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Außer der Reihe

Yuan auf dem Weg zur Leitwährung?

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Im November entscheidet der Internationale Währungsfonds, ob der Yuan (Renminbi) künftig Bestandteil des Währungskorbs sein wird, auf dem die Sonderziehungsrechte basieren. Auch wenn deren internationale Bedeutung begrenzt ist, ergäben sich durch die Aufnahme deutliche Prestigegewinne für China – und der Yuan hätte einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Welt-reservewährung vollzogen. Weitere Liberalisierungsschritte sind hierfür allerdings unerlässlich.

Sonderziehungsrechte (SZR; engl. Special Drawing Rights, SDR) sind ein, vom Internationalen Währungsfonds (IWF) in den 1960er Jahren geschaffenes, internationales Reservemedium. Sie sollten es den Mitgliedsstaaten ermöglichen, zusätzliche Währungsreserven zu erhalten, und das internationale Währungssystem damit unabhängiger vom Gold und dem US-Dollar zu machen. Seit ihrer Einführung hat der Währungsfonds seinen Mitgliedern SZR in drei generellen Allokati-onsverfahren im Verhältnis zu ihrer nationalen Quote im IWF zugeteilt (zum letzten Mal im August 2009), sowie eine Einmal-Allokation im September 2009 durchgeführt. Jedes Mitgliedsland bilan-ziert seine SZR unter den Währungsreserven und kann sie, z.B. bei Zahlungsbilanzschwierigkei-ten, in die frei verwendbaren IWF-Währungen eintauschen und somit zusätzliche Devisenreserven erhalten. Zum einen können Mitgliedsstaaten untereinander auf freiwilliger Basis SZR gegen Devi-sen tauschen; zum anderen kann der IWF Länder zur Aufnahme von SZR designieren, um im Gegenzug die gewünschte Devise zur Verfügung zu stellen. Die bisher getätigten IWF-Zuteilungen belaufen sich auf 204 Mrd. SZR, was einem Gegenwert von aktuell knapp 290 Mrd. USD ent-spricht. Der Wert der SZR wird vom IWF täglich anhand eines Währungskorbes ermittelt, der aktu-ell aus US-Dollar, Euro, Japanischem Yen und Britischem Pfund besteht. Die Zusammensetzung des Währungskorbes und die jeweilige Gewichtung sollen der Bedeutung der Währungen im inter-nationalen Handels- und Finanzsystem Rechnung tragen (Anteil des Landes am Weltexport; Anteil der Währung an den Weltwährungsreserven). Der Währungskorb wird daher im Abstand von fünf Jahren überprüft, oder auch früher, wenn der IWF dies für notwendig erachtet. Auch in diesem Jahr steht eine planmäßige Überprüfung an.

Bereits bei der Prüfung des Währungskorbs im Jahr 2010 wurde über die Aufnahme der chinesi-schen Landeswährung beraten. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt will die Internationalisie-rung des Yuans vorantreiben und ihn als globale Reservewährung etablieren. Da er in weltweiten Transaktionen immer präsenter wird, strebt China in diesem Zusammenhang die Aufnahme des Yuans in den SZR-Währungskorb an. Damit soll seine Bedeutung im internationalen Handels- und Finanzgeschehen erhöht werden – und gleichzeitig die Vormachtstellung des US-Dollars verringert werden, die dieser als Leitwährung innehat.

Anforderungen des IWF

Um Bestandteil des SZR-Korbes zu werden, muss eine Währung zwei zentrale Kriterien erfüllen: Zum einen muss das entsprechende Land einen der größten Anteile am weltweiten Güter- und Dienstleistungsexport aufweisen – ein Punkt, den die Exportnation China zweifelsohne erfüllt. Zum anderen muss die Landeswährung der IWF-Definition einer „frei verwendbaren" Währung entspre-chen (im Original: „freely usable" currency). Freie Verwendbarkeit im Sinne des IWF meint, dass (i) ein Großteil der internationalen Zahlungstransaktionen in dieser Währung durchgeführt werden muss und (ii) die Währung in hohem Maße an den wichtigsten Devisenmärkten gehandelt wird. Im Jahr 2010 scheiterte die Aufnahme des Yuans in den SZR-Korb noch an der Erfüllung des Kriteri-ums der freien Verwendbarkeit. Fünf Jahre später ist es die Aufgabe des IWF-Exekutivdirektoriums, zu überprüfen, ob China die Auflagen diesmal erfüllt.

Was bedeutet freie Verwendbarkeit?

Der IWF stellt zwar heraus, dass mit der Bezeichnung „freie Verwendbarkeit" nicht ausschließlich die freie Konvertibilität oder Handelbarkeit einer Währung gemeint ist. Eine Währung könne inter-national umfangreich gehandelt werden und doch gewissen Kapitalkontrollen unterliegen. Auch könne eine Währung komplett frei handelbar sein, ohne notwendigerweise im internationalen Han-del in hohem Maße verwendet zu werden. Eine freie Handelbarkeit, so der IWF, unterstütze aber die Erreichung des Ziels der freien Verwendung. Noch ist der Yuan keine komplett frei konvertier-bare Währung und de facto an den Kurs des US-Dollars gebunden: Die chinesische Zentralbank (PBoC) interveniert regelmäßig am Devisenmarkt, um den Yuan in einer bestimmten Spanne um einen Referenzkurs zu halten. Im Zuge der Yuan-Flexibilisierung hat die PBoC diese Schwan-kungsbreite zwar bereits mehrere Male erhöht. Die letzte Anpassung erfolgte im März 2014 von ±1 % auf aktuell ±2 %. Eine weitere Erhöhung auf ±3 % könnte laut chinesischem Staatsrat bald erfolgen. Den Referenzkurs setzt die PBoC aber noch immer täglich fest. In der ersten Augusthälf-te sorgte die kräftige Abwertung des Yuans an den Finanzmärkten für Aufsehen. Man habe, so die PBoC, damit dem Einfluss des Marktes nachgegeben, der den Yuan angesichts der Aktienmarkt-turbulenzen und der durchwachsenen Konjunkturdaten schwächer bewerte. Um den Wechselkurs auch künftig noch stärker den Marktkräften auszusetzen, soll sich das tägliche Fixing nun am Schlussstand des Vortages orientieren. Der IWF begrüßte dieses Vorgehen als Schritt in Richtung einer größeren Wechselkursflexibilität, beschloss wenig später jedoch, die bisherige Zusammen-setzung des SZR-Währungskorbes vorerst bis zum 30. September 2016 beizubehalten. Im No-vember dieses Jahres soll aber eine endgültige Entscheidung fallen. Sollte diese zugunsten des Yuans getroffen werden, würde dieser somit frühestens im Oktober des kommenden Jahres zur IWF-Reservewährung werden. Damit solle den Finanzmärkten Zeit gegeben werden, um sich auf die möglichen Veränderungen vorzubereiten, begründete der IWF die Sperrfrist.

Neben der freien Konvertibilität spielt bei der diesjährigen Entscheidung des IWF vor allem die Frage nach der freien Verwendbarkeit im eigentlichen Sinne eine Rolle – also die Bedeutung im internationalen Zahlungsverkehr. Die Zahl der weltweit in chinesischer Landeswährung durchge-führten Transaktionen hat sich in den vergangenen Jahren massiv erhöht. Im Jahr 2012 wurden knapp 0,8 % der internationalen Zahlungen in Yuan abgewickelt (Rang 12). Wie der Zahlungsver-kehrsabwickler SWIFT Anfang Oktober bekanntgab, liegt der Yuan-Anteil an den globalen Zah-lungsströmen inzwischen bei 2,79 %. Dies ist zwar immer noch ein deutlicher Abstand zum US-Dollar (44,8 %) oder zum Euro (27,2 %), aber damit hat der Yuan den Japanischen Yen (2,76 %) überholt und liegt bei den internationalen Zahlungen nun auf Platz vier hinter dem Britischen Pfund. Um die globale Nutzung der Landeswährung weiter zu erhöhen, hat die PBoC bekanntge-geben, künftig in Yuan notierte Anleihen in London zu emittieren. Zudem will China ausländischen Zentralbanken künftig ermöglichen, den Yuan direkt am inländischen Devisenmarkt zu handeln. Das Anfang Oktober gestartete neue Zahlungssystem CIPS (China International Payment System) soll ebenfalls dazu beitragen, dass Yuan-Geschäfte in Zukunft kostengünstiger, einfacher und vor allem schneller abgewickelt werden können. Mit dieser einheitlichen Plattform dürfte der Gebrauch des Yuans im internationalen Zahlungsverkehr wohl deutlich zunehmen.

Weitere Reformanstrengungen nötig

Angesichts der bereits erfolgten Liberalisierungsschritte Chinas sind vonseiten des IWF zwar im-mer wieder wohlwollende Worte zu vernehmen. So erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde während der G20-Konferenz in Ankara Anfang September, dass es für sie keine Frage des Ob, sondern nur noch des Wann sei, bis der Yuan in den SZR-Währungskorb aufgenommen werde. Allerdings unterliegt die chinesische Landeswährung trotz bereits erfolgter Reformen und Internationalisie-rungsbemühungen noch immer wesentlichen Kapitalkontrollen, und ihre Aufnahme ohne die Um-setzung aller erforderlichen IWF-Kriterien wäre ein großes Zugeständnis an China. Einerseits wür-de ein solcher Schritt die Liga der Schwellenländer besänftigen, die seit Jahren ein größeres Stimmengewicht und damit größeren Einfluss im IWF fordern. Bislang scheiterte dies vor allem an den USA, die der Umsetzung der 2010 beschlossenen Reformen noch immer nicht zugestimmt haben. Andererseits würde eine Aufnahme zum jetzigen Zeitpunkt den Druck auf China tendenziell verringern, weitere Liberalisierungen im Finanzsektor durchzuführen – ein Umstand, den vor allem die G7-Staaten verhindern wollen. Deren Wort hat bedeutendes Gewicht im IWF-Exekutivdirektorium, das die Entscheidung über die SZR-Aufnahme trifft. Benötigt wird hierfür eine Stimmenmehrheit von 70 %. Die USA verfügen über einen Stimmanteil von knapp 17 %, Japan und Deutschland folgen mit jeweils rund 6 %. Ein möglicher Kompromiss in der Diskussion um eine Aufnahme des Yuans wäre, China nur einen begrenzten Anteil am SZR-Währungskorb zuzu-gestehen – solange bis weitere Reformen umgesetzt sind und die Konvertibilität des Yuans sich weiter verbessert hat.

Auch wenn die Bedeutung der SZR im internationalen Reservesystem vergleichsweise gering ist, hätte die Aufnahme des Yuans in den Kreis der frei verwendbaren Währungen vor allem eine star-ke symbolische Bedeutung für China, das im kommenden Jahr auch die G20-Präsidentschaft innehat. Aber auch für chinesische Unternehmen wäre es dann einfacher und kostengünstiger, Auslandsgeschäfte in der heimischen Währung durchzuführen. Vor allem würde aber das interna-tionale Vertrauen in die chinesische Währung gestärkt und ihr Anteil an den Währungsreserven der übrigen IWF-Mitgliedsstaaten dürfte sich deutlich erhöhen – ein weiterer Schritt auf dem Weg des Yuans zur globalen Leitwährung.

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