankfurt, stellte wiederum das Angebot der BG Kliniken vor. Hierzu zählen eine Post-COVID-Beratung, -Sprechstunde und –Check. Mit einem entwickelten Ampelsystem könne man Patienten und Patientinnen nach Symptomschwere einordnen. Auf dieser Einordnung basiere das weitere Vorgehen. Individuell unterschiedlich, könne die Rehabilitation beispielweise Ergotherapie, Schlaflabor und Ernährungsberatung beinhalten.
Neben seinem Vortrag über die Rolle und Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in der Pandemie, übte Prof. Dr. Dr. René Gottschalk, ehemaliger Leiter des Frankfurter Gesundheitsamtes, Kritik an der öffentlichen Diskussion und Bekämpfung. Im Zuge der Pandemie sei die STIKO von der Politik diskreditiert und die wissenschaftliche Evidenz zunehmend in den Hintergrund gedrängt worden. Dazu zählt der Umstand, dass schlichte Melderaten mit Inzidenzen und Letalität mit Mortalität gleichgesetzt worden wären. Gottschalk stellt außerdem die Sinnhaftigkeit einiger Schutzmaßnahmen in Frage. Bis heute, schloss der Leiter des Kompetenzzentrums für hochpathogene Infektionserreger, gäbe es für viele angeordnete Maßnahmen keine Evidenz.
Am Ende des Tages fasst Dott. Giovanni D’Angelo zusammen, dass Schritte auf Ebene der europäischen Gemeinschaft zwar unternommen wurden, die Solidarität jedoch weiter aufgebaut und verstärkt werden müsse. Wichtig sei eine gemeinsame europäische Identität. Das gemeinsame Fortbildungssymposium habe hierbei eine wichtige Rolle gespielt.
Neben dem fachlichen Austausch, stand der Besuch der italienischen Delegierten zugleich im Zeichen der deutsch-italienischen Freundschaft. Eine Rheinfahrt, der Besuch einer Matinée in der Deutsch-Italienischen Vereinigung in Frankfurt und zahlreiche Gespräche rundeten den viertägigen Besuch der Ärztinnen und Ärzte aus Italien ab und hinterließen ein Gefühl der Verbundenheit.