Inzwischen hat sich die Lage bei Dividendentiteln wieder etwas beruhigt. Die implizite Aktienmarktvolatilität als Gradmesser der Nervosität der Marktteilnehmer ist zuletzt sichtbar gefallen. Gleichwohl ist der Risikoappetit der Anleger weiterhin gedämpft. Dies zeigt nicht nur die vergleichsweise niedrige Dotierung von Risikopapieren in den Portfolios weltweit. Auch die relativ niedrigen Umsätze während der jüngsten Kurserholung sprechen für ein noch ausgeprägtes Misstrauen. Im Sinne der Kontraindikation hat dieser Pessimismus allerdings auch sein Gutes. So ist davon auszugehen, dass der Strom an negativen Nachrichten, der unter dem Schlagwort Finanzkrise tagtäglich auf die Investoren hereinbricht, bereits zu einem Großteil in den sichtbar reduzierten Notierungen Berücksichtigung gefunden hat. Damit sollte sich auch allmählich eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegenüber weiteren Negativmeldungen einstellen, wie dies zuletzt ansatzweise auch zu beobachten war.
Starke Nerven werden gleichwohl weiterhin gefragt sein, denn auch in den kommenden Monaten dürften die realwirtschaftlichen Daten gerade in den USA noch ausgesprochen durchwachsen ausfallen. Dass dies für den Aktienmarkt, der erfahrungsgemäß fundamentale Entwicklungen im Durchschnitt ein halbes Jahr vorwegnimmt, nicht automatisch auf fallende Notierungen hinausläuft, zeigt ein Vergleich mit der Rezession 1990/91 in den USA, die einige Parallelen zu der heutigen Situation aufweist. So erreichten die Verluste aus der Savings & Loan-Krise mit rund 3 % des US-BIP damals ein vergleichbares Ausmaß, wie dies derzeit für die Ausfälle bei Krediten für Wohnimmobilien angenommen wird (rund 4 % des US-BIP). Während Aktien damals bereits ihr Kurstief ausgelotet hatten und zu steigen begannen, war die Wirtschaftsleistung weiter rückläufig und der Konsument schwächelte angesichts des anhaltenden Stellenabbaus.
Sicher hat jede Krise ihre Eigenheiten. In der gegenwärtigen Situation liegt eine besondere Herausforderung in der Intransparenz aufgrund der komplexen Finanzierungsstrukturen. Allerdings steht dieser Punkt auf offizieller Seite ganz oben auf der Agenda, so dass sich der Nebel allmählich lichten dürfte. Damit dürfte sich auch die Risikoaversion der Anleger wieder normalisieren, wovon Aktien aufgrund der günstigen relativen Bewertung besonders profitieren sollten. Mittelfristig orientierte Anleger sollten die gegenwärtige Kursschwäche daher für gezielte Engagements nutzen.