Die Aktienindizes entwickelten sich zuletzt in unterschiedliche Richtungen: Während sich der Nikkei 225 erholte und die US-Barometer S&P 500 bzw. Dow Jones Industrials noch zulegen konnten, mussten die europäischen Pendants Federn lassen. Am deutlichsten waren die jüngsten Kursrückgänge bei den zuvor sichtbar erholten spanischen (IBEX 35) und italienischen (MIB) Indizes.
Sie haben gegenüber dem Jahreshoch im Juni zeitweilig immerhin 6 % bzw. 9 % eingebüßt. Sorgen um die portugiesische Bank Espírito Santo haben Erinnerungen an die Finanzkrise wieder aufkommen lassen. Auch die Verschärfung der Ukraine-Krise hat sich im Kursbild der Aktienmärkte niedergeschlagen.
Aktien scheinbar "alternativlos"
Dem Risikoappetit der weltweit agierenden Anleger hat all dies bislang jedoch keinen Abbruch getan.
So erreichte laut jüngstem Global Fund Manager Survey der BofA Merrill Lynch der Anteil in Aktien übergewichteter institutioneller Investoren mit 61 % zuletzt den zweithöchsten Wert seit gut dreizehn Jahren. Gleichzeitig stieg der Anteil derjenigen, die Aktien für überbewertet halten, auf den höchsten Wert seit Mai 2000. Ein ähnliches Bild liefert die Global Investor Poll von Bloomberg.
Demnach halten 47 % das gegenwärtige Kursniveau für nicht nachhaltig, 14 % sehen bereits eine Blase bei Aktien. Das Verhalten der Marktteilnehmer erinnert in gewisser Weise an das "Hasenfußrennen" aus dem Film "... denn sie wissen nicht, was sie tun": Die beiden Hauptakteure Buzz und Jim rasen in gestohlenen Autos auf eine Klippe zu. Wer zuerst aus dem Auto springt, ist der "Hasenfuß".
Im Film gelingt es Buzz nicht, rechtzeitig aus dem Wagen zu springen. Er stürzt die Klippe hinab. Offensichtlich schätzt das Gros der Marktteilnehmer die Chancen, selbst rechtzeitig den Absprung zu schaffen aber als günstig ein. Angesichts einer überdurchschnittlich langen Phase ohne nennenswerte Kurskorrekturen unterliegen vermutlich immer mehr Marktteilnehmer der sogenannten Kontrollillusion.
Die Fundamentaldaten liefern längst nicht mehr die für eine Fortsetzung der Hausse notwendige Begleitmusik. So sind beispielsweise die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland zuletzt zum siebten Mal in Folge gesunken. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Euro-Konjunkturerwartungen.
Für eine weitere Bewertungsexpansion existiert damit kein Spielraum. Vielmehr zeigen frühere Zyklen, dass Anleger bei rückläufigen konjunkturellen Frühindikatoren letztendlich nur noch eine deutlich niedrigere Bewertung akzeptieren. Dass dieser kursdämpfende Effekt durch eine steigende Gewinndynamik kompensiert wird, ist derzeit nicht absehbar. Bislang halten die Unternehmensergebnisse längst nicht das, was die Prognostiker im Durchschnitt für 2014 erwartet hatten. Schließlich sind auch die Gewinnperspektiven weltweit nicht mehr aussichtsreich.
Notausgang fest im Auge haben
In der laufenden Zwischenberichtssaison wird es daher darauf ankommen, die hohen Notierungen durch entsprechende Ergebnisperspektiven zu untermauern. Angesichts des reduzierten Erwartungsniveaus steigt zwar die Chance positiv zu überraschen. So konnten von den ersten 15 % der S&P 500-Unternehmen, die bereits Ergebnisse präsentiert haben, 68 % die Schätzungen der Analysten übertreffen. Als Kaufargument für Aktien dürfte es allerdings nicht mehr ausreichen, zunächst die Erwartungen zu drücken, um diese dann übertreffen zu können. Vielmehr kommt es darauf an, eine Gewinnperspektive zu liefern, die die ambitionierten Bewertungen rechtfertigt.
Schließlich wecken inzwischen eine Reihe von Kennziffern die Angst vor einer neuerlichen Blase am Aktienmarkt. Andernfalls kommt es im zweiten Halbjahr zu deutlichen Kurskorrekturen, zumal auch von der US-Geldpolitik Gegenwind droht. Auch das historische Saisonmuster mahnt eher zur Vorsicht. So hat sich das dritte Quartal im langfristigen Durchschnitt als die für Aktien schwächste Phase des Jahres erwiesen. Da die Chancen in keinem angemessenen Verhältnis zu den Kursrisiken stehen, raten wir, Aktienpositionen abzubauen, selbst auf die Gefahr hin, als "Hasenfuß" zu gelten.