Als der DAX Mitte März die 8.000 Punkte-Marke übersprang, konnten die Bullen vor Kraft kaum laufen. Alles schien damals für Aktien zu sprechen: niedrige Bewertung, anziehende Frühindikatoren, positive Gewinnperspektiven, ultra-lockere Geldpolitik sowie der Mangel an Anlagealternativen. Risiken wurden ausgeblendet, was in einer ausgesprochen niedrigen impliziten Aktienmarktvolatilität zum Ausdruck kam. Wir werteten die um sich greifende Sorglosigkeit im Sinne der Kontraindikation als Warnsignal für eine bevorstehende Zwischenkorrektur. Heute, nur vier Wochen später und rund 500 DAX-Punkte niedriger, scheint die Lust zur Aktienanlage schlagartig verflogen zu sein. Was hat sich in der Zwischenzeit verändert? Schwächer als erwartete Wachstumszahlen aus China, aber auch die jüngsten negativen Konjunkturüberraschungen aus dem Euro-Raum haben überwunden geglaubte Wachstumszweifel neu entfacht. Dagegen lief die US-Wirtschaft bislang überraschend robust. Doch auch dort konnten die hohen Erwartungen zuletzt nicht mehr ganz erfüllt werden. Ohnehin sollte die Stärke der US-Konjunktur u. E. ebenso wenig fortgeschrieben werden wie die Schwäche in der Eurozone. Während das Wachstum jenseits des Atlantiks nach einem dynamischen ersten Quartal aller Voraussicht nach wieder moderater ausfallen wird, rechnen wir mit einer - wenn auch zögerlichen - Erholung der Euro-Konjunktur im Jahresverlauf.
In den kommenden Monaten dürfte es daher an den Aktienmärkten zu einem Favoritenwechsel kommen. Japanische Titel haben die positiven Effekte der ultralockeren Geldpolitik und der deutlichen Wechselkursabwertung weitestgehend abgefeiert. Es besteht sogar die Gefahr, dass der Nikkei 225 mit seinem raketenartigen Anstieg bereits zu sehr in Vorleistung getreten ist. Auch die bislang von internationalen Investoren favorisierten US-Werte haben ihre beste Phase vermutlich hinter sich. Dagegen versprechen Standardwerte aus dem Euroraum nach der laufenden Korrektur das größte Ertragspotenzial. Während US-Titel auf Basis des um zyklische Gewinnschwankungen bereinigten Kurs-Gewinn-Verhältnisses mittlerweile fast schon wieder das Durchschnittsniveau der vergangenen 30 Jahre erreicht haben, sind Euro-Aktien noch deutlich günstiger. Gleichzeitig verfügen sie über das höhere Gewinnsteigerungspotenzial. Dieses ergibt sich aus einer Verbesserung der gegenwärtig zumeist unterdurchschnittlichen Profitabilität und mittelfristig anziehenden Umsätzen. Sobald sich die Wachstumsunsicherheiten legen, dürften Euro-Titel im internationalen Vergleich die Nase vorn haben. Vor diesem Hintergrund bietet die gegenwärtige Schwächephase mittelfristig orientierten Anlegern durchaus interessante Einstiegsgelegenheiten.