Hoher Leistungsbilanzüberschuss in Deutschland
Traditionell erzielt Deutschland Exportüberschüsse. Lediglich in Folge der Wiedervereinigung kam es zu einem Importüberschuss. Seit der Jahrtausendwende steigt der Exportüberschuss sogar stark an. Allerdings hat es in den letzten Jahren große Veränderungen gegeben. Während der Handelsbilanzüberschuss gegenüber den Euroländern zu Beginn der Währungsunion bei knapp 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag, stieg er im Boom 2007 auf rund 5 Prozent an. Seit der Finanzkrise ist er kontinuierlich auf das Niveau von 1999 zurückgefallen. Die Handelsbilanzungleichgewichte innerhalb der Währungsunion konnten somit stark reduziert werden - auch ohne eine Wechselkursanpassung. Allerdings sind die Exportüberschüsse gegenüber den USA und Asien in den letzten Jahren weiter stark angestiegen. Im ersten Halbjahr 2013 erreichte der deutsche Leistungsbilanzüberschuss einen Wert von 7,2 Prozent am Sozialprodukt.
Deutschland schadet sich selbst und nicht den anderen
Eigentlich sollten die anderen Länder froh darüber sein, dass die Deutschen mehr produzieren als sie selbst verbrauchen und somit für die anderen Länder Güter bereitstellen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Sowohl die EU-Kommission als auch die Amerikaner kritisieren Deutschland für ihre "schwäbische Grundhaltung", nichts anderes ist nämlich der Leistungsbilanzüberschuss. Ein Land, das mehr Güter exportiert als es importiert lebt "unter seinen Verhältnissen", während ein Land mit einem Leistungsbilanzdefizit "über seinen Verhältnissen" lebt. Es konsumiert Güter, die andere Länder produziert haben. Der Nettoexporteur gewährt saldenmechanisch dem Importland einen Kredit. Dies entspricht einem Kapitalexport. Die Finanzkrise hat gelehrt, dass manche dieser Forderungen wertlos geworden sind. Die Deutschen verschickten erst ihre Produkte ins Ausland und mussten dann auch noch Teile ihre Erträge abschreiben. Das heißt also, dass die Deutschen einen Teil ihrer Produktion ans Ausland verschenkt haben. Dafür die Deutschen zu beschimpfen oder gar zu bestrafen, ist eine Farce. Eigentlich sollten die anderen Länder uns bemitleiden. Denn parallel zum ansteigenden Leistungsbilanzüberschuss kam es zu einem deutlichen Rückgang der Investitionen in Deutschland. Die Nettoinvestitionsquote ist mittlerweile auf fast Null gesunken. Damit verspielen wir unsere Zukunft. Offensichtlich werden die Ertragsaussichten in Deutschland als sehr gering eingeschätzt. Hier muss die Wirtschaftspolitik ansetzen: Die Rahmenbedingungen für Investitionen müssen verbessert werden. Dann reduziert sich automatisch auch der Leistungsbilanzüberschuss.
Beitrag erschienen in "SparkassenZeitung", 22. November 2013