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Landesbank Hessen-Thüringen

Konjunktur aktuell: Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Kürzlich veröffentlichten die Statistischen Landesämter Daten zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Bundesländer. Zudem wurden erstmalig für die großen Branchen lange Zeitreihen nach der neuen Wirtschaftszweigsystematik zur Verfügung gestellt. (Das Datenmaterial ist nicht arbeitstäglich bereinigt, da eine Bereinigung für Bundesländer nicht durchgeführt wird.)

Deutschland: Rück- und Ausblick

Grundsätzlich hat sich das Wirtschaftswachstum 2012 in Deutschland verlangsamt. Den temporeichen Jahren 2010 und 2011 mit Zuwächsen von 4,2 % bzw. 3,0 % folgte ein verhaltenes Wachstum von 0,7 %. Neben der weltwirtschaftlichen Abbremsung erforderte die Schuldenkrise strenge Sparmaßnahmen in den öffentlichen Haushalten mancher europäischer Länder. Dies verminderte die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen "made in Germany".

2013 ist mit keiner weiteren Abschwächung zu rechnen, sondern mit etwa der gleichen Wachstumsrate wie im Vorjahr. Viele Euro-Länder mit Verschuldungsproblemen dürften auf ihrem Tiefpunkt angekommen sein, so dass der Nachfrageausfall nach Produkten aus Deutschland 2013 geringer sein sollte. Zudem erholt sich die Weltwirtschaft im Jahresverlauf. Dies wirkt sich positiv auf die deutsche Konjunktur aus und könnte zu einem Wachstum von knapp 1 % führen.

Hessen: Darf's ein bisschen mehr sein?

Hessen wies 2012 ein Pro-Kopf-BIP auf, das 17 % über dem Bundes- und um fast 50 % über dem EU-Durchschnitt liegt. Auch in puncto Produktivität, also BIP je Erwerbstätigen, liegt Hessen im innerdeutschen Vergleich (ohne die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen) auf dem Spitzenplatz und übertrifft den Bundesdurchschnitt um 12 %.

2012 entwickelte sich Hessen mit einem realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 0,9 % etwas besser als der gesamtdeutsche Durchschnitt mit 0,7 %. Als konjunkturelle Stütze erwies sich das Dienstleistungsgewerbe, das mit 2,0 % expandierte und verstärkt durch seinen hohen BIPAnteil zum überdurchschnittlichen Wachstum Hessens geführt hat. Dabei dürften die Impulsgeber Flughafen und Finanzplatz Frankfurt einen wichtigen Beitrag geleistet und auf andere Branchen ausgestrahlt haben, wie die überdurchschnittlichen Wachstumsraten in den jeweiligen Dienstleistungssektoren zeigen. So ermöglichte die Kapazitätserweiterung am Frankfurt Airport einen neuen Rekordwert bei den Passagierzahlen. Die Beschäftigung im Bankgewerbe stabilisierte sich am Finanzplatz Frankfurt und die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte nahm zu.

Die Bruttowertschöpfung in der hessischen Industrie (Produzierendes Gewerbe ohne Bau) war mit 1,9 % stärker rückläufig als im Durchschnitt aller Bundesländer (0,7 %). Grundsätzlich ist dies allerdings mehr als Normalisierung denn als Zeichen einer Rezession zu werten, waren doch nach der Wirtschaftskrise 2009 die Zuwachsraten in der Industrie auf 17 % (2010) und 5 % (2011) hochgeschnellt. Die erwartete Belebung 2013, die auch aus dem Ausland kommt, trifft in Hessen mit einer überdurchschnittlichen Exportquote von mehr als 50 % auf international wettbewerbsfähige Unternehmen.

Auf dem hessischen Arbeitsmarkt wirkt die grundsätzlich positive Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahre weiter. Nachdem die Arbeitslosigkeit in der Wirtschaftskrise 2009 kaum angestiegen war, sanken die Arbeitslosenquoten bis ins dritte Quartal 2012. Inzwischen nimmt die Arbeitslosenrate wieder etwas zu, allerdings ist der positive Beschäftigungstrend bei den sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen noch intakt, auch wenn konjunkturbedingt Verbesserungen nur noch in kleineren Schritten erreicht werden.

Die robuste Entwicklung am hessischen Arbeitsmarkt dürfte den Konsum beleben, selbst wenn sich 2013 der Trend abflacht. Damit stehen die Zeichen für Hessen auf Wachstum, das wieder etwas höher als der Bundesdurchschnitt mit 0,9 % ausfallen kann, wenn die zur Verfügung stehenden Kapazitäten am Flughafen Frankfurt zunehmend genutzt werden können und die Stabilisierung am Finanzplatz Frankfurt anhält.

Thüringen: Chancen für die Industrie

Thüringen weist unter den hier dargestellten Bundesländern den höchsten Industrieanteil auf. Entsprechend litt das Bundesland 2012 besonders unter der Abschwächung in diesem Wirtschaftszweig und wies einen Rückgang des BIP von 0,3 % aus. In der Thüringer Industrie (Produzierendes Gewerbe ohne Bau) nahm die Bruttowertschöpfung im vergangenen Jahr um 1,3 % ab, nachdem die Zuwächse 2010/2011 noch 17 % bzw. 8 % betragen hatten. Ähnlich wie in Hessen sanken die Umsätze in der Thüringer Automobilindustrie spürbar, was auf den gemeinsamen Kfz- Hersteller zurückzuführen sein dürfte. Besser entwickelten sich die Branchen Maschinenbau, Metall, elektrische Ausrüstungen und das Ernährungsgewerbe.

Die Exportquote der Industrie in Thüringen blieb mit 32 % unverändert. Die Eurozone war dabei das Hauptzielgebiet der Exporte, in das 37 % der thüringischen Ausfuhren 2012 gesendet wurden, wobei die Nachbarstaaten und Italien zu den Top-Abnehmern zählen. Europa insgesamt erhielt 72 % der Ausfuhren Thüringens. Asien ist die zweitgrößte Zielregion (Anteil an den Exporten 15 %), mit China als Hauptimporteur.

Die Dienstleistungsbereiche lieferten in Thüringen 2012 mit einem Plus von 0,4 % nur einen schwachen Impuls für die Gesamtwirtschaft. Dabei erreichte nur die Gruppe "Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister, Grundstücks-/Wohnungswesen" einen positiven Wachstumsbeitrag. Der vom Staat dominierte Bereich "öffentliche und sonstige Dienstleister" und der Sektor "Handel, Verkehr/Lagerei, Gastgewerbe, Information/Kommunikation" waren mit 0,3 % bzw. 0,8 % entgegen dem Bundestrend rückläufig.

Für 2013 ist zunächst keine Besserung zu erwarten. Die Auftragseingänge sinken gegenüber dem Vorjahr schon seit Längerem. Mit der weltwirtschaftlichen Erholung im weiteren Jahresverlauf dürften sich aber wieder Chancen auch für Thüringen auftun. Angesichts der angespannten Haushaltslage sowie der Reformprozesse in vielen Industrieländern sind jedoch keine Wachstumswunder zu erwarten. Somit dürfte Thüringen 2013 bestenfalls den BIP-Zuwachs in Deutschland von 0,8 % erreichen. Das BIP pro Einwohner erreicht in Thüringen inzwischen fast 70 % des gesamtdeutschen Durchschnitts und hat sich seit 1991 mehr als verdoppelt.

Der Arbeitsmarkt erweist sich als vergleichsweise robust. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist zuletzt sogar wieder leicht gestiegen. Die Thüringer Arbeitslosenquote lag 2012 mit 8,5 % unter dem ostdeutschen Durchschnitt von 10,7 % und verbesserte sich gegenüber dem Vorjahr (8,8 %). Auch im ersten Quartal 2013 setzte sich der positive Trend fort, allerdings gedämpft von der anhaltend kalten Witterung. Aufgrund der älteren Arbeitnehmerschaft in Thüringen dürfte sich die Arbeitslosenquote 2013 bei tendenziell gleicher Beschäftigtenzahl weiter verbessern.

Nordrhein-Westfalen: Arbeitsmarkt tut sich schwer

Nordrhein-Westfalen (NRW) erwirtschaftete 2012 mit 582 Mrd. € genau 22 % des deutschen BIP. Das Land leistete damit den größten Output-Beitrag innerhalb der Bundesrepublik. Seine Wirtschaftsstärke - ermittelt durch das Pro-Kopf-BIP - entspricht dem Bundesdurchschnitt. Auch in puncto Produktivität, also BIP je Erwerbstätigen, erreicht Nordrhein-Westfalen den deutschen Durchschnitt.

NRW weist nahezu die gleiche Wirtschaftsstruktur wie Deutschland insgesamt auf. 2012 blieb das Land dennoch mit einer Wachstumsrate von 0,4 % hinter der gesamtdeutschen Entwicklung (0,7 %) zurück. Dieser Trend ist seit der Wirtschaftskrise 2009 durchgängig zu beobachten. Die Ursache liegt, wie in den Vorjahren, in der schwächeren Entwicklung der NRW-Industrie. Der Rückgang der Bruttowertschöpfung im Produzierenden Gewerbe (ohne Bau) von 1,9 % war deutlich ausgeprägter als im Bundesdurchschnitt von 0,7 % und wirkte sich durch das höhere Gewicht des Sektors in NRW stärker auf das BIP aus als in Hessen. Die Dienstleistungsbereiche in NRW entwickelten sich 2012 durchschnittlich und stabilisierten damit das Wachstum.

Die Beschäftigung in NRW stieg 2012 etwa im Bundesdurchschnitt an, was den Konsum stützte. Angesichts der hohen Verschuldung in diesem Bundesland und dem damit geringen finanziellen Spielraum der Kommunen sind aber keine überdurchschnittlichen staatlichen Impulse für den privaten Verbrauch in NRW zu erwarten. 2013 dürfte der üblicherweise zu Beginn einer wirtschaftlichen Belebung einsetzende Lagerzyklus gerade in den Bereichen Chemie und Metall wieder positive Akzente setzen. Ob diese Effekte aber in der gewohnten Stärke eintreten, ist angesichts der Probleme in vielen Abnehmerländern fraglich. Zudem ist der Anteil der NRW-Exporte, der in die Eurozone ausgeführt wird, deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Damit dürfte sich die unterdurchschnittliche Entwicklung des BIP in NRW 2013 fortsetzten.

Der Arbeitsmarkt in NRW bildete 2012 mit einer Arbeitslosenquote von 8,1 % das Schlusslicht unter den alten Bundesländern - lässt man die Stadtstaaten außen vor. Auch stieg die Zahl der Arbeitslosen im letzten Jahr gegenüber dem Vorjahr an, was nur in NRW zu beobachten war. Ursache hierfür ist vor allem der umfangreiche Umstrukturierungsprozess, den das früher auf Bergbau, Metallerzeugung und Chemie fokussierte Bundesland in den letzten Jahrzehnten durchlaufen hat. Die Situation zwischen und in den Regierungsbezirken unterscheidet sich sehr. So sind die höchsten Arbeitslosenquoten größtenteils im Ruhrgebiet vorzufinden, mit entsprechenden Folgen für die Regierungsbezirke Düsseldorf und Arnsberg, deren Arbeitslosenquoten 2012 mit 9,2 % bzw. 8,6 % über dem nordrhein-westfälischen Durchschnitt liegen. Es folgen die Regierungsbezirke Köln und Münster mit unterdurchschnittlichen Erwerbslosenraten von 7,6 % bzw. 7,1 %. Der Regierungsbezirk Detmold weist mit 6,5 % die niedrigste Arbeitslosenquote aus.

Brandenburg: Erfolge im Ausland

Die Brandenburger Industrie konnte seit 2010 erfolgreich ihre Exporte steigern und hat inzwischen mit 31 % fast die Thüringer Ausfuhrquote erreicht. 2012 war das Land von der Nachfrageschwäche etlicher Eurostaaten ebenfalls betroffen. Hohe Umsatzzuwächse in anderen Ländern überkompensierten diese Kaufzurückhaltung, so dass die Industrie in Brandenburg eine Steigerung der Auslandsumsätze von knapp 6 % erreichen konnte. Berlin als Teil der Wirtschaftsregion entwickelte sich auf den Auslandsmärkten außerhalb der Eurozone sogar noch besser. Aufgrund der überdurchschnittlich rückläufigen Inlandsnachfrage blieb der industrielle Gesamtumsatz in beiden Bundesländern allerdings unter dem Vorjahresergebnis.

Vom Dienstleistungsbereich ging ein positiver Impuls aus, dessen Plus von 1,5 % genau dem Bundesdurchschnitt entsprach. Damit erreichte Brandenburg 2012 ein Wirtschaftswachstum von 0,5 %, das nur geringfügig unter dem gesamtdeutschen Wert von 0,7 % lag.

Brandenburg erwirtschaftete 2012 mit 58 Mrd. € gut 2 % des deutschen BIP. Seine Wirtschaftsstärke erreicht damit nicht den Bundesdurchschnitt, sondern liegt - gemessen am Pro-Kopf-BIP - um rund 30 % darunter, wie in den meisten anderen neuen Bundesländern. Bei den Primäreinkommen, also den Einkünften aus Erwerbstätigkeit und Vermögen ist der Abstand zum Bundesdurchschnitt deutlich geringer. Hier kommen die brandenburgischen Haushalte auf rund 80 % der Pro-Kopf-Primäreinkommen - ein Wert der in keinem anderen ostdeutschen Bundesland erreicht wird.

Ursache für die im ostdeutschen Vergleich gute Einkommenssituation ist die Flexibilität der Einwohner und die Nähe zu Berlin: Der Arbeitsmarkt Brandenburgs ist durch den hohen Anteil an Pendlern gekennzeichnet. Fast 30 % der in Brandenburg wohnenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten pendelt in andere Bundesländer, vorzugsweise nach Berlin. Einen derart hohen Auspendleranteil weist kein anderes Bundesland auf. Somit ist die Situation in Brandenburg stark von der Bundeshauptstadt geprägt. In beiden Ländern ist 2012 die Zahl der Arbeitslosen mit 5 % bzw. 6 % überdurchschnittlich gesunken. Dies wirkte sich positiv auf die Arbeitslosenquote in Brandenburg aus, die sich mit 10,2 % auf einem Tiefststand befand.

Die hohen Zuwächse bei den Auslandsumsätzen sprechen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Produkten "Made in Brandenburg/Berlin", auf die die Hersteller in der erwarteten wirtschaftlichen Belebung 2013 bauen können. Dem stehen jedoch ausbleibende Wachstumsbeiträge des Flughafens Berlin-Brandenburg gegenüber, dessen Eröffnung nicht mehr im laufenden Jahr stattfinden wird. Insgesamt sich ergeben damit 2013 keine überdurchschnittlichen Wachstumschancen für Brandenburg. Sie dürften sich aber mittelfristig bei voller Auslastung des neuen Flughafens verbessern.

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