Konzentrieren wir uns einmal auf die positiven Aspekte am europäischen Immobilienmarkt: Die Transaktionsvolumina haben ein respektables Niveau erreicht, das auch 2012 gehalten werden dürfte (S. 2). Investoren bevorzugen im unsicheren Zeiten auch bei Immobilien stabile Märkte - und finden sie sogar in Zentraleuropa (S. 3). Und der deutsche Wirtschaftsbau blickt auf ein Rekordjahr zurück (S. 4).
1. Auf einen Blick
Informationen über die Wertentwicklung direkt gehaltener Immobilien liegen meist erst mit größerer zeitlicher Verzögerung vor. Für die Mehrzahl der Länder, für die solche Daten erhoben werden, steht die Veröffentlichung der Ergebnisse für das Vorjahr erst im März oder April an. Ausnahmen sind die USA und Großbritannien, für die es auch unterjährige Informationen gibt. Danach ist die Gesamtrendite britischer Gewerbeimmobilien Ende 2011 deutlich auf nur noch 8 % gesunken. In den USA, die im aktuellen Zyklus Großbritannien etwa ein Jahr nachlaufen, wurden für das Schlussquartal noch 14,3 % gemeldet. Für das laufende Jahr sind angesichts des schwächeren gesamtwirtschaftlichen Umfeldes bei britischen Immobilien im Schnitt keine weiteren Wertsteigerungen mehr zu erwarten, so dass die Gesamtrendite nur 5-6 % erreichen dürfte. Für US-Immobilien rechnen wir mit einer auf etwa 8-9 % zurückgehenden Performance.
2. Ausgewählte Immobilienanalysen
2.1 Stabile Umsätze am europäischen Investmentmarkt
Die Investmentumsätze am gewerblichen Immobilienmarkt in Europa sind im vergangenen Jahr um knapp ein Zehntel auf rund 110 Mrd. Euro gestiegen. Für das laufende Jahr sind Transaktionsvolumina in ähnlicher Größenordnung zu erwarten.
Die europäischen Immobilienmärkte bleiben 2012 im Fokus der Investoren. Der Schwerpunkt der Transaktionen wird weiterhin auf Core-Immobilien und auf den stabileren Märkten liegen. Im Jahresverlauf dürfte jedoch - insbesondere vor dem Hintergrund einer fortschreitenden Entspannung der europäischen Staatsschuldenkrise - der Risikoappetit der Immobilienanleger zunehmen. Dies sollte Transaktionen auch in Standorten erleichtern, die im zurückliegenden Jahr noch gemieden wurden. So könnte sich die Situation in Spanien und Italien festigen. Auch wenn hier noch kein spürbarer Anstieg der Investmentumsätze zu erwarten ist, so sollte vom gegenwärtigen sehr niedrigen Niveau auf die gesamten europäischen Umsätze kein weiterer negativer Impuls mehr ausgehen.
Die Aktivitäten am europäischen Investmentmarkt werden auch 2012 einerseits vom Anlagedruck eigenkapitalkräftiger Investoren gespeist, die den Immobilienanteil in ihrem Portfolio erhöhen möchten. Andererseits sorgen genügend verkaufswillige Immobilieneigner - beispielsweise unter dem Druck anstehender Refinanzierungen - für ein ausreichendes Angebot. Dass die Bäume am Investmentmarkt nicht wie in den Jahren 2005 bis 2007 in den Himmel wachsen, dafür wird vor allem die restriktivere Kreditvergabe der Banken sorgen. Dies bestätigt der jüngste Bank Lending Survey der Europäischen Zentralbank - allerdings mit einer wichtigen Ausnahme: Deutschland.
2.2 Attraktive Büromärkte Warschau und Prag
In führenden Bürozentren Zentraleuropas sind die Leerstände 2011gesunken, während sich die Büromieten unterschiedlich entwickelt haben. In diesem Jahr sollte sich die Erholung in Warschau verlangsamt fortsetzen, während in Prag eine Seitwärtsbewegung zu erwarten ist. Dagegen liegt die ungarische Hauptstadt im Büromarktzyklus weiter zurück.
Die gewerblichen Immobilienmärkte in Zentraleuropa blicken auf ein positives Jahr 2011 zurück. Sowohl von den Investment- als auch von den Vermietungsmärkten wurden steigende Umsätze gemeldet. Am Büromarkt Warschau wurde bei den Vermietungsumsätzen das hohe Vorjahresergebnis noch übertroffen. In Prag kam es im Gegensatz zum Vorjahr zu einer merklichen Nettoabsorption von Büroflächen, und selbst in Budapest konnten trotz des schwierigeren wirtschaftlichen Umfeldes Verbesserungen erzielt werden. Die positive Entwicklung in Warschau wurde von einem niedrigen Fertigstellungsvolumen unterstützt. Hier dürfte 2011 den Tiefstand im aktuellen Neubauzyklus markiert haben, in Prag wurde dieser bereits ein Jahr zuvor erreicht. Für beide Standorte erwarten wir 2012 steigende Fertigstellungszahlen, in Budapest wird die Bautätigkeit dagegen nochmals deutlich zurückgehen. Der Zuwachs dürfte in Prag bei einem Zehntel liegen, in Warschau ist - allerdings von sehr niedrigem Niveau - sogar eine Verdoppelung wahrscheinlich. Dies sollte jedoch angesichts der stabilen Verfassung dieses Marktes problemlos zu absorbieren sein.
Das recht geringe Angebot an hochwertigen Büroflächen und die anziehende Nachfrage haben in Warschau 2011 zu einem kräftigen Anstieg der Büromieten geführt. Dies muss aber vor dem Hintergrund der vorangegangenen besonders kräftigen Korrektur gesehen werden. In Prag waren im vergangenen Jahr in guten Lagen nur geringfügig höhere Büromieten durchzusetzen, während in Budapest inzwischen zumindest die Tiefstände erreicht sein dürften. Für 2012 sind in Warschau weiter anziehende Büromieten zu erwarten, wobei sich der Anstieg angesichts des zunehmenden Angebots und eines schwächeren Wirtschaftswachstums verlangsamen wird. Für Prag und Budapest rechnen wir bei erstklassigen Büroflächen mit einem weitgehend stabilen Mietniveau.
Die Büroleerstandsquote lag in Warschau Ende 2011 mit rund 7 % auf einem im europäischen Vergleich niedrigen Niveau, von dem im laufenden Jahr ein geringer weiterer Rückgang möglich sein sollte. Mit rund 12 % stand in Prag zuletzt ein deutlich höherer Anteil an Büroflächen leer, mit leicht sinkender Tendenz. In Budapest war der Büroleerstand in den Vorjahren infolge der schwächeren gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und eines überdurchschnittlichen Flächenzuwachses besonders kräftig gestiegen. Aber auch hier kommt es inzwischen zur Nettoabsorption von Büroflächen, so dass die Leerstandsrate unter die 20 %-Marke gesunken ist.
2.3 Deutscher Wirtschaftsbau im Aufwind
Nach dem Schub im vergangenen Jahr wird der deutsche Gewerbebau 2012 moderater zulegen. Auf mittlere Sicht geht es weiter aufwärts.
2011 ist der deutsche Wirtschaftsbau dynamisch gewachsen. Während die gesamten Bauinvestitionen um real 5,8 % zunahmen, stieg die gewerbliche Bautätigkeit sogar um knapp 7 %. Dies war die höchste Rate seit 1992, als die Unternehmen im Zuge der Deutschen Einheit massiv investierten. Auch für dieses Jahr ist Optimismus angesagt, wenngleich die Dynamik abnehmen wird. So sind die Auftragseingänge im gewerblichen Bereich 2011 um nominal knapp 13 % gestiegen. Auch die Genehmigungen legten insgesamt um rund 10 % zu. Die Dynamik geht vor allem von den Fabrik- und Werkstattgebäuden (+37 %) sowie den Büro- und Verwaltungsgebäuden (+ 29 %) aus. Im aktuell unsicheren Umfeld ist allerdings fraglich, ob alle diese Genehmigungen tatsächlich umgesetzt werden.
Die Investitionstätigkeit der Unternehmen wird sich 2012 abschwächen. So sinkt die Kapazitätsauslastung der Industrie. Sie liegt aber immer noch über dem langjährigen Durchschnitt. Die Ertragslage der Unternehmen ist robust und die Finanzierungsbedingungen sind auch aufgrund niedriger Kapitalmarktzinsen positiv. Die Industrieauftragseingänge waren zuletzt tendenziell rückläufig. Im weiteren Jahresverlauf dürften jedoch Impulse aus den Schwellenländern und zunehmend aus den USA für eine Trendwende sorgen. Auch die Dienstleister sind zuletzt wieder optimistischer geworden. So liegt der Einkaufsmanagerindex zurzeit deutlich über der Stagnationsmarke von 50 Punkten. In diesem Umfeld dürften die Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland 2012 vom hohen Vorjahresniveau um rund 4 % steigen. Auch die Investitionsaufträge an das Baugewerbe werden zunehmen. Allerdings hat sich der Zusammenhang zwischen Ausrüstungen und Bautätigkeit in den letzten beiden Dekaden deutlich gelockert. Viele Ausrüstungsinvestitionen erfordern heute keine neuen Gebäude mehr. Häufig werden nur geringe bauliche Veränderungen an bereits bestehenden Gebäuden vorgenommen. Bei im Jahresverlauf wieder anziehendem Wirtschaftswachstum sollten die gewerblichen Bauinvestitionen 2012 um etwa 1,5 % zulegen und im nächsten Jahr um 3 %.
Auf mittlere Sicht dürfte in Deutschland wieder mehr in den Gewerbebau investiert werden. Bereits in den vergangenen Jahren ist der Anteil der gewerblichen Bauinvestitionen am BIP auf zuletzt 3 % gestiegen, 2005 lag dieser Wert noch bei 2,6 %. Die zunehmende Attraktivität des Standortes Deutschland und der notwendige Aus- bzw. Umbau der Strominfrastruktur sollten in den nächsten Jahren für positive Impulse sorgen.