Trotz Beginn der Fastenzeit dürften bei Aktienanlegern zuletzt die Sektkorken geknallt haben. Schließlich hat der DAX erstmals über der psychologisch wichtigen Marke von 11.000 Punkten geschlossen. Allein in den ersten sechs Handelswochen konnten deutsche Standardwerte ein Plus von rund 12 % erzielen. Gegenüber dem Tief von Oktober 2014 sind es sogar fast 30 %. Man muss kein Pessimist sein, um die Nachhaltigkeit dieses rasanten Anstiegs in Frage zu stellen. Sicherlich waren die Wachstumsängste, die zu den Kursrückgängen im letzten Herbst geführt hatten, überzogen. Aber so wie Aktien damals nach unten übertrieben haben, scheinen sie jetzt nach oben zu überschießen.
Zwar erhielten die Notierungen in den letzten Wochen Rückenwind durch mehrheitlich positive Konjunkturüberraschungen aus dem Euroraum. Dies ist jedoch in erster Linie der zuvor deutlich reduzierten Erwartungshaltung geschuldet. Mittlerweile haben konjunkturelle Stimmungsindikatoren wie die sentix- oder die ZEW-Erwartungsindizes deutlich zugelegt und fast wieder zyklische Hochs erreicht. Dass der anstehende ifo-Geschäftsklimaindex nachlegt, ist fast schon Pflicht. Schließlich haben Aktien bereits eine spürbare Wachstumsbeschleunigung vorweggenommen.
Immerhin hat der Abstand des DAX zur 200-Tage-Linie mit rund 13 % wieder Spitzenwerte in der seit 2011 laufenden Hausse erreicht. Auch der ausgeprägte Optimismus der Anleger deutet darauf hin, dass Aktien überhitzt sind. Die Gewinnperspektiven der Unternehmen haben sich in den vergangenen Monaten nicht verbessert. Vielmehr wurden die Schätzungen für die Nettoergebnisse der DAX-Unternehmen für die kommenden 12 Monate und somit die erwartete Gewinndynamik weiter nach unten korrigiert.
In den USA haben die Gewinnerwartungen bereits ihren Zenit überschritten. Für die kommenden Quartale rechnen die Analysten im Schnitt mit rückläufigen Nettoergebnissen. Angesichts recht hoher Bewertungen und gleichzeitig überhitzter Stimmung überwiegen die Korrekturrisiken. Schließlich ist nach dem Ende des Ankaufprogramms der Fed nicht nur ein wichtiger Kurstreiber weggefallen. Voraussichtlich zur Jahresmitte wird die US-Notenbank sogar damit beginnen, die Leitzinsen zu erhöhen. Das Ausmaß der Zinserhöhungen wird von den Anlegern bislang unterschätzt. Vielleicht müssen die Marktteilnehmer daher bereits im Zuge des anstehenden geldpolitischen Berichts von Fed-Chefin Yellen vor dem US-Kongress ihre Zinsmeinung korrigieren und damit auch bei Aktien vorsichtiger werden. Dass sich die ohnehin überhitzten Euro-Titel von schwächeren US-Vorgaben völlig abkoppeln können, ist wenig wahrscheinlich.