Warten auf das Bundesverfassungsgericht - Ja, aber...?
Heute wird das Bundesverfassungsgericht sein Urteil zu den Eilanträgen gegen den Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt verkünden. Der zuletzt eingebrachte Antrag des CSU-Bundestagsabgeordneten Gauweiler gegen das EZB-Anleihekaufprogramm wurde vom Gericht abgelehnt. Daraufhin hat sich der Euro erholt und der hiesige Rentenmarkt kam unter Druck - ein Zeichen dafür, dass die heutige Entscheidung eine gewisse Brisanz besitzt. Dies verwundert uns, hat doch die Europäische Zentralbank in der letzten Woche umfassende Stützungsmaßnahmen in Form von Staatsanleihekäufen beschlossen, die auch mithilfe des EFSF-Regimes umgesetzt werden können. Die EFSF läuft erst im Juni 2013 aus. Wir gehen jedoch davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht dem ESM grundsätzlich keine Steine in den Weg legen wird, möglicherweise aber Nachbesserungen fordert - um beispielsweise die Haftungsobergrenze für Deutschland klar zu definieren. Neben dem Gerichtsurteil steht heute noch ein weiteres wichtiges Ereignis auf dem Programm: die Parlamentswahlen in den Niederlanden. Das Rennen zwischen dem liberalen Ministerpräsident Rutte und den Sozialdemokraten ist eng und eine Koalitionsvorhersage schwierig. Mit Ausnahme des Rechtspopulisten Wilder, der letzten Umfragen zufolge Stimmen verliert und damit wohl nicht mehr an der Regierungsbildung beteiligt sein wird, unterstützen alle Parteien die von der EU vorgegeben Sparbeschlüsse.
Aktienmärkte: Der deutsche Aktienmarkt übte sich am Dienstag zunächst in Zurückhaltung, bevor sich am Nachmittag eine positive Tendenz durchsetzte. Mit dem Bruch der Widerstandsmarke im Bereich von 7.230 Zählern beschleunigte sich die Bewegung nochmals, so dass der Dax bei 7.310 Zählern und damit auf dem Jahreshöchststand aus dem Handel ging. Offensichtlich geht eine Mehrheit der Marktteilnehmer davon aus, dass der ESM vom Bundesverfassungsgericht mit einem "Ja-aber" durchgewunken werden wird. Als "aber" bzw. Bedingungen werden von Politikern, wie dem CSU-Abgeordneten Silberhorn, "völkerrechtliche Einschränkungen" gefordert. Neben der ESM-Entscheidung rücken auch die Erwartungen in Richtung FED verstärkt in den Fokus. Die Wall Street schloss gestern auf dem höchsten Stand seit nahezu fünf Jahren. Auf dem Parkett geht man davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit für QE3 zur Stützung der Konjunktur gestiegen ist. Die Vorgaben für den heutigen Handelsstart sind freundlich. Der weitere Verlauf, wen überrascht es, wird vom Bundesverfassungsgerichtsurteil abhängen. Ein Blick auf den zuletzt sehr stabilen Euro sorgt für Rückenwind unter den Optimisten.
Charttechnik: Mit dem Erreichen eines neuen Jahreshochs, wurde beim Dax ein prozyklisches Signal generiert. Der Ausbruch über die 7.230er-Marke unterstreicht diese These. Damit wurde die sehr kurzfristige Konsolidierung nach oben aufgelöst, wodurch eine Fortsetzungsformation entstanden ist. Das nächste Projektionsziel auf der Oberseite findet sich bei 7.392 Zählern. Weitere relevante Marken lassen sich bei 7.422, 7.485 und 7.536 Punkten definieren. Auf der Unterseite ist der Dax recht gut unterstützt.