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Griechenland: Die Hängepartie geht weiter

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Die Staats- und Regierungschefs der Euroländer haben am Montagmorgen nach langen und schwierigen Verhandlungen eine grundsätzliche Einigung erzielt. Danach soll ein drittes Hilfspaket für Griechenland über den Euro-Rettungsfonds ESM ausgehandelt werden. Ein Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion ist damit zumindest kurzfristig weniger wahrscheinlicher geworden, die "Hängepartie" um das Krisenland setzt sich aber fort. Die Finanzmärkte haben verhalten auf das Verhandlungsergebnis reagiert.

In der letzten Woche hatte die griechische Regierung beim europäischen Rettungsfonds ESM einen Antrag auf ein dreijähriges Hilfsprogramm mit einem Volumen von 53,5 Mrd. Euro gestellt. Im Laufe der Verhandlungen ist diese Summe nochmals deutlich auf wohl 86 Mrd. Euro ausgeweitet worden. Die Gelder dienen vor allem der Zinszahlung und Tilgung bestehender Kredite, der Bankenrekapitalisierung sowie der Schließung von Finanzierungslücken im Staatshaushalt, die sich aufgrund der erheblich verschlechterten Wirtschaftslage zuletzt deutlich vergrößert haben.

Das vereinbarte Reformpaket ähnelt dem am Wochenende zuvor in einem Referendum zur Abstimmung gestellten Programm, das allerdings von den griechischen Wählern mit der großen Mehrheit von 61 % abgelehnt worden war - was die Durchsetzung für die Regierung nicht einfacher machen wird. Die Regierung in Griechenland muss nun erste Reformgesetze bereits bis Mittwoch im Parlament beschließen lassen. Dazu gehören Ausgabenkürzungen z.B. für das Militär, Steuererhöhungen (vor allem bei der Mehrwertsteuer) sowie eine Rentenreform (insbesondere die weitgehende Abschaffung von Frühverrentungsmöglichkeiten). Strittig waren am frühen Montagmorgen noch die Beteiligung des IWF sowie der Vorschlag, als Sicherheit staatliches Vermögen im Umfang von rund 50 Mrd. Euro in einen Privatisierungsfonds einzubringen. Als Kompromiss wurde nun vereinbart, dass dieser Fonds seinen Sitz in Griechenland (und nicht in Luxemburg) haben wird. Auch der weiteren Beteiligung des IWF hat Ministerpräsident Tsipras letztlich zugestimmt.

Obwohl Teile der Regierungsparteien vor allem aus dem ultralinken Flügel der Syriza angekündigt haben, den Reformen nicht zuzustimmen, dürfte Tsipras eine Mehrheit im Parlament bekommen. Eine weitgehende Zustimmung dürfte von der reformfreundlichen neuen Partei To Potami sowie den beiden in den letzten Jahrzehnten das politische Geschehen dominierenden Parteien, der konservativen Nea Dimokratia und der sozialdemokratischen Pasok, kommen (Sitzverteilung im Parlament siehe Chart nächste Seite). Damit ist allerdings nicht auszuschließen, dass das Parteienbündnis Syriza auseinanderbricht und eine Regierungsumbildung unter Hinzunahme weiterer Parteien erfolgt. Auch wären dann in näherer Zukunft Neuwahlen wahrscheinlich - mit ungewissem Ausgang.

Um einen Kollaps der griechischen Banken zu verhindern, dürfte die EZB nach der Einigung die Notfallliquidität (Ela) erhöhen - spätestens am Mittwoch nach der Verabschiedung der Reformgesetzte im griechischen Parlament. Die Kapitalverkehrskontrollen werden allerdings wohl noch länger aufrechterhalten.

Die Verhandlungen über das neue Rettungsprogramm haben aber offiziell noch nicht begonnen. Nach der Verabschiedung der Reformgesetzte durch das griechische Parlament müssen die anderen Euroländer sowie eine Reihe von nationalen Parlamenten z.B. in Deutschland erst der Aufnahme der Verhandlungen zustimmen. So wird es im Laufe der Woche eine Sondersitzung des Deutschen Bundestages geben. Voraussichtlich gegen Ende dieser Woche können dann formal die Verhandlungen über das Rettungspaket beginnen, die mehrere Wochen oder sogar Monate andauern werden. Nach deren Abschluss muss dem Verhandlungsergebnis nochmals zugestimmt werden. Bis all dies erfolgt ist, kann ein Scheitern und damit ein Grexit weiterhin nicht völlig ausgeschlossen werden. Nicht zu vernachlässigende Risiken bestehen selbst nach der Zustimmung aller Beteiligten zum Rettungsprogramm, haben doch die Erfahrungen der letzten Jahre und vor allem der vergangenen Monate unter der Syriza-geführten Regierung gezeigt, dass eine Durchsetzung der auf dem Papier vereinbarten und in Gesetzesform verabschiedeten Maßnahmen keineswegs gesichert ist.

Für die Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des dritten Rettungsprogramms ist Griechenland neben der höheren Notfallliquidität durch die EZB auf eine Brückenfinanzierung angewiesen. Diese soll nun rasch auf der Ebene der Finanzminister ausgearbeitet werden. Damit müssten z.B. die seit 30. Juni fällige Rückzahlung des IWF-Kredits in Höhe von 1,6 Mrd. Euro sowie die im Juli und August fälligen griechischen Staatsanleihen in Höhe von 6,7 Mrd. Euro, die von der EZB gehalten werden, geleistet werden.

Szenario Hängepartie nun wieder am wahrscheinlichsten

Wir gehend davon aus, dass das griechische Parlament die Reformgesetze im Laufe der Woche beschließt und in der Folge die EZB die Banken wieder mit hinreichend Liquidität versorgt sowie die Zustimmung der anderen Euroländer für die Aufnahme der Verhandlungen über das dritte Rettungsprogramm erfolgt. Damit dürfte kurzfristig ein "Grexit" verhindert werden können. Unser Szenario "Hängepartie" gilt damit wieder als das wahrscheinlichste. Die Probleme Griechenlands sind allerdings nicht behoben, birgt doch die Umsetzung der vereinbarten Reformen in Griechenland - wie in den letzten Jahren - große Unsicherheiten. Die Diskussion über einen "Grexit" könnte daher während der dreijährigen Laufzeit des neuen Rettungsprogramms schnell wieder zurückkehren.

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