Gepflegte Langeweile beim Dollar/Euro-Kurs
Das Jahr 2013 war bislang mit Blick auf den Dollar/Euro-Kurs geprägt von gepflegter Langeweile. Mit 1,32 liegt der Euro fast genau auf dem Jahresanfangsniveau. Die Volatilität war sehr gering, selbst die Regierungskrise in Portugal, ein Generalstreik in Griechenland und eine Rating-Herabstufung von Frankreich brachten den Euro gegenüber dem USA-Dollar nicht aus der Ruhe. Auch im Austauschverhältnis zum Schweizer Franken sowie zum britischen Pfund waren kaum Schwankungen festzustellen. Lediglich die Geld- und Fiskalpolitik des neuen japanischen Regie-rungschefs Abe, die sog. Abenomics, setzten die dortige Währung stark unter Druck - auch in Relation zum Euro. Insbesondere gegenüber zahlreichen Schwellenlandwährungen gewann der Euro an Stärke.
Euro-Kurse als Indikator für Ausmaß der Staatsschuldenkrise?
In den vergangenen drei Jahren wurde eine Abwertung des Euro üblicherweise als Indikator für eine Eskalation der Staatsschuldenkrise in der Eurozone gewertet. Spiegelbildlich müsste also jetzt die Widerstandsfähigkeit des Euro ein Indikator für ein Abebben der Krise in der Eurozone sein. Angesichts anhaltender Negativmeldungen fällt eine solche Ableitung eher schwer. Jedoch sollten nicht Schlagzeilen die Basis für eine ökonomische Analyse bilden, sondern vielmehr Daten und Fakten.
Rating-Abstufung Frankreichs ohne prognostische Bedeutung
Fangen wir mit unserem Nachbarn im Westen an. Die Agentur Fitch hat jüngst als letzte der drei großen Rating-Agenturen die Einstufung für Frankreich zurückgenommen. Haben sich damit die wirtschaftlichen Aussichten für Frankreich gerade jetzt verschlechtert? Mitnichten. Die Aufgabe einer Rating-Agentur besteht darin, eine Metrik für Ausfallwahrscheinlichkeiten zu liefern. Diese sollen zwar zukunftsgerichtet sein, die Bewertung resultiert aber zu einem großen Teil aus den Daten der Vergangenheit. Zudem sollen Ratings die mittelfristige Entwicklung der Ausfallwahr-scheinlichkeiten und eben nicht zyklisch bedingte Schwankungen anzeigen (through-the-cycle-Ansatz). Damit können und wollen diese gar keine konjunkturellen Wendepunkte identifizieren.
Erste konjunkturelle Lichtblicke in Frankreich
Dass sich Zahlen in Frankreich in der Vergangenheit verschlechtert haben, ist keine Neuigkeit, sondern Allgemeingut. Wie aber ist es um die Perspektiven bestellt? Erste Frühindikatoren liefern durchaus ermutigende Signale: Die Stimmungsbarometer für die Industrie haben sich an die Wachstumsschwelle herangearbeitet und selbst die Konsumausgaben sind zuletzt angestiegen.
Spanien "Musterschüler" bei Konjunkturerholung
Während die positive Indikatorendichte in Frankreich noch relativ gering ist, ragt Spanien als "Mus-terschüler" hervor: Aufgrund einer deutlich verbesserten Wettbewerbsfähigkeit haben sich die Exporte Spaniens zuletzt sogar dynamischer entwickelt als die Deutschlands. Die Bauproduktion und der Einzelhandel haben sich stabilisiert, die Stimmungsindikatoren zeigen gen Norden und selbst der nachlaufende Indikator Arbeitslosigkeit hat sich jüngst reduziert. Die verbesserte Wett-bewerbsfähigkeit Spaniens lässt sich auch daran ablesen, dass internationale Unternehmen die-sen Standort wieder ansteuern. So hat Opel jüngst bekannt gegeben, die Produktion seines Mo-dells Mokka von Südkorea nach Spanien zu verlagern.
Selbst Italien mit etwas mehr Hoffnung
Selbst in Italien sind erste konjunkturelle Hoffnungsschimmer zu erkennen. Neben den Stim-mungsindikatoren für die Industrie haben sich auch die für den Konsum verbessert. Sowohl Spani-en als auch Italien haben mittlerweile eine ausgeglichene Leistungsbilanz.
Rezession bereits im zweiten Quartal beendet
Die Indikatoren für Deutschland sind ebenfalls positiv, so dass bereits jetzt absehbar ist, dass die Eurozone nach eineinhalb Jahren Rezession im zweiten Quartal wohl ein kleines Plus aufweisen wird. Für das zweite Halbjahr lassen die Indikatoren sogar eine leichte Beschleunigung erwarten.
Erwartete Euroschwäche als Reflektor unterschiedlicher Geldpolitik
Trotzdem wird der Euro im weiteren Jahresverlauf gegenüber dem US-Dollar zur Schwäche nei-gen. Die Konjunkturerholung in den USA dürfte nämlich noch dynamischer ausfallen, so dass die US-Notenbank ihre Wertpapierkäufe zurückführen wird. Gleichzeitig hat die EZB angekündigt, dass sie für eine sehr lange Zeit die Leitzinsen niedrig halten wird. Wenn der Euro zum Jahresen-de also bei 1,25 zum Dollar stehen wird, sagt dies nicht, dass die Staatsschuldenkrise in der Euro-zone wieder eskaliert, sondern nur, dass die Dynamik in den USA höher ist als bei uns.
Beitrag erschienen in "Die Welt", 27. Juli 2013