Inflation: größte Angst der Deutschen
Inflation ist die größte Angst der Deutschen. Bei einer Teuerungsrate von derzeit 2 Prozent scheint dies zwar eher überraschend. Jedoch ist die gemessene Verbraucherpreisentwicklung für die Einschätzung der Deutschen weitgehend irrelevant. So zeigen Langzeitstudien, dass steigende Lebenshaltungskosten in den letzten 21 Jahren die meistgenannte Angst der Deutschen war. Nur in einem Jahr schaffte sie es nicht unter die Top 3. In dem gesamten Zeitraum belief sich die Inflationsrate im Durchschnitt jedoch nur auf 1,9 Prozent. Sind die Deutschen also notorische Inflationsangsthasen?
Umverteilung von Gläubigern zu Schuldnern
In gewisser Hinsicht schon. Dazu trägt vornehmlich die Erfahrung mit der Hyperinflation in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts bei. Aber auch bei vergleichsweise niedrigen Teuerungsraten gibt es Verlierer. So kommt es unter anderem zu einer Umverteilung von Gläubigern zu Schuldnern. Dieser Effekt ist umso größer, je niedriger die Realzinsen sind. Der Sparer erhält im Extremfall für seine Anlagen nicht einmal einen Inflationsausgleich. Der Schuldner profitiert dagegen von sehr niedrigen Kreditzinsen.
Negative Realzinsen in Deutschland
Genau das ist derzeit in Deutschland der Fall: Die realen Zinsen für Sparer sind negativ. Hypothekenkredite gibt es für unter drei Prozent. Ursächlich dafür sind das von der Europäischen Zentralbank vorgegebene niedrige Leitzinsniveau sowie die europäische Staatsschuldenkrise. Investoren sind auf der Suche nach relativ sicheren Anlagen. Davon profitiert derzeit der deutsche Staat. Er muss für 10jährige Laufzeiten nur noch eine Rendite von rund 1,5 Prozent bieten.
Rückgang der Sparquote
Bei negativen Realzinsen geht der Anreiz zu sparen verloren. Scheinbar folgerichtig ist die Sparquote seit 2008 von knapp 12 Prozent bis auf rund 10,5 Prozent zurückgegangen. Sicherlich ist dies noch nicht beängstigend. Bei einem fortgesetzten Rückgang kann es jedoch zu beachtlichen volkswirtschaftlichen Verzerrungen kommen. So sei daran erinnert, dass die US-Bürger ihre Sparquote seit den 80er Jahren sukzessive zurückgeführt haben. Auf dem Höhepunkt des Immobilienbooms im Jahre 2005 wurde ein Minimalwert von 1,3 Prozent erreicht. Viele Amerikaner vertrauten darauf, ihren Konsum über steigende Vermögenszuwächse finanzieren zu können. Das böse Erwachen kam mit dem Platzen der Immobilienblase.
Anreize können Fehlentwicklungen bewirken
Von derartigen Auswüchsen sind wir in Deutschland derzeit zwar noch weit entfernt. Gleichwohl gibt es auch hier Anreize, sich stärker zu verschulden - nicht zuletzt, um in Immobilien zu investieren. So ist die Nachfrage nach dem sogenannten Betongold in den letzten Jahren signifikant gewachsen. Zwar mögen der Rückgang der Sparquote und die verstärkte Nachfrage nach Immobilien bei negativen Realzinsen auf den ersten Blick ökonomisch rational sein. Was ist aber, wenn die Staatsschuldenkrise in den nächsten Jahren abebbt und die Zinsen in Deutschland wieder auf ein normales Niveau zurückkehren?
Risiken bei Normalisierung der Zinsen
Dann würde die Refinanzierung der Hypothekenkredite für Viele zu einem unüberwindbaren Hindernis werden. Setzt sich bis dahin der Rückgang der Sparquote fort, wären keine Reserven mehr vorhanden, um steigende Zinsbelastungen zu schultern. Die Risiken würden noch verstärkt, wenn sich in Deutschland, so wie in den USA, auf dem Wohnimmobilienmarkt eine Blase bildete. Sollte sich der Preisanstieg bei Immobilien fortsetzen, ist eine Überhitzung in Teilmärkten nicht auszuschließen. Dann würde die Flucht in die vermeintlich sichere Anlageform Immobilie zu einer Falle werden. Daher sollte auch bei einem Immobilienkauf eine nüchterne Analyse der Ertragserwartungen im Vordergrund stehen. Dies fällt vielen Käufern im gegenwärtigen, von Inflationsangst geprägten Umfeld augenscheinlich schwer.
Schließen der Versorgungslücke notwendig
Nicht zuletzt angesichts der demographischen Entwicklung geht zur Schließung der Versorgungslücke kein Weg an einem langfristigen Kapitalaufbau vorbei. Dieser sollte sich jedoch nicht nur auf Immobilien beschränken, sondern den Grundprinzipien einer ausgewogenen Vermögensverteilung genügen. Dabei sollten auch Aktien eine angemessene Rolle spielen. So wie Immobilien sind sie eine Sachinvestition. Im Gegensatz dazu ist bei Aktien aber bereits bei einem kleinen Vermögen eine breite Streuung möglich. Zwar schwanken Aktien in Zeitablauf relativ stark, allerdings ist ihre Rendite dafür langfristig höher. Daher bieten Aktien eine Möglichkeit, den negativen Realzinsen aus dem Weg zu gehen.