Aktienbären haben kapitulier
"Nie mehr schwach" lautet das Credo der Aktienmarktteilnehmer. Aktienbären sind inzwischen eine vom Aussterben bedrohte Art. Seit Wochen bewegen sich Stimmungsindikatoren in der Überhitzungszone.
Der Nettooptimismus der US-Anleger, die Differenz zwischen Aktienbullen und -bären, bewegt sich auf Spitzenniveaus. Die implizite Volatilität des S&P 500 (VIX-Index) hat mit 10,3 % niedrigsten Stand seit Jahresanfang 2007 erreicht. Die lange Phase ohne nennenswerte Korrekturen hat die Anleger nicht nur in den USA inzwischen sorglos werden lassen. Schließlich steigt der S&P 500 mittlerweile seit 25 Monaten ohne eine zwischenzeitliche Korrektur um mindestens 10 %.
Dies ist ungewöhnlich lange. In den Bullenmärkten seit 1928 erfolgte im Median nach 9 Monaten eine entsprechende Zwischenkorrektur. Obwohl mit jedem weiteren Tag die Wahrscheinlichkeit von Kursrücksetzern steigt, gibt es offensichtlich kaum noch Anleger, die darauf setzen. Lediglich die sogenannten "Insider" trauen dem Frieden nicht und trennen sich in zunehmendem Maße von den Aktien des eigenen Unternehmens.
Unternehmensgewinne auf dem Prüfstand
Neben überhitzten Stimmungsindikatoren gibt es eine Reihe fundamentaler Faktoren, die bei Aktien zur Vorsicht mahnen. So sind die Konjunkturdaten in den großen Industrieländern zuletzt mehrheitlich weniger günstig als erwartet ausgefallen. Viele Frühindikatoren scheinen ihren Zenit bereits hinter sich gelassen zu haben. Auch die Unternehmensgewinne halten längst nicht das, was die Prognostiker im Durchschnitt für 2014 erwartet hatten. Sowohl in den USA als auch hierzulande überwiegen die negativen Gewinnrevisionen. Da die Notierungen dennoch weiter anzogen, sind Aktien inzwischen teuer. In der nun anlaufenden Zwischenberichtssaison wird es daher darauf ankommen, die hohen Notierungen durch entsprechende Gewinnaussichten fundamental zu untermauern. Für den S&P 500 wird für das zweite Quartal im Durchschnitt ein Gewinnanstieg im Vorjahresvergleich von 5,0 % erwartet. Dies ist bereits spürbar weniger als die ursprünglich veranschlagen 7,3 %. Angesichts des reduzierten Erwartungsniveaus verringert sich zwar das Risiko negativer Gewinnüberraschungen. Angesichts ambitionierter Bewertungsniveaus dürfte es allerdings nicht mehr ausreichen, zunächst die Erwartungen zu drücken, um diese dann übertreffen zu können. Vielmehr kommt es darauf an, die recht sportlichen Gewinnerwartungen für die folgenden Quartale zu rechtfertigen. Andernfalls kommt es im zweiten Halbjahr zu deutlichen Kurskorrekturen, zumal auch von der US-Geldpolitik Gegenwind droht.