- 1.1 Chart der Woche
Sowohl der ifo-Geschäftsklimaindex als auch die Einkaufsmanagerbefragungen waren im Mai enttäuschend. Beide Indikatoren zeigen, dass die deutsche Volkswirtschaft nicht unabhängig von der krisengeschüttelten Entwicklung in der Eurozone ist. Das deutsche Wachstum wird sich nach dem starken ersten Quartal im weiteren Jahresverlauf etwas abschwächen. Mit einer Rezession muss gleichwohl nicht gerechnet werden. Eine geringere Dynamik wirkt sich auch am Arbeits-markt aus. Im April stieg die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit um 19 Tausend gegenüber dem Vormonat. Auch wenn die Entlastung durch die Arbeitsmarktpolitik geringer ausfällt, signalisieren doch Frühindikatoren wie die Beschäftigungsindikatoren der Einkaufsmangerbefragung einen Tempoverlust. 2012 dürfte die Arbeitslosigkeit trotzdem um gut 120 Tausend auf 3,85 Millionen fallen. Bei wieder etwas stärkerem Wachstum sind 2013 nur noch 2,7 Millionen Arbeitslose in Deutschland zu erwarten.
1.2 Wochen-Quartals-Tangente
Die Risikoscheu bleibt hoch. Die Eurozone stolpert dem Wahltermin in Griechenland am 17. Juni entgegen. Die Staats- und Regierungschefs konnten sich nicht auf eine gemeinsame Linie einigen, sondern haben Entscheidungen zu einem Wachstumspakt auf den nächsten Gipfel Ende Juni ver-tagt. Derweil enttäuschen die Stimmungsindikatoren im Euroraum. Der Stillstand in der Bewälti-gung der Staatsschuldenkrise legt sich wie Mehltau über die Kapitalmärkte: Der Euro verliert und Bundesanleihen rentieren in Nähe ihrer Allzeittiefs. Wenigstens der Aktienmarkt konnte sich im Wochenvergleich befestigen.
Ist ein möglicher Austritt Griechenlands für die Eurozone verkraftbar? Weitaus kritischer als die Beantwortung dieser Frage ist u.E. das Fehlen einer gemeinsamen Linie. Das Geschachere in Griechenland um die Erfüllung der Spar- und Reformzusagen sowie die unterschiedlichen Antwor-ten darauf aus Europa sorgen für zusätzliche Unsicherheit und verschärfen so die Krisensituation an den Kapitalmärkten. Solange keine grundsätzliche Einigkeit darüber hergestellt werden kann, ob Europa den eingeschlagenen Pfad der Konsolidierung weiter beschreitet, steht der Währungs-raum als Ganzes im Feuer. Deshalb geriet der Euro stärker unter Druck als zuvor.
Die Fiskalpolitik diskutiert, folglich muss die Geldpolitik wohl handeln. Vor dem griechischen Wahltermin am 17. Juni bildet die nächste EZB-Zinssitzung am 6. Juni einen Hoffnungsanker. Der "Grexit" wäre dann verkraftbar, wenn es gelingt, den gegenwärtigen Ansteckungseffekt wieder einzudämmen. Die EZB müsste demnach die bestehenden Brandmauern verstärken, indem sie für diesen Fall neue Langfristtender und weitere Kaufprogramme insbesondere für italienische und spanische Staatsanleihen ankündigt. Eine Zinssenkung, wie sie derzeit an den Kapitalmärkten eingepreist ist, halten wir nicht für wahrscheinlich. Doch ohne die Fiskalpolitik wird es in diesem Fall nicht gehen: Zugleich müsste wohl für Portugal und Irland ein weiteres Rettungsprogramm und eine Lösung für die spanischen Banken in Aussicht gestellt werden. Dann könnte Griechen-land eine Entscheidung für oder gegen Europa treffen, die aber nicht mehr den Euro belastet. In der Berichtswoche werden die Konjunkturdaten aus den USA (S. 4) und China (Einkaufsmanager-index) dieser Unsicherheit wohl nichts entgegen stellen können.