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Landesbank Hessen-Thüringen

Kommunalhaushalte in Hessen

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
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1 Land Hessen als Partner der Kommunen
1.1 Rechtliche Rahmenbedingungen


Staatsrechtlich sind Städte und Gemeinden grundsätzlich als Teil der Länder zu betrachten, auch wenn sie im Grundgesetz (GG) zum Teil eigenständig erwähnt werden. Sie unterliegen der rechtlichen Aufsicht des jeweiligen Bundeslandes und haben damit zu ihnen ein besonders enges Verhältnis, das sich auch auf die Finanzierung der Kommunalhaushalte erstreckt.1 Zudem leitet sich aus dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden, das in Artikel 28 (2) GG und in Artikel 137 (1) der Hessischen Verfassung (HV) verankert ist, ab, dass eigenverantwortliches Handeln der Gemeinden erst durch ihre finanzielle Leistungsfähigkeit ermöglicht wird. Die Hessische Verfassung verpflichtet sich sogar sehr konkret in Art. 137 (5): "Der Staat hat den Gemeinden und Gemeindeverbänden die zur Durchführung ihrer eigenen und der übertragenen Aufgaben erforderlichen Geldmittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern." Somit kommt dem Land eine finanzielle "Fürsorgepflicht" zu. Das wirtschaftliche und das finanzielle Potential Hessens rücken damit als Absicherung für die Gemeindefinanzierung in den Vordergrund.

1.2 Wie ist es um die wirtschaftliche Lage in Hessen bestellt?

Hessen ist ein wirtschaftsstarkes Bundesland, in dem 8,7 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaftet werden - bei einem Bevölkerungsanteil von 7,4 %. Damit weist Hessen ein Pro-Kopf-BIP auf, das 17 % über dem Bundesdurchschnitt liegt. Auch in puncto Produktivität, also BIP je Erwerbstätigen, liegt Hessen im innerdeutschen Vergleich (ohne die Stadtstaaten Berlin, Hamburg, Bremen) auf dem Spitzenplatz und übertrifft den Bundesdurchschnitt um 12 %. Im internationalen Vergleich behauptet sich Hessen ebenfalls. So ist das hessische BIP fast so groß wie das Dänemarks und der Pro-Kopf-Output liegt um knapp 50 % über dem EU-Durchschnitt.

Ausschlaggebend für die hohe Wirtschaftskraft Hessens ist der besondere Branchenmix: Kein anderes Bundesland kann ein bedeutendes Finanzzentrum, einen Flughafen von Weltrang und einen namhaften Messestandort gleichzeitig vorweisen. Dies spiegeln auch die statistischen Daten wider: 34 % der hessischen Bruttowertschöpfung entstehen im Wirtschaftsbereich "Finanzierung, Vermietung, Unternehmensdienstleister". Ein weiteres Fünftel des Outputs steuert der Sektor "Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information/Kommunikation" bei.

Neben den Dienstleistungsbranchen verfügt Hessen mit seinem Industriesektor auch über den klassischen Konjunkturmotor, der mit einem Anteil von 21 % an der Wertschöpfung allerdings weniger ausgeprägt ist als im Bundesdurchschnitt. Dass in dieser kleineren "Masse" aber eine hohe "Klasse" steckt, zeigt die überdurchschnittliche Exportquote der hessischen Industrieunternehmen von 52 %. Die Industrie war es auch, die nach dem Wirtschaftseinbruch in den Jahren 2010 und 2011 zu den kraftvollen BIP-Wachstumsraten in Deutschland mit 4,2 % und 3,0 % sowie in Hessen mit 2,7 % und 3,3 % erheblich beitrug (alle Werte sind nicht arbeitstäglich bereinigt, da eine Bereinigung für Bundesländer nicht durchgeführt wird).

Dass sich das rasante Tempo 2012 nicht fortsetzen würde, deuteten schon Mitte 2011 nachlassende Auftragseingänge aufgrund der weltwirtschaftlichen Abkühlung an. In der Folge verlangsamte sich die Konjunktur in Deutschland und Hessen im vergangenen Jahr. So betrug die Wachstumsrate des BIP 2012 gegenüber dem Vorjahr im Bundesdurchschnitt nur noch 0,7 % und in Hessen 0,9 %. Zudem erforderte die Schuldenkrise strenge Sparmaßnahmen in den öffentlichen Haushalten mancher europäischer Länder. Dies verminderte die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen "made in Germany". Auf dem hessischen Arbeitsmarkt wirkt die grundsätzlich positive Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre weiter. Nachdem die Arbeitslosigkeit in der Wirtschaftskrise 2009 kaum angestiegen war, sank die Arbeitslosenquote bis ins dritte Quartal 2012.

Inzwischen nimmt sie wieder etwas zu. Allerdings ist der positive Beschäftigungstrend bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen noch intakt, auch wenn konjunkturbedingt Verbesserungen nur noch in kleineren Schritten erreicht werden.

Für 2013 ist nicht mit einer weiteren Abschwächung des Wirtschaftswachstums zu rechnen. Viele Euro-Länder mit Verschuldungsproblemen dürften ihren Tiefpunkt erreichen, so dass der Nachfrageausfall der Krisenländer nach Produkten aus Deutschland 2013 geringer sein sollte. Ferner ist im Jahresverlauf mit einer Erholung der Weltwirtschaft zu rechnen. Dies wirkt sich positiv auf die deutsche und hessische Konjunktur aus und könnte zu einem Wachstum von rund 1 % führen, das in Hessen strukturbedingt etwas höher ausfallen dürfte.

1.3 Hessens Rolle im Länderfinanzausgleich

Das Bundesland Hessen ist den Steuer-Gezeiten genauso ausgesetzt wie Deutschland insgesamt. Die Steuereinnahmen sind die Hauptfinanzierungsquelle Hessens: Über 80 % der Landeseinnahmen sind Steuern, darunter ist die Einkommensteuer die wichtigste. In Deutschland ist die Verteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern ein integraler Bestandteil des gelebten Föderalismus. Denn nur so stehen den Ländern genügend finanzielle Mittel zur Verfügung, über deren Verwendung sie weitgehend eigenständig entscheiden können.

Die konkrete Aufteilung der Steuereinnahmen vollzieht sich in fünf Schritten, die neben dem föderalen Gedanken auch einen gewissen Ausgleich der Einnahmen zwischen den Ländern zum Ziel hat. Die ersten drei Verteilungsschritte der Steuereinnahmen (1. Allgemeine Aufteilung zwischen Bund, Länder, Gemeinden; 2. Verteilung des Einkommen- und Körperschaftsteueranteils zwischen den Ländern gemäß Wohnsitz bzw. Ort der Betriebsstätte; 3. Umsatzsteuerverteilung mit Ergänzungsanteilen für finanzschwache Länder) führen dazu, dass Hessens Finanzkraft pro Einwohner von rund 125 % auf 112 % des Bundesdurchschnitts sinkt.

In einem vierten Schritt erfolgt der Länderfinanzausgleich zwischen den Bundesländern, indem finanzstarke Länder bis zu einem bestimmten Prozentsatz ihre überdurchschnittlichen Steuereinnahmen an "ärmere" Länder abgeben müssen. Hessen zählt von Beginn an zu den Einzahlern in den Länderfinanzausgleich. Dabei hat das Umverteilungsvolumen ein Niveau erreicht, das dazu führt, dass die Finanzkraft pro Einwohner nach dem Länderfinanzausgleich in Hessen (ähnlich wie in Bayern und Baden-Württemberg) nur noch knapp 3 % über dem Länderdurchschnitt liegt.

Auch vom fünften Schritt, den Bundesergänzungszuweisungen, profitiert Hessen nicht. Es teilt das Schicksal der meisten westdeutschen Flächen-Bundesländer und weist nach allen Steuerverteilungsschritten pro Einwohner sogar eine leicht unterdurchschnittliche Finanzkraft auf. Dies wird Hessen hat vom vertikalen (zwischen Bund, Ländern, Gemeinden) und horizontalen Finanzausgleich

(Länder untereinander) in der Vergangenheit nur bedingt gewonnen: Zwar haben die Bundesländer Mitte der neunziger Jahre einen größeren Anteil am Steueraufkommen erhalten, was jedoch bei den finanzkräftigen Ländern zu höheren Leistungen in den Länderfinanzausgleich führte.

Dabei ist das Konzept - Hilfe zur Selbsthilfe durch Umverteilung der Steuereinnahmen zugunsten finanzschwacher Bundesländer - bisher nur im Falle Bayerns aufgegangen. Den umgekehrten Weg, also vom Geber zum Empfänger, sind dagegen mehrere Länder gegangen. Andere wiederum sind seit Beginn des Länderfinanzausgleichs auf der Empfängerseite. Hier ist der Ansatzpunkt für die Kritik Hessens und Bayerns am Finanzausgleichssystem. Es wird bemängelt, dass es zu wenig Anreize für die finanzschwachen Bundesländer gibt, ihre Einnahmensituation zu verbessern. Klar ist allerdings auch, dass das im Grundgesetz angestrebte Ziel der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse gewahrt bleiben muss.

In den letzten zehn Jahren haben Bayern rund 28 Mrd. €, Baden-Württemberg 21 Mrd. € und Hessen 19,5 Mrd. € zum Länderfinanzausgleich beigetragen. Pro Einwohner ergibt sich für Hessen ein durchschnittlicher jährlicher Einzahlungsbetrag von gut 3.200 € pro Kopf. Damit liegt das Bundesland an der Spitze. Hessen und Bayern haben deshalb ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit des Länderfinanzausgleichs eingeleitet.

1.4 Hessen-Landesrating: Fitch AAA, S & P AA

Der enge Finanzverbund zwischen den Ländern sowie die Bestandsgarantie der Bundesländer im Grundgesetz veranlassen die Ratingagentur Fitch zu einer Kopplung der Bundesländer-Ratings an das der Bundesrepublik. Hessen erhält damit grundsätzlich ein "AAA"-Rating (Ausblick: stabil). Standard & Poor's bezieht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie die Verschuldungssituation der einzelnen Bundesländer ein und differenziert entsprechend: Hessen erhält hier ein "AA"-Rating (Ausblick: stabil), da es hohe Steuereinnahmen aufgrund seiner Wirtschaftskraft vorweisen kann, jedoch bei der Pro-Kopf-Verschuldung nicht unter dem Durchschnitt liegt wie Bayern und Sachsen.

2 Hessische Gemeindeordnung regelt Kommunalfinanzen
2.1 Kein Insolvenzverfahren für Kommunen - wer haftet?


Bevor auf die Regelungen zum Haushaltsausgleich der Kommunen in Hessen eingegangen wird, stellt sich erst einmal die Haftungsfrage im Falle von Zahlungsschwierigkeiten einer Kommune. Zunächst haftet die Gemeinde selbst mit ihrem gesamten Vermögen und ihren Erträgen. Allerdings ist ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gemeinde gesetzlich nicht zulässig. Dieser Ausschluss in § 146 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) ist aus § 12 Insolvenzordnung abgeleitet. In letzterem Gesetz ist auch die Unzulässigkeit von Insolvenzverfahren über das Ver-mögen des Bundes und eines Bundeslandes festgeschrieben.

Eine explizite Haftungsübernahme für Kommunaldarlehen durch andere Gebietskörperschaften ist in der deutschen Gesetzgebung nicht zu finden. Stattdessen macht das Grundgesetz folgende Vorgaben, die die Existenz der Kommunen implizit absichern: "Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. (...) Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfasst auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; ..." (GG Art. 28 (2)). Aus dem Recht auf Selbst-verwaltung lässt sich ableiten, dass auch das Bestehen der Kommunen selbst gewährleistet wird.

Neben diesen allgemeinen Aussagen zur Existenz der Kommunen werden den Gemeinden im Grundgesetz Rechte zugesprochen (Art. 106 (5) und (5a) GG), die ihnen den Zugang zu den großen Steuerquellen Einkommen- und Umsatzsteuer garantieren, was wichtig für ihre Zahlungsfähigkeit ist. So erhielten sie 2011 15 % der Einkommen- und 2 % der Umsatzsteuer. In Art. 107 (2) GG wird sichergestellt, "dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird; hierbei sind die Finanzkraft und der Finanzbedarf der Gemeinden (Gemeindeverbände) zu berücksichtigen. In der Hessischen Verfassung Art. 137 (5) wird darauf verwiesen, dass "der Staat den Gemeinden (...) die zur Durchführung ihrer (...) Aufgaben erforderlichen Geldmittel im Wege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern hat. (...)."

Zudem bedürfen "Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, (...) der Zustimmung des Bundesrates" (GG Art. 105 (3)) und können damit nicht durch den Bund eigenmächtig geändert werden. Zusätzlich verpflichtet sich das Land Hessen in Art. 137 (6) HV dem Konnexitätsprinzip: "Werden die Gemeinden (...) durch Landesgesetz (...) zur Erfüllung staatlicher Aufgaben verpflichtet, so sind Regelungen über die Kostenfolgen zu treffen. Führt die Übertragung neuer oder die Veränderung bestehender eigener oder übertragener Aufgaben zu einer Mehrbelastung oder Entlastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände in ihrer Gesamtheit, ist ein entsprechender Ausgleich zu schaffen. (...)."

Die Hessische Gemeindeordnung sowie weitere Gesetze und Erlasse des Innen- und Finanzministeriums Hessens schaffen die konkreten rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kommunen. Sie machen u.a. Vorgaben zur Rechnungslegung, Kreditaufnahme und Haushaltsführung. Damit soll die im Gesetz postulierte Unzulässigkeit von Insolvenzen für Kommunen auch faktisch verhindert werden.

2.2 Mehr Transparenz durch kommunale Doppik

Grundlage für die Beurteilung der finanziellen Situation einer Kommune war über Jahrzehnte der nach kameralistischen Regeln aufgestellte und abgerechnete Haushalt. In Hessen trat 2005 ein neues kommunales Haushaltsrecht in Kraft, das zunächst Wahlfreiheit zwischen der doppelten Buchführung (Doppik) und einem erweiterten kameralistischen Rechnungswesen gewährte. Auch weil beide Systeme mit Umstellungskosten verbunden waren, entschlossen sich bis 2009 nahezu alle hessischen Kommunen grundsätzlich zur doppischen Haushaltsführung, die zudem von den kommunalen Spitzenverbänden empfohlen wird. Zu den Vorteilen zählen vor allem eine höhere Transparenz über Ressourcenverbrauch, zukünftige Belastungen sowie über das Verhältnis zwischen Kosten und kommunalen Leistungen.

Aufgrund des eindeutigen Votums der hessischen Kommunen zugunsten der Doppik wurde Ende 2011 das Wahlrecht aus dem Gesetz gestrichen. Ab 2015 sind ein doppischer Haushaltsplan und einen ebensolcher Jahresabschluss Pflicht. Die praktische Umstellung des Rechnungswesens ist in vollem Gange: Bis Ende Oktober 2012 haben 251 von 427 hessischen Städten, Gemeinden und Landkreisen eine Eröffnungsbilanz aufgestellt und von der zuständigen Aufsichtsbehörde prüfen lassen.

2.3 Kreditaufnahme für Investitionen und zur Liquiditätssicherun

Für die Verbindlichkeiten als inzwischen oft größten Posten auf der Passivseite gilt nach § 93 (3) GO Hessen: "Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre." Das Gesetz gibt in § 103 (1) eine Zweckbestimmung vor: "(1) Kredite dürfen (...) nur im Finanzhaushalt und nur für Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und zur Umschuldung aufgenommen werden. (...)." Zwar darf die Gemeindevertretung über die Kreditaufnahme und die Kreditbedingungen entscheiden, jedoch muss der Gesamtbetrag durch die Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Nach § 103 (3) soll "die Genehmigung nach den Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt werden; sie kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden. Die Genehmigung ist in der Regel zu versagen, wenn festgestellt wird, dass die Kreditverpflichtungen nicht mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde im Einklang stehen."

Allerdings räumt der § 105 GO Hessen einen weiteren Grund für eine Kreditaufnahme ein: "(1) Zur rechtzeitigen Leistung ihrer Auszahlungen kann die Gemeinde Kassenkredite bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufnehmen, soweit für die Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. (...)" Auch diese Kreditermächtigung muss der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorgelegt werden.

2.4 Gemeindeordnung gibt mehrstufiges Kontrollsystem vor

Neben der Kreditaufnahme regeln die Gemeindeordnung und die Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) auch die Haushaltskontrolle durch ein mehrstufiges System. Zunächst zielen die allgemeinen Haushaltsgrundsätze (§ 92 HGO) auf eine sorgsame Budgetplanung: "(1) Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. (...) (2) Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich und nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung zu führen."

Damit nimmt das Eigenkapital eine zentrale Rolle ein. Es setzt sich in der doppischen Bilanz nach hessischem Recht aus den drei Hauptbestandteilen - Netto-Position, Rücklagen/Sonderrücklagen und Ergebnisverwendung - zusammen. Bei Kommunen gibt es kein gezeichnetes Kapital wie bei Unternehmen. Deshalb wird die Höhe der Netto-Position als Residualgröße in der Eröffnungsbilanz ermittelt, indem die Verbindlichkeiten, Rückstellungen und Passiv-Sonderposten von der Summe der Aktiva abgezogen werden. Der rechnerisch verbleibende Restbetrag ist die Netto-Position, die bei nicht überschuldeten Gemeinden der größte Posten des Eigenkapitals ist. Gibt es Überschussrücklagen aus der kameralistischen Buchführung, wurden diese als Rücklagen dem Eigenkapital in der Eröffnungsbilanz zugerechnet. Der dritte Bestand des Eigenkapitals, die Ergebnisverwendung, gliedert sich in den Ergebnisvortrag und in das jeweilige Jahresergebnis.

Die HGO gibt in § 92 (3) vor: "Der Haushalt soll in jedem Haushaltsjahr unter Berücksichtigung von Fehlbeträgen aus Vorjahren ausgeglichen sein. Der Ergebnishaushalt gilt als ausgeglichen, wenn
1. der Gesamtbetrag der ordentlichen Erträge und der Zins- und sonstigen Finanzerträge mindestens ebenso hoch ist wie der Gesamtbetrag der ordentlichen Aufwendungen und der Zins- und sonstigen Finanzaufwendungen oder
2. der Fehlbedarf im ordentlichen Ergebnis des Ergebnishaushalts und der Fehlbetrag im ordentlichen Ergebnis der Ergebnisrechnung durch die Inanspruchnahme von Mitteln der Rücklagen ausgeglichen werden können."

Gelingt der Haushaltsausgleich nicht, wird das Defizit gemäß § 25 der GemHVO behandelt:

"(1) Ein Jahresfehlbetrag beim ordentlichen Ergebnis soll unverzüglich durch Überschüsse des ordentlichen Ergebnisses folgender Haushaltsjahre ausgeglichen werden.

(2) Ist ein Ausgleich nach Abs. 1 nicht oder nur teilweise möglich, darf der verbleibende Fehlbetrag aus Überschüssen des außerordentlichen Ergebnisses folgender Haushaltsjahre ausgeglichen werden, soweit diese Mittel nicht für die Finanzierung von unabweisbaren Investitionen oder zur vordringlichen außerordentlichen Tilgung von Krediten benötigt werden.

(3) Ist ein Ausgleich nach Abs. 1 und 2 nicht oder nur zum Teil möglich, so ist der Fehlbetrag auf neue Rechnung vorzutragen. Ein nach fünf Jahren noch nicht ausgeglichener Fehlbetrag kann mit dem Eigenkapital verrechnet werden.

(4) Ein Fehlbetrag beim außerordentlichen Ergebnis soll innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen werden. Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

(5) Steht für den Ausgleich von Fehlbeträgen kein Eigenkapital zur Verfügung, ist in der Vermögensrechnung (Bilanz) auf der Aktivseite der Posten "Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag" auszuweisen."

Unter den 251 kommunalen Gebietskörperschaften mit einer geprüften Eröffnungsbilanz wiesen Ende Oktober 2012 in Hessen nur vier Kommunen (Landkreis Groß-Gerau, Landkreis Offenbach, Werra-Meißner-Kreis, Gemeinde Bad Emstal) einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag auf. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote betrug 41 %.

Wenn der Haushaltsausgleich nicht gelingt, Fehlbeträge aus Vorjahren auszugleichen sind oder im Finanzplanungszeitraum Defizite drohen, hat die Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen. Das Haushaltssicherungskonzept hat (GemHVO § 24 (4)) "die Ursachen (...) zu beschreiben. Es muss verbindliche Festlegungen enthalten über das Konsolidierungsziel, die dafür notwendigen Maßnahmen und den angestrebten Zeitraum, in dem der Ausgleich des Ergebnishaushalts erreicht werden soll." Das Haushaltssicherungskonzept ist zusammen mit dem Haushaltsplan den Aufsichtsbehörden zur Genehmigung vorzulegen.

Zudem ist in § 112 (9) HGO geregelt, dass vier Monate nach Beendigung des Haushaltsjahrs, der Jahresabschluss erstellt und die Gemeindevertretung über die wesentlichen Ergebnisse unterrichtet werden muss. Der konsolidierte Jahresabschluss, der neben der Kernverwaltung auch verbun-dene, assoziierte und Gemeinschaftsunternehmen einbezieht, ist nach neun Monaten bei der Aufsichtsbehörde einzureichen. Damit soll eine zügige Kontrolle durch die Gemeindevertretung ermöglicht werden, die dann spätestens zwei Jahre nach dem jeweiligen Haushaltsjahr über die Entlastung des Gemeindevorstands entscheiden kann.

2.5 Kommunaler Finanzausgleich und Kommunaler Schutzschirm

Die Finanzkraft der hessischen Kommunen ist sehr unterschiedlich. Damit alle Gemeinden den-noch ihre Aufgaben erfüllen können, erhalten sie über den Kommunalen Finanzausgleich vom Land Zuweisungen, deren Höhe sich nach Einnahmekraft und Aufgabenbelastung richtet. Der Kommunale Finanzausgleich ist damit das Hauptinstrument zur Unterstützung finanzschwacher Kommunen.

Aufgrund des erreichten Schuldenniveaus war die finanzielle Handlungsfähigkeit etlicher hessischer Kommunen stark eingeschränkt, was durch den Kommunalen Finanzausgleich nicht mehr aufgefangen werden konnte. Hier soll der hessische Schutzschirm für Kommunen einen Ausweg ermöglichen, indem das Landesprogramm für eine Teilentschuldung sorgt. Das Land stellt dafür 2,8 Mrd. € zur Tilgung und weitere 400 Mio. € als Zinsbeihilfen zur Verfügung. Die Teilnahme wurde 106 von 447 hessischen Kommunen 2012 angeboten; Auswahlkriterien waren die Höhe der Kassenkredite Ende 2009 und des Haushaltsdefizits (ordentliches Ergebnis) im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2009. Schlussendlich haben 100 hessische Kommunen einen entsprechenden Antrag gestellt und sich bis zum Ablauf der Bewerbungsfrist Mitte Februar 2013 qualifizieren können. Denn die Teilnahme ist an Bedingungen geknüpft. So schließen die teilnehmenden Kommunen einen Konsolidierungsvertrag mit dem Land, in dem konkrete Maßnahmen zur Kostensenkung und Einnahmensteigerung festgehalten werden. Ziel ist ein drei Jahre in Folge ausgeglichener ordentlicher Ergebnishaushalt, wobei die Konsolidierung möglichst 2020 abgeschlossen sein soll.

Die Überwachung der Vereinbarung wird den Regierungspräsidien und dem Finanzministerium übertragen, denen die teilnehmenden Kommunen regelmäßig Bericht erstatten müssen. Dafür können die Städte und Gemeinden bis zu 46 % und die Landkreise bis zu 34 % ihrer Kredite inkl. Kassenkredite bezogen auf den Jahresendstand 2009 auf die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) übertragen, die das Programm treuhänderisch für das Land verwaltet. Die WIBank löst die Kredite ab und refinanziert sich bis zu einer Laufzeit von 30 Jahren über den Kapitalmarkt.

Das Land kommt über diesen Zeitraum für die Tilgung auf. Die Kommunen werden aber nicht vollständig aus der finanziellen Verantwortung entlassen. Sie bekommen von der WIBank Zinsen in Rechnung gestellt, wobei sie beim Land Zinsdiensthilfen beantragen können. Diese erhalten sie entweder direkt oder aus dem Kommunalen Finanzausgleich.

Das Land bietet zudem ein Förderprogramm an, das die interkommunale Zusammenarbeit angesichts der demografischen Entwicklung stärkt, die in einigen Gemeinden schon jetzt zu spürbar rückläufigen Bevölkerungszahlen führt. Dies ist ein essenzieller Ansatz, die dort knappen kommunalen Einnahmen effizient zu nutzen und die Versorgung der Bürger mit kommunalen Dienstleistungen zu gewährleisten.

Wichtig wird in den kommenden Jahren sein, dass der Schutz, den der hessische Entschuldungsschirm bietet, von den Kommunen tatsächlich zur Konsolidierung genutzt wird. Nur so kann die kommunale Selbstverantwortung dauerhaft gesichert werden. Dazu gehört künftig aber auch, dass Bund und Länder bei der Einführung neuer staatlicher Leistungen die Finanzierung nicht auf die Gemeinden abwälzen, sondern für eine lückenlose Mittelausstattung sorgen.

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