- Der Euro-Dollar-Kurs konnte ungeachtet der Griechenland-Problematik etwas zulegen. Auch eine eher zögerliche US-Zinswende wird den Greenback vermutlich kaum noch stützen, denn Bewertungsindikatoren mahnen zur Vorsicht. Der Euro-Dollar-Kurs dürfte sich weiter erholen.
- Eine steigende Teuerung wird im zweiten Halbjahr Renten belasten. Hinzu kommt die anstehende Zinswende der Fed. Deren Signalwirkung sollte besser nicht unterschätzt werden, zumal QE seinen Nimbus weitgehend eingebüßt hat. Derzeit überdeckt die Grexit-Angst die fundamentalen Kursrisiken von Bundesanleihen.
- Obwohl Euro-Aktien im Zuge der jüngsten Korrektur einen Teil der Kursübertreibung schon abgebaut haben, ist das Chance-Risiko-Verhältnis noch nicht hinreichend attraktiv, um schon wieder offensiver zu werden.
Devisen: Euro auf Erholungskurs
Der Euro-Dollar-Kurs schleicht sich nach oben und stieg bis auf 1,14. Die Zuspitzung um Griechenland prallt am Euro weitgehend ab. Die US-Notenbank strebt zwar nicht vorschnell, aber doch allmählich eine Zinswende an, so dass die Rendite zweijähriger Treasuries etwas kletterte. Aber auch der leicht gestiegene Zinsvorteil des US-Dollar belastete den Euro kaum.
In den ersten Monaten des Jahres sah das Bild noch anders aus. Viele US-Konjunkturdaten enttäuschten - das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im ersten Quartal sogar -, der Greenback legte dennoch kräftig zu. Mittlerweile hellen sich die US-Indikatoren auf. Der Beschäftigungsaufbau beschleunigte sich, die Einzelhandelsumsätze überwanden eine Delle. Zum Teil spiegeln die zuletzt positiveren Daten die Gegenbewegung auf Sonderfaktoren wie Witterungsbedingungen oder Streiks wider. Sollte sich aber der Aufwärtstrend fortsetzen, wovon wir ausgehen, dürfte die Federal Reserve im dritten Quartal erstmals seit 2006 wieder ihren Leitzins anheben. Allerdings hat die US-Notenbank auch in ihren jüngsten Aussagen untermauert, dass dieser Erhöhungszyklus sehr graduell vonstattengeht.
Die Konjunktur in der Eurozone verbessert sich eher allmählich, eine markante Beschleunigung zeichnet sich nicht ab. Das Inflationstal scheint durchschritten. Auch die teilweise heftigen Kursschwankungen bei zehnjährigen Staatsanleihen sind aus Sicht der EZB kein Grund von ihrem bisherigen Pfad abzuweichen. Eine den Euro belastende Ausweitung des Kaufprogramms steht damit nicht auf der Agenda. Die Renditedifferenz zehnjähriger US-Treasuries zu Bundesanleihen ging in den letzten Wochen sogar spürbar zurück. Zwar mag sich der Unterschied bei den am Devisenmarkt häufig relevanteren zweijährigen Zinsdifferenzen im Zuge einer Fed-Zinswende noch leicht ausweiten. Im historischen Vergleich bleibt der US-Renditevorteil jedoch mager, so dass der US-Dollar davon kaum profitieren sollte. Auch andere Faktoren wie Kaufkraftparitäten deuten auf eine Überbewertung der US-Währung. Die aktuelle Stabilität des Euro erklärt sich mit der vorangegangenen Schwäche: Denn mit dem Sturz bis 1,05 im März hat der Euro-Dollar-Kurs auf Basis vieler Indikatoren deutlich übertrieben. Daher helfen weder das Griechenland-Drama noch die Fed-Politik der US-Währung. Die spekulativ orientierten Investoren sehen das offenbar ähnlich und lösen allmählich ihre Wetten gegen den Euro auf. Der Euro-Dollar-Kurs dürfte davon weiter profitieren und in den kommenden Monaten auf 1,20 ansteigen.
Das Britische Pfund hält sich relativ robust gegenüber dem Euro. Weniger starke Wachstumsdaten, sondern höhere Lohnzuwächse lassen die Zinserwartungen in Großbritannien zunehmen. Jedoch sind die Spekulationen dafür wohl noch verfrüht, das Pfund dürfte eher einen Rücksetzer erleiden. Der Japanische Yen ist mittlerweile so günstig bewertet, dass selbst die Bank of Japan kaum noch mit einer Schwäche rechnet. Eine Yen-Erholung sollte daher nicht überraschen. Der Euro-Franken-Kurs erhöhte sich nur marginal, ein merklicher Kursanstieg erscheint jedoch möglich.
Renten: Inflationsanstieg wird zum Problem
Das Renditeniveau in Deutschland hat sich seit Ende April deutlich erhöht. Zeitweise wurden Renditen von einem Prozent bei 10-jährigen Bundesanleihen verzeichnet. Entscheidend hierfür war vor allem die veränderte Haltung der EZB zum Rentenmarkt. Wurde lange Zeit bei Investoren der Eindruck erweckt, dass die Geldpolitik nicht nur Einfluss auf kurze, sondern vor allem auch auf lange Laufzeiten nimmt - erst durch Forward Guidance, dann durch das Ankaufprogramm - so vermittelte Mario Draghi in der letzten Pressekonferenz ein ganz anderes Bild: Draghi antwortete auf die Frage, ob er in dieser kritischen Situation Einfluss auf die Zinskurve nehmen will, mit einem klaren Nein. EZB-Direktor Yves Mersch legte zuletzt mit der Bemerkung nach, nicht zuständig dafür zu sein, wenn sich die Märkte verrannt hätten. Die Vorgeschichte dieser Entwicklung, an der die EZB nicht unwesentlich beteiligt war, wird dabei jedoch ausgeblendet.
Die Fundamentaldaten, die schon länger in eine positive Richtung weisen, können jetzt mehr Wirkung entfalten. Der Teuerungsanstieg gewann im Mai bereits deutlich an Dynamik. Die Vorjahresrate für den Euroraum kletterte von 0,0 % auf 0,3 %. Damit verschwinden allmählich Deflationssorgen, die für den Höhenflug der Rentenkurse gesorgt hatten. Zwar wurden die Inflationserwartungen zuletzt durch einen wieder sinkenden Ölpreis gebremst, sie befinden sich gleichwohl in einem klaren Aufwärtstrend, so dass die Belastung für Renten von dieser Seite nicht zu Ende ist.
Die gestiegenen Kapitalmarktzinsen sollten für die Volkswirtschaften im Euroraum verkraftbar sein, da das Niveau im historischen Vergleich immer noch sehr niedrig ist. Die variable Finanzierung, in vielen Ländern ohnehin das bevorzugte Kreditmodell, ist aufgrund konstanter Geldmarktsätze stabil. Gleichzeitig wächst die Überschussliquidität: Die Geldmengenaggregate sind in einem steilen Aufwärtstrend, die Kreditvergabe zieht allmählich nach. Obwohl einige Stimmungsindikatoren bereits sehr hoch sind, dürfte die Euro-Konjunktur im zweiten Halbjahr in etwa ihr Tempo halten, zumal es selbst beim Nachzügler Italien wieder aufwärts geht. Der Aufschwung hat damit deutlich an Breite gewonnen. Lediglich kleine Länder wie Finnland und Griechenland haben zuletzt zwei negative Wachstumsquartale in Folge ausgewiesen.
Durch die jüngsten Unsicherheiten infolge der Griechenlandkrise haben sich die deutschen Rentenkurse zwar erholen können. Kommt es jedoch nicht zum Grexit, so dürfte der Sicherheitsaspekt schnell wieder in den Hintergrund rücken. Vielmehr könnte sich mit Fortsetzung der Hängepartie und einigen faulen Kompromissen der Eindruck bei Anlegern verstärken, dass sich der Euroraum letztlich doch in Richtung "Transferunion light" entwickelt. Die Kurse von Bundesanleihen dürften erneut unter Druck geraten. Eine Eskalation der Krise würde hingegen die Bund-Renditen wieder in Richtung der historischen Tiefstände treiben - zumindest temporär. Günstige Vorgaben kämen in diesem Fall auch aus den USA, wo die Zinswende wohl verschoben würde.
Aktien: Noch Korrekturbedarf
Während am US-Aktienmarkt offensichtlich das Zeitfenster bis zum Beginn der Zinswende ausgereizt wird und sich Dow Jones Industrials und S&P 500 seit Monaten in der Nähe ihres Kursgipfels bewegen, hat sich die Korrektur bei Euro-Titeln fortgesetzt. Seit ihrem Hoch im April haben DAX und EURO STOXX 50 zeitweilig mehr als 10 % verloren. Dabei ist die implizite Aktienvolatilität - ein Barometer für die Nervosität der Marktteilnehmer - zuletzt angestiegen. Auf den ersten Blick scheint die Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung Griechenlands hierfür verantwortlich zu sein. Das insbesondere in den letzten Wochen immer stärker diskutierte Thema "Grexit" wirkt u.E. aber lediglich als Katalysator einer aus fundamentalen Gründen ohnehin notwendigen Korrektur. Schließlich hatten sich Dividendentitel - angefacht durch das QE-Programm der EZB - zeitweilig deutlich von den fundamentalen Gegebenheiten entfernt. Dabei wurden die Bewertungen weit über die Spitzenniveaus früherer Zyklen ausgedehnt.
Einen Teil der Kursübertreibungen haben Aktien inzwischen schon abgebaut. So hat der DAX mit einem KGV auf Basis der Konsens-Gewinnschätzungen für die kommenden zwölf Monate von 13 zuletzt wieder den oberen Rand des historischen Bewertungsbandes erreicht. Dies liegt auch daran, dass die Schätzungen für die Nettoergebnisse der DAX-Unternehmen in den vergangenen Monaten deutlich angehoben wurden und sich damit das Bewertungsband nach oben verschoben hat. Mit einem erwarteten Gewinnplus von rund 12 % liegt die Messlatte nun aber recht hoch. Schließlich beträgt der langfristige Durchschnitt nur rund 7 %. Ähnlich wie die Konjunkturdaten aus dem Euroraum, wo das positive Überraschungsmomentum zuletzt sichtbar nachgelassen hat und einige Frühindikatoren sogar rückläufig waren, dürften auch die Unternehmensdaten eher hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Eine abermalige Bewertungsexpansion ist im aktuellen fundamentalen Umfeld nicht zu erwarten. Vielmehr sprechen die jüngsten Rückgänge bei konjunkturellen Stimmungsindikatoren (z.B. sentix, ZEW-Index) dafür, dass im derzeitigen Zyklusstadium niedrigere KGVs angezeigt wären. Auch die nachlassende Disinflation in der Eurozone schränkt den Bewertungsspielraum ein. Schließlich besteht ein negativer Zusammenhang zwischen Inflationsentwicklung und KGVs. Somit ist aus fundamentaler Sicht weiterer Korrekturbedarf gegeben.
Auch marktpsychologische Indikatoren sprechen dafür, dass die Schwächephase bei Aktien noch nicht ausgestanden ist. Zwar hat sich die Stimmung unter Aktienanlegern im Vergleich zu den Spitzenwerten, die im April erreicht wurden, merklich abgekühlt. Sie bewegt sich aber lediglich im neutralen Bereich. Von übertriebenem Pessimismus, der im Sinne einer Kontraindikation für ein Ende der Korrektur spräche, kann derzeit also noch keine Rede sein. Auch saisonal ist der Zeitraum von Mai bis Oktober im langfristigen historischen Durchschnitt die mit Abstand schwächste Phase am Aktienmarkt. Das Chance-Risiko-Verhältnis ist insgesamt noch nicht hinreichend attraktiv, um bei Aktien schon wieder offensiver zu werden.