- Dank der Hilfen von der EZB und den expansiven Maßnahmen der Federal Reserve steigt der Euro-Dollar-Kurs massiv. Dieser Kursanstieg dürfte sich fortsetzen, da die Probleme in der Währungsunion weniger akut erscheinen, hingegen die USA kritischer betrachtet werden.
- Mit dem Beschluss unlimitierter Anleihekäufe verändert die EZB die Spielregeln am Euro-Rentenmarkt und forciert den Gang in eine Haftungsunion. Die Kursrisiken deutscher Anleihen bleiben hoch.
- Geldpolitik und Bundesverfassungsgericht haben geliefert. Mit der Deeskalation der Euro-Staatsschuldenkrise steigen die Risikotoleranz und damit die Nachfrage nach Aktien. Eine Wende bei den Frühindikatoren ist nun aber dringend geboten.
Devisen: Totgesagte leben länger
Die Notenbanker auf beiden Seiten des Atlantiks feuern aus allen Rohren. Dabei zeichnet sich ein klarer Sieger ab: der Euro. Der Euro-Dollar-Kurs sprang zeitweise sogar über 1,31, nachdem er noch vor weniger als zwei Monaten nur knapp über 1,20 notierte. Die Aussichten auf Anleihekäufe seitens der EZB haben die Risikoprämien insbesondere für spanische und italienische Papiere gedrückt. Die Gefahr eines Zerfalls der Währungsunion scheint damit zunächst gebannt. Das neue Kaufprogramm der Federal Reserve hingegen schwächt tendenziell den US-Dollar.
In den USA wächst die Wirtschaft moderat. Der Bausektor belebt sich, der private Konsum steigerte sich zuletzt. Die Stimmung bei den Unternehmen hingegen hat sich eingetrübt, ihre Investitionen flauen ab. Auch nimmt die Beschäftigung nur schleppend zu. Die US-Notenbank ist mit dem Wachstum insgesamt unzufrieden und versucht mittels quantitativer Maßnahmen Impulse zu setzen. Sie wird hypothekenbesicherte Anleihen (MBS) im Wert von 40 Mrd. US-Dollar pro Monat ankaufen. Im Gegensatz zu früheren Programmen ist das jetzige zeitlich nicht limitiert. Die Fed behält sich weitere Schritte vor, sollte sich wirtschaftliche Lage nicht verbessern. Die Bereitschaft der US-Notenbank, trotz der keineswegs schlechten Konjunkturlage in den USA aktiv zu werden, mahnt zur Vorsicht gegenüber dem Greenback. Im Zuge der vergangenen Kaufprogramme wertete der US-Dollar allgemein ab. Zudem könnte vor den anstehenden Präsidentschaftswahlen der Blick verstärkt auf das hohe US-Haushaltsdefizit fallen bzw. die "fiskale Klippe" (Auslaufen von Steuersenkungen und automatische Ausgabenkürzungen) zum Jahreswechsel den Greenback belasten.
Während die Fed bewusst ihre Geldbasis ausweitet, versucht die EZB die im Rahmen ihrer Anleihekäufe geschöpfte Liquidität zu sterilisieren, d.h. über Gegengeschäfte wieder einzusammeln. Damit würde sich die Euro-Geldbasis nicht verändern, wenngleich es unsicher ist, ob dies der EZB gelingt. Wichtiger für den Euro ist im derzeitigen Umfeld ohnehin, dass die Sorgen um die Währungsunion weiter zurückgehen. Die EZB-Handlungen kaufen den Peripherie-Ländern vor allem Zeit. Diese Staaten müssen ihre Reform- und Sparmaßnahmen trotzdem fortsetzen, wenn sie nicht irgendwann vor den gleichen Problemen stehen wollen. So gibt es in den Krisenstaaten insgesamt Fortschritte bezüglich der Haushaltssanierung und auch die Leistungsbilanzdefizite sinken. Die Ziele sind aber noch nicht erreicht, so dass eine tragfähige Lösung der Euro-Schuldenkrise noch nicht gewährleistet ist. Außerdem bergen die EZB-Käufe langfristige Inflationsrisiken. In den nächsten Monaten dürfte die Euro-Erholung aber andauern, zumal der US-Dollar zur Schwäche neigt. Spekulativ orientierte Investoren decken zurzeit ihre sehr hohen Euro-Verkaufspositionen ein, weshalb der Euro recht zügig aufwertet. Diese Entwicklung hält vermutlich noch an, so dass der Euro-Dollar-Kurs auf 1,35 oder sogar bis 1,40 klettern könnte. Auch gegenüber dem Britischen Pfund und Japanischem Yen dürfte sich der Euro erholen. Sogar der Euro-Franken-Kurs zeigt Lebenszeichen und könnte noch weiter ansteigen.
Renten: EZB erzwingt Renditeanpassung im Euroraum
Mit dem Beschluss unbegrenzter Anleihekäufe verändert die EZB die Spielregeln am Euro-Rentenmarkt. Nachdem sich die Anleger nicht mehr in Staatspapiere der Krisenländer trauten, wird nun die EZB den hohen Refinanzierungsbedarf sichern. Wie groß der Einsatz der Notenbank letztlich sein wird ist jedoch offen. So könnten im Windschatten der Notenbank risikofreudigere Investoren durchaus wieder Engagement zeigen, immerhin locken relativ üppige Renditen. Erste Erfolge zeigen sich bereits. Die Rendite zehnjähriger spanischer Staatsanleihen ist seit Mitte Juli um zwei, die von italienischen Staatspapieren um eineinhalb Prozentpunkte gesunken. Der massive Einsatz der EZB sichert einerseits den Fortbestand der Währungsgemeinschaft. Die EZB macht damit andererseits einen weiteren Schritt in Richtung Haftungsunion. Die Entwicklung zu einer Quasi-Schuldengemeinschaft hat auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt, das letztendlich jedoch grünes Licht für den Euro-Rettungsschirm gegeben hat. Bedingung ist jedoch, dass die Haftungsgrenze von 190 Mrd. Euro nur mit Zustimmung des Bundestages überschritten werden kann.
Der "Doppelschlag" hat zu einem spürbaren Kursrückgang bei deutschen Renten geführt: Die Rendite zehnjähriger Bunds ist in den letzten acht Wochen um rund einen halben Prozentpunkt gestiegen: Eine weitere Zinssenkung ist vorerst nicht in Sicht, der sichere Hafen-Status verliert an Bedeutung und die langfristigen Inflationserwartungen werden vermutlich weiter zunehmen. Die Teuerungsentwicklung im Euroraum verharrte zuletzt auf einem erhöhten Niveau. Im August stieg die Inflationsrate auf 2,6 % an und nistet sich damit über der psychologisch wichtigen 2 %-Marke seit nunmehr 20 Monaten ein. Was den Inflationsausblick angeht, sind die Verbraucher im Euroraum nicht nur wegen der gestiegenen Benzinpreise skeptisch. Von einer breiten Entspannung an der Inflationsfront, wie es sich die EZB wünscht, kann bislang keine Rede sein. Wenn sich dann noch die Konjunkturzahlen im Euroraum verbessern, was nach den zahlreichen schwachen Daten insbesondere aus Südeuropa u. E. durchaus möglich ist, so könnte die Inflationsskepsis der Anleger ein kritisches Niveau erreichen.
Mit dem monatlichen Erwerb besicherter Anleihen im Umfang von 40 Mrd. US-Dollar und der Ankündigung, den Leitzins bis Sommer 2015 nicht zu verändern, verstärkt die US-Notenbank ihren Einfluss auf den amerikanischen Anleihemarkt und stützt indirekt auch US-Staatsanleihen. Der Anlagenotstand vieler Investoren und Kapitalsammelstellen wird dadurch noch größer. Das Thema "Financial Repression", der Schuldenabbau auf den Schultern der Sparer, gewinnt weiter an Brisanz. Die Geldpolitik in den USA aber auch in Europa hat zuletzt immer extremere Formen angenommen. Ein zyklisches Auf und Ab wird es in diesem Niedrigzinsumfeld zwar weiterhin geben, die Renditeausschläge dürften jedoch geringer als in der Vergangenheit ausfallen. Die Perspektiven für deutsche Renten sind gleichwohl nicht besonders rosig.
Aktien: Erleichterungsrally
Der September wird seinem Ruf als Angstmonat zumindest bislang nicht gerecht. Mögliche Stolpersteine, die bei vielen Anlegern noch für Zurückhaltung gesorgt hatten, wurden zuletzt aus dem Weg geräumt: Die EZB hat ihre Pläne für ein unbegrenztes Ankaufprogramm von Staatsanleihen aus Euro-Problemländern konkretisiert. Das Bundesverfassungsgericht gab grünes Licht für den ESM. Damit ist die akute Gefahr eines von vielen Marktteilnehmern befürchteten Auseinanderbrechens der Währungsunion erst einmal gebannt. Zudem sorgt auch die US-Notenbank mit einer neuerlichen Runde quantitativer Lockerungsmaßnahmen (QE 3) für zusätzliche Liquiditätsimpulse. An den Aktienmärkten wurde all dies mit großer Erleichterung aufgenommen. Die international führenden Indizes konnten im September zwischen rund 4 % (USA) und knapp 10 % (Italien, Spanien) zulegen und damit zum Teil wichtige technische Widerstände überwinden. Stehen damit alle Börsenampeln auf Grün?
Betrachtet man die wichtigsten Aktienmarktdeterminanten, zeigt sich nach den jüngsten Entwicklungen ein per Saldo leicht positives, wenn auch noch gemischtes Bild: Die Geldpolitik hat geliefert. Mit den Plänen der EZB, Euro-Staatsanleihen anzukaufen, bilden sich die Sorgen um die Stabilität des Finanzsystems zurück. Dies wirkt sich positiv auf die Risikotoleranz der Marktteilnehmer aus. Anleger schichten Safe Haven-Gelder in Aktien um. Angesichts insgesamt verhaltener Aktienquoten könnte sich dieser Prozess durchaus noch fortsetzen. Zu gewisser Vorsicht mit Blick auf die kurzfristige Kursentwicklung mahnt aber die inzwischen wieder sehr niedrige implizite Aktienvolatilität, die in den USA mit 14 % zuletzt den unteren Rand der seit Ausbruch der Finanzkrise bestehenden Spanne erreicht hat. Bislang setzten in diesem Bereich häufig Gewinnmitnahmen ein. Die moderate Bewertung von Dividendentiteln bietet jedoch eine fundamentale Stütze für die Notierungen. Bislang fehlt allerdings eine Wachstumsperspektive: Die meisten der weltweit wichtigsten Frühindikatoren tendieren noch Richtung Süden, auch wenn die Abwärtsdynamik inzwischen nachlässt. Ähnliches gilt für die Gewinnschätzungen für das laufende und das kommende Geschäftsjahr, die per Saldo noch nach unten korrigiert werden.
Aufgrund der sich abzeichnenden Deeskalation der Euro-Staatsschuldenkrise und zusätzlicher expansiver Maßnahmen auch durch die US-Notenbank besteht unseres Erachtens noch moderates Kurspotenzial bei Aktien. Der größte Teil der Erleichterungsrally dürfte bereits absolviert sein. Für eine weitere dynamische Erholungswelle an den Aktienmärkten ist es notwendig, dass sowohl die konjunkturellen Frühindikatoren als auch die Gewinnerwartungen bald eine klare Wende zum Positiven verzeichnen. Andernfalls droht eine Kurskorrektur an den Aktienmärkten. Angesichts der noch fragil wirkenden Konjunkturperspektiven empfiehlt es sich gegenwärtig nicht, sich bei Aktien zu exponieren.