Die Woche im Überblick
- Chart der Woche
In der aktuellen Diskussion über die Aussichten für einen konjunkturellen Aufschwung in der Eurozone sollten die Erfahrungen in den USA seit 2009 nicht ganz unter den Tisch fallen. Trotz strukturellem Gegenwind (Finanzkrise, Schuldenabbau und seit 2011 restriktivere Fiskalpolitik) hat sich dort die private Nachfrage nach den "big-ticket items" Auto und Wohnung recht solide entwickelt. Der starke Einbruch in der Rezession machte bei beiden Kategorien eine spürbare Erholung wahrscheinlich, fraglich war nur deren Timing. Während die Autonachfrage wie von uns erwartet bereits 2009/2010 wieder anzog, dauerte die Gegenbewegung bei den Hauskäufen etwas länger. Wenn man von den Schwankungen absieht, die durch steuerliche Anreize verursacht wurden, hat sich der Wohnungsmarkt erst 2011 belebt, kam dann aber mit mehr Schwung als erwartet. Im November 2013 verzeichneten die abgesetzten Autostückzahlen nun ihren höchsten Stand seit 2007. Die in der Berichtswoche anstehenden Einzelhandelsumsätze werden diese Entwicklung reflektieren und entsprechend ein deutliches Plus gegenüber dem Vormonat ausweisen.
- Wochen-Quartals-Tangente
Die Nervosität an den Finanzmärkten hat zuletzt wieder zugenommen. Im Zentrum der Unsicherheit steht erneut die Frage, wann die US-Notenbank ihre Anleihekäufe einschränkt. Der Anstieg des US-Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe auf 57,3 und die Revision des USBIP im dritten Quartal auf annualisiert 3,6 % signalisieren eine überraschend dynamische Konjunktur zum Jahresende. Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen legte daraufhin im Wochenvergleich um 13 Basispunkte auf 2,87 % zu. In deren Schlepptau kletterte die Rendite von Bunds auf 1,86 %. Der Bund-Future ist zeitweilig unter die psychologisch wichtige Marke von 140,00 Punkten gefallen und verlor im Wochenvergleich 1,1 % an Wert. Einen gewissen Anteil daran hatte auch der EZB-Rat. Er fasste diesmal keine neuen Beschlüsse, was offenbar nicht ganz den Erwartungen entsprach. Nach dem überaschenden Coup vor einem Monat konnten sich offenbar viele Anleger weitere flankierende Maßnahmen vorstellen.
Einen empfindlichen Rückschlag mussten auch die Aktienmärkte einstecken. Nachdem der DAX zu Monatsbeginn mit über 9.400 Punkten ein neues historisches Hoch markierte, ging es in den letzten Tagen spürbar nach unten (S. 4). Neben enttäuschenden US-Vorgaben von den USAktienmärkten dürfte auch der jüngste Anstieg des US-Dollar-Kurses auf über 1,36 Euro (S. 5) zum Kurseinbruch beigetragen haben. Insgesamt ist der handelsgewichtete Außenwert des Euro seit Mitte letzten Jahres um mehr als 12 % gestiegen - angesichts der immer noch schwierigen konjunkturellen Situation im Euroraum eine nicht unerhebliche Bürde.
Die Berichtswoche bietet nicht viele Highlights. Hinweise auf den Zustand des Verarbeitenden Gewerbes in Europa geben die Produktionsdaten aus Deutschland und der Eurozone. Hier ist nach dem Rückgang im September mit einem moderaten Anstieg zu Beginn des vierten Quartals zu rechnen. In den USA stehen die Einzelhandelsumsätze im Fokus. Zumindest die Gesamtrate mit Pkw-Verkäufen könnte hier besser als erwartet ausfallen (S. 1), so dass die Spekulationen, die um die letzte FOMC-Sitzung in diesem Jahr am 17./18. Dezember kreisen, sicher nicht abebben. Für Kursbewegungen könnten auch einige Vorträge von Fed-Mitgliedern sorgen.
Im Fokus
- Aktien: Kursgipfel in Sicht
Den Kursgipfel in Sicht werden die Beine offensichtlich etwas schwerer, zumal die Luft inzwischen sehr dünn geworden ist. Alle Indizien, die auf einen Einstieg der Fed in den Ausstieg aus dem Kaufprogramm hindeuten, werden daher zur Belastung.
In den vergangenen Wochen kannten Aktien nur eine Richtung: Steil nach oben. Die führenden Aktienindizes waren technisch überhitzt. Die Stimmung unter den Marktteilnehmern drohte überzukochen. In den USA stieg der Nettooptimismus - die Differenz zwischen Aktienbullen und Aktienbären - auf den höchsten Wert in der seit 2009 laufenden Hausse. Auch hierzulande erreichte die Stimmung alte Höchstwerte. Jetzt hat sie einen ersten Dämpfer bekommen. Besser als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten haben die Frage nach dem Beginn des sogenannten "Tapering" - der allmählichen Reduzierung des Anleihenkaufprogramms der US-Notenbank - wieder ganz oben auf die Agenda gebracht. Da gerade der letzte Ast der Aktienrally kaum noch fundamental unterstützt, sondern in erster Linie liquiditätsgetrieben war, ist eine erhöhte Korrekturanfälligkeit des Marktes gegeben. Dies gilt umso mehr, da in den USA das Volumen an kreditfinanzierten Wertpapierkäufen in den vergangenen Monaten immer neue Rekordwerte erreichte.
Dass sich die jüngste Konsolidierung zu einer deutlichen Korrektur auswächst, ist gleichwohl nicht zu erwarten. Schließlich ist der Dezember als einer der saisonal besten Monate bekannt. Gerade in Jahren mit überdurchschnittlicher Aktienmarktperformance wie in diesem Jahr hält sich die Abgabebereitschaft der Anleger erfahrungsgemäß in Grenzen. Solange das Szenario einer Konjunkturerholung nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, dürften Kursschwächen von den Marktteilnehmern eher zum Ausbau von Aktienpositionen genutzt werden. Große Sprünge sind dabei allerdings nicht zu erwarten. Schließlich ist das Gros der Marktteilnehmer inzwischen in Aktien übergewichtet.
Im Übrigen ist die Aktienhausse inzwischen weit vorangeschritten. Verglichen mit früheren Zyklen ist der Kursanstieg der führenden Aktienindizes mittlerweile überdurchschnittlich stark. Auch die Bewertungssituation lässt nur noch wenig Luft nach oben. So hat der DAX gemessen am Kurs- Gewinn-Verhältnis auf Basis der Konsensschätzungen für die kommenden 12 Monate inzwischen fast schon den oberen Rand des Bewertungsbandes der vergangenen 10 Jahre erreicht. Raum für weitere nachhaltige Kursanstiege ergäbe sich somit nur noch, wenn die Unternehmensgewinne deutlich stärker ausfielen als bislang erwartet. Da bei den Schätzungen für die Unternehmensgewinne der kommenden 12 Monate trotz steigender Frühindikatoren noch immer die Abwärtsrevisionen überwiegen, zeichnet sich dies derzeit nicht ab. Das Chance-Risiko-Verhältnis spricht somit nicht mehr für größere Aktienengagements.
- Devisen: Schleichender Währungskrieg
Während sich der US-Dollar und insbesondere der Euro 2013 als recht stark erweisen, geben viele andere Währungen auch mit Hilfe der Politik nach - nicht zur Freude der EZB.
Das Thema "Währungskrieg" ist aus der Öffentlichkeit verschwunden, obwohl es Anfang des Jahres noch die Schlagzeilen am Devisenmarkt beherrschte. Der brasilianische Finanzminister Mantega brachte 2010 diesen Begriff in die Welt und zielte damit auf die expansive US-Geldpolitik ab, die eine Überbewertung der brasilianischen und anderer Währungen zur Folge hatte. Mittlerweile fürchtet die Regierung eher eine restriktivere US-Geldpolitik, da diese mit Kapitalabflüssen aus Brasilien und so mit einer zu schwachen Währung einhergeht. Anfang 2013 stand Japan im Kreuzfeuer. Eine deutlich expansivere Geldpolitik der Bank of Japan schwächte den Yen, was nicht ganz unbeabsichtigt war. Während die japanische Währung noch im Herbst letzten Jahres als überbewertet galt, erscheint der Yen mittlerweile gegenüber dem US-Dollar und insbesondere dem Euro als zu günstig.
Auch anderen Ländern könnte man allmählich Währungsmanipulationen vorwerfen. So führte die tschechische Notenbank einen Mindestkurs von 27 Kronen je Euro ein. Solch ein Kursniveau war zuletzt während der Finanzkrise 2009 zu verzeichnen. Der tschechische Mindestkurs unterscheidet sich von seinem Schweizer Pendant, da der Franken gegenüber dem Euro noch als teuer anzusehen ist. Der australische Notenbankchef redete über mögliche Devisenmarktinterventionen, obwohl der Australische Dollar in diesem Jahr bereits deutlich nachgegeben hatte. In Kanada schürte die Notenbank die Diskussion um Zinssenkungen. Die norwegische Zentralbank verschob in ihrer Projektion die erste Zinsanhebung weit ins Jahr 2015. In einem rezessiven Umfeld wären solche Maßnahmen nachzuvollziehen, jedoch sieht das konjunkturelle Bild recht solide aus. Die Inflationsentwicklung rechtfertigt diese expansive Politik ebenfalls kaum. So dürfte der Versuch, über Währungsabwertungen Vorteile im Außenhandel zu generieren, ein nicht unwesentliches Motiv sein, zumal das Argument von überbewerteten Währungen immer weniger zutrifft. Übrigens ist in Japan trotz der Yen-Abwertung das Handelsbilanzdefizit 2013 merklich angeschwollen.
Der Euro hingegen scheint der "Verlierer" im Währungskrieg zu sein, denn die Gemeinschaftswährung erweist sich trotz der EZB-Zinssenkungen in diesem Jahr - abgesehen vom Israelischen Schekel - als der Gewinner am Devisenmarkt. Kaum verzichtet die Notenbank wie in dieser Woche auf neue Maßnahmen, neigt der Euro erneut zur Stärke. Die EZB dürfte sich allerdings mit Blick auf 2014 neue expansive Instrumente einfallen lassen, denn die Währungsstärke schmeckt der Notenbank nicht. Wenn die US-Notenbank, der vermeintliche Urheber des Währungskrieges, das Kriegsbeil begräbt - also ihr Wertpapierkaufprogramm allmählich herunterfährt - , dann wird der Euro vermutlich endlich an Wert verlieren. Ob eine schwächere Währung aber tatsächlich die erhofften konjunkturellen Impulse gibt, dies könnten sich einige Notenbanker in der Welt jedoch ebenfalls einmal fragen.