"Was nichts kostet, ist nichts wert" lautet ein altes Sprichwort. Je mehr etwas kostet, umso wertvoller wird es offensichtlich eingeschätzt. Dies gilt anscheinend auch für Aktien. Nachdem einige der weltweit am meisten beachteten Indizes wie Dow Jones Industrials, S&P 500 und zuletzt auch der DAX neue Allzeithochs markiert haben, ist das Interesse an Aktien wieder merklich gestiegen. Dabei sind es kaum verbesserte fundamentale Rahmenbedingungen, die zuletzt als Kaufargumente für Aktien dienten. Neben einer fortgesetzten Entspannung der Euro-Staatschuldenkrise und dem damit verbundenen Rückgang der Risikoaufschläge bei südeuropäischen Staatsanleihen fällt die Liste positiver Entwicklungen ohnehin überschaubar aus. In erster Linie ist es die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken, die Anlegern scheinbar keine andere Wahl lässt, als in Aktien zu "flüchten". Dass "Anlagenotstand" kein sonderlich belastbares Argument für Aktien ist, hat der zwischenzeitliche Abtaucher des DAX unter die 7.500 Punkte-Marke im April gezeigt. Damals hatten angesichts rückläufiger Frühindikatoren Wachstumssorgen die Oberhand gewonnen. Außerdem könnte schon bald der früher als erwartete Ausstieg der Fed aus dem Kaufprogramm die Stimmung verderben.
Gegenwärtig nehmen Aktien aber offensichtlich bereits eine sichtbare Erholung der Weltwirtschaft im zweiten Halbjahr vorweg. Jetzt müssen die anstehenden Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes und das ifo-Geschäftsklima den Konjunkturoptimismus aber erst einmal bestätigen. Schließlich hat die überwiegende Mehrzahl an Konjunkturdaten aus dem Euroraum bis zuletzt enttäuscht. Selbst bei den US-Indikatoren überwogen zuletzt die negativen Überraschungen. Das kurzfristige Kurspotenzial dürfte somit weitgehend ausgeschöpft sei, zumal ein Großteil der Rotation zugunsten von Aktien bereits gelaufen ist. Vielmehr birgt der in Stimmungsumfragen zum Ausdruck kommende Optimismus die Gefahr von Enttäuschungen und Kursrücksetzern. Zwar spricht die im Vergleich zu früheren Erholungszyklen auf Basis der wichtigsten Kennziffern (Kurs-Gewinn- Verhältnis, Kurs-Buchwert-Verhältnis, Kurs-Cashflow-Verhältnis und Dividendenrendite) angemessene Bewertung insbesondere bei deutschen und europäischen Dividendentiteln gegen deutliche Abschläge. Das Chance-Risiko-Verhältnis erscheint auf dem gegenwärtigen Kursniveau jedoch nicht mehr attraktiv. Neuengagements sind somit u.E. erst nach einer Zwischenkorrektur der mittlerweile technisch überhitzten Indizes sinnvoll.