Die Welt im Blick
Abnehmender Gegenwind von der Fiskalpolitik - außer in Japan
In den großen Industrieländern haben die Regierungen im Rezessionsjahr 2009 die Konjunktur mit Ausgabenerhöhungen und Steuersenkungen kräftig angeschoben. Nach einer weitgehend neutralen Fiskalpolitik 2010 stehen die Regierungen seitdem in den USA und in der Eurozone auf dem Bremspedal, sei es durch aktive Sparanstrengungen, sei es durch das passive Auslaufen von Konjunkturprogrammen. Das Schaubild gibt dabei den Stand wieder, wie er sich für den jüngsten "Fiscal Monitor" des IWF im April darstellte. Seitdem sind die Sparvorgaben für einige der Krisenländer in der Eurozone tendenziell weiter gelockert worden, so dass die Nettowirkung der Finanzpolitik hier 2014 sogar leicht positiv ausfallen könnte. In den USA bremst der Staat im kommenden Jahr die Konjunktur voraussichtlich spürbar weniger als noch 2013. Rein rechnerisch wären die USA im laufenden Jahr bei neutraler Haushaltspolitik um über 3 % statt mit prognostizierten 1,5 % gewachsen. In Japan zeichnet sich für 2014 jedoch erstmals seit der Krise eine Bremswirkung durch die Fiskalpolitik ab. Sollte die geplante Mehrwertsteuererhöhung dort aber ausfallen - worüber diskutiert wird - wäre der Gegenwind deutlich geringer. Dies hätte wiederum positive Auswirkungen auf das Wachstum im nächsten Jahr.
Deutschland: Wann kommen die Ausrüstungen?
Die deutsche Wirtschaftsleistung dürfte 2013 nur um 0,5 % zulegen. Zum einen war aufgrund des deutlichen Rückgangs im Schlussquartal 2012 das Ausgangsniveau zu Beginn dieses Jahres sehr niedrig. Zum anderen ist die Dynamik seitdem schwach ausgefallen. Dies hat sich im zweiten Quartal geändert: Nach dem langen und harten Winter ist die Bauproduktion ab April wieder stark angestiegen und die gesamte Industrieproduktion dürfte im Frühjahr um rund 2 % gegenüber dem Vorquartal zugenommen haben. Damit ist ein Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 0,5 % für das zweite Quartal im Bereich des Möglichen. Impulse sollten neben den Bauinvestitionen vor allem vom Konsum ausgegangen sein. Steigende Realeinkommen und die günstige Beschäftigungslage sorgen für ein optimistisches Konsumklima. Der Wachstumsbeitrag der Nettoexporte hingegen dürfte eher mager gewesen sein. Spannend wird sein, ob die Ausrüstungsinvestitionen wieder zulegen konnten.
Tiefpunkt der Investitionen durchschritten
Die Investitionstätigkeit der Unternehmen in Deutschland war nach der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009 schwach ausgeprägt. Trotz der wirtschaftlichen Erholung wurde 2011 das Vorkrisenniveau nicht mehr erreicht. Danach sanken die Ausrüstungsinvestitionen wieder, mittlerweile seit sechs Quartalen um insgesamt knapp 9 %. Ähnlich wie nach der Jahrtausendwende hat ein überschaubarer Rückgang der Kapazitätsauslastung unter den langfristigen Durchschnitt von 83,7 % zu einer deutlichen Verringerung der Ausrüstungen geführt. War nach 2000 die Unsicherheit durch das Platzen der High-Tech Blase besonders hoch, führte ab 2011 die Euro- Schuldenkrise zu Verwerfungen. Zuletzt dürfte auch die nahende Bundestagswahl für Zurückhaltung gesorgt haben. So befürchten die Unternehmen zusätzliche Belastungen durch höhere Steuern. Auch die Energiepolitik wird durch steigende Strompreise zunehmend zu einem Bremsklotz für Investitionen in Deutschland. Die neue Bundesregierung wird deswegen gefordert sein, für investitionsfreundlichere Rahmenbedingungen zu sorgen. Zumindest die Kapazitätsauslastung hat sich seit Jahresbeginn bei gut 82 % stabilisiert.
Die Industriekonjunktur dürfte sich in den nächsten Quartalen nur schrittweise bessern. Bislang ist der Lagerzyklus noch nicht angesprungen. Dies zeigt sich beispielsweise an den Auftragseingängen der Chemie- und Stahlindustrie, die bis zum aktuellen Rand tendenziell rückläufig waren. Nur allmählich ebbt die Rezession in der Eurozone ab. Auch das Wachstum der Schwellenländer hat zuletzt an Dynamik verloren. "Rettungsanker" bleiben die USA, wohin die deutschen Unternehmen wieder mehr exportieren. Trotzdem zeigen die deutschen Frühindikatoren wie der erneute Anstieg des ifo-Geschäftsklimaindex im Juli und das positive Exportklima, dass die Konjunkturbelebung im Gange ist. Damit dürften Kapazitätsauslastung und Ausrüstungsinvestitionen im weiteren Jahresverlauf ansteigen. Die niedrigen Kapitalmarktzinsen erleichtern zudem die Finanzierung der Kapitalbildung. Die Ertragslage der Unternehmen ist in vielen Branchen ebenfalls kein Hindernis für mehr Investitionen.
USA: Nach der großen Revision
Mit etwas Verspätung ist das von uns zum Jahresbeginn konstatierte "schwache Winterhalbjahr" nun in den offiziellen Konjunkturdaten doch sichtbar: Laut den Ende Juli revidierten Zahlen stagnierte die US-Wirtschaft Ende 2012 und legte im Q1 nur mit einer Jahresrate von 1,1 % zu. Obwohl es unter anderem von den Ausgabenkürzungen des "sequester" und einem geringeren Lageraufbau belastet wurde, zog das Wachstum im Q2 bereits wieder auf 1,7 % an. Auch ein starker Anstieg der Importe, eigentlich ein Zeichen robuster Nachfrage in den USA, drückte das Wachstum im Q2. Seit dem Tiefpunkt der Dynamik im Q4 ist das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) nun bereits seit zwei Quartalen wieder "auf dem aufsteigenden Ast".
Im Sommer dürfte die US-Konjunktur ihr Tempo vom Frühjahr mindestens aufrechterhalten bzw. leicht erhöhen. Die Notenbank steht mit beiden Füßen auf dem Gaspedal, aber seitens der Fiskalpolitik bläst der Konjunktur zunächst noch ein kräftiger Gegenwind entgegen. Obwohl wir unverändert von einer weiteren Verbesserung der konjunkturellen Lage im zweiten Halbjahr ausgehen, zwingt uns die Revision der Istwerte dazu, unsere Schätzung für das Jahreswachstum 2013 auf 1,5 % anzupassen (bisher: 2,0 %). Die Verlangsamung gemessen am Jahresdurchschnitt wird dadurch noch ausgeprägter, dass die Statistiker das Wachstum für 2012 - vor allem wegen eines kräftigen Jahresbeginns - deutlich von 2,2 % auf 2,8 % nach oben revidiert haben. Der Unterschied zwischen den Jahreswerten spiegelt dabei primär eine bereits abgeschlossene Konjunktureintrübung wider. Nach vorne gerichtet bietet sich ein deutlich heitereres Bild.
Der Konsum zeigt sich nach wie vor recht robust, vor allem angesichts der gestiegenen Steuerund Abgabenbelastung am Jahresbeginn. Die Haushalte haben sicher von den hohen Zuwächsen bei der Beschäftigung profitiert: Seit Oktober 2012 wurden in der Privatwirtschaft im Schnitt pro Monat über 200.000 neue Stellen geschaffen. Die Einkommen und damit der Arbeitsmarkt bleiben die Schlüsselgröße für den privaten Konsum. Die jüngste Verbesserung der Unternehmensstimmung spricht dabei für eine Fortsetzung des soliden Stellenaufbaus.
Nach Durststrecke besseres 2014
Gegen Ende des laufenden Jahres und 2014 dürfte die US-Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen. Von der Geldpolitik werden auf absehbare Zeit positive Impulse für die Konjunktur kommen, selbst wenn die Fed das aktuelle Kaufprogramm langsam zurückfahren wird. Die Heilprozesse im Finanzsektor setzen sich fort, die Banken vergeben reichlich Unternehmenskredite. Die Erholung am Wohnungsmarkt dauert an, mit positiven Wirkungen auch auf das Vermögen der privaten Haushalte. Der direkte Wachstumsimpuls vom Wohnungsbau bleibt nach dem Einbruch der Vorjahre indessen überschaubar. 2014 wird vor allem der dämpfende Effekt seitens der Fiskalpolitik spürbar nachlassen, der die USA 2013 wohl gut 11/2 Prozentpunkte Wachstum kostet. Wir rechnen für das kommende Jahr unverändert mit einem Zuwachs beim BIP von 2,7 %, deutlich oberhalb des langfristigen Trends von rund 2 %. Dennoch wird der Teuerungsdruck im Prognosezeitraum überschaubar bleiben. Lohndruck ist nicht auszumachen.
Japan: Kein Anlass zur Euphorie
Nach ihrem Sieg bei den Oberhauswahlen im Juli verfügt die Koalitionsregierung von Premierminister Abe über eine komfortable parlamentarische Mehrheit. Wahlen stehen damit zunächst nicht mehr auf der Agenda. Daher kann die Regierung weiter ihrem wirtschaftspolitischen Kurs folgen. Ob die als "drei Pfeile" bezeichnete Kombination von ultralockerer Geldpolitik, fiskalischem Stimulus und angebotsseitigen Strukturreformen letztlich die erhoffte Wirkung erzielen wird, ist allerdings offen. Zwar fiel das Wachstum im ersten Quartal mit einer Jahresrate von über 4 % gegenüber Vorperiode sehr kräftig aus. Dies war jedoch kaum Folge der Politik der Regierung Abe. Die privaten Konsumausgaben legten deutlich zu, aber nach Schwächephasen gab es schon in den vergangenen Jahren immer wieder einzelne Quartale, in denen der Konsum spürbar stieg. Auch die Erholung der Exporte ist aus unserer Sicht nicht primär die Folge der durch die lockere Geldpolitik induzierten Yen-Schwäche. Sie folgt vielmehr einem Einbruch im zweiten Halbjahr 2012, der noch durch einen chinesischen Boykott japanischer Produkte im Herbst verstärkt wurde. Die Abwertung des Yen wird den japanischen Ausfuhren Impulse liefern - doch die entsprechenden Wirkungen auf die Exportnachfrage brauchen eine gewisse Zeit und werden oft überschätzt. Keine Belege für die von manchen ausgemachte "Aufbruchsstimmung in Japan" waren bislang in den harten Daten zu den privaten Investitionen zu erkennen.
Ob die Regierung über die noch ausstehenden Effekte im Außenhandel hinaus noch weitere "Pfeile im Köcher" hat, ist zudem fraglich. Strukturreformen auf der Angebotsseite wirken nur langfristig positiv auf das Wachstum, kurzfristig eher dämpfend. In der Fiskalpolitik stellt sich angesichts eines (Brutto-)Schuldenstands von 225 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zunehmend eher die Frage: Wie lange lässt sich die Konsolidierung des Staatshaushalts noch aufschieben?
Mehrwertsteuererhöhung wird Teuerung anschieben
Ein erklärtes Ziel der aktuellen Politik von Notenbank und Regierung ist es, die Teuerung auf 2 % steigen zu lassen. Im Juni lag die Teuerungsrate auf der Verbraucherebene zum ersten Mal seit gut einem Jahr wieder im positiven Bereich. Allerdings spiegelt dies weniger einen von hoher Nachfrage getriebenen inländischen Preisdruck wider, sondern vor allem die Schwäche der japanischen Währung, die zu einem massiven Anziehen der Importpreise geführt hat. Auch 2014 wird in Japan wohl kein nachhaltiger Inflationsprozess in Gang kommen. Zwar wird der Verbraucherpreisindex voraussichtlich um rund 2 % steigen. Dies gilt allerdings nur, wenn die für den nächsten April geplante Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes von 5 % auf 8 % tatsächlich umgesetzt wird, was derzeit noch in der Diskussion ist. Nach diesem einmaligen Preisschub dürfte die Teuerung wieder deutlich zurückgehen - auch wenn für Oktober 2015 eine weitere Erhöhung der Steuer auf 10 % vorgesehen ist. Die zusätzlichen Einnahmen durch die Steuer kann der japanische Staat in jedem Fall gut gebrauchen. Selbst mit der Mehrwertsteuererhöhung dürfte das Budgetdefizit im kommenden Jahr noch immer bei 8 % des BIP liegen. Negative Effekte auf den Konsum werden aber wohl dazu führen, dass sich das Wachstum 2014 gegenüber 2013 nicht beschleunigen dürfte. Wir rechnen für 2013 mit ca. 11/2 %, wobei die Prognose-Risiken eher auf der Seite eines kurzfristig etwas höheren Wachstums liegen.
Türkei: Alte Schwächen sind wieder zu Tage getreten
Zwei Ereignisse im Früsommer 2013 haben die wirtschaftliche Aussichten der Türkei plötzlich verändert: Aus der USA kamen Signale, dass die lockere Geldpolitik bald zu Ende gehen könnte, und in der Türkei traten zum ersten Mal seit langem wieder innenpolitische Proteste gegen die Regierung auf - ausgelöst durch die geplante Umgestaltung des Gezi-Parks in Istanbul. Der türkische Aktienindex fiel um über 20 %, die türkische Lira kam unter starken Abwertungsdruck und fiel von 1,79 Lira/$ auf fast 2 Lira/$. Die Zentralbank intervenierte ohne durchschlagenden Erfolg. Ende Juli erhöhte sie deshalb die Zinsen für Tagesgeldgeschäfte um 75 Basispunkte, um den Kapitalabfluss ins Ausland zu stoppen.
Warum ist die oft gepriesene Wirtschaft der Türkei so verwundbar? Zum einen ist der ungezügelte Wachstumsboom zu Ende. Zwischen 2002 und 2011 expandierte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) durchschnittlich um über 5 % jährlich. Infolge der schwachen Inlandsnachfrage fiel das Wachstum 2012 auf 2,2 % und auch 2013 wird es wahrscheinlich nur moderat zulegen. Zum anderen wird das hohe Leistungsbilanzdefizit (2013: voraussichtlich knapp 7 % des BIP) nur zu einem geringen Teil mit ausländischen Direktinvestitionen finanziert. Der Hauptteil erfolgt mit je nach Stimmungslage auf den internationalen Kapitalmärkten volatilen Portfolioinvestitionen und Krediten. Die niedrigen Zinsen in den USA und Europa ließen Anlagen in der Türkei attraktiv erscheinen und erzeugten (zu) hohe Kapitalzuflüsse. Zudem ist die Auslandsverschuldung von 340 Mrd. $ - insbesondere die kurzfristige mit 100 Mrd. $ - beachtlich hoch. Bei den Währungsreserven (gut 100 Mrd. $)wiederum verfügt die Zentralbank über ein geringeres Polster als viele andere Schwellenländer.
Stabilitätspolitik gefragt
Der hohen Abhängigkeit von ausländischen Kapitalzuflüssen lässt sich nur mit einer konsequenten Stabilitätspolitik begegnen. Die Inflationsrate liegt seit Juni infolge der Schwäche der türkischen Lira über 8 % und damit außerhalb des Zielbandes von 5 % +/- 2 Prozentpunkte. Die notwendigen restriktiven geldpolitischen Maßnahmen dämpfen zwar die inländische Konsum- und Investitionsnachfrage, sind aber unerlässlich, um eine äußere Liquiditätskrise zu vermeiden. Der private Verbrauch sowie die privaten Investitionen dürften daher 2013 nahezu stagnieren und sich 2014 nur langsam erholen. Der positive Außenbeitrag und die steigenden Staatsausgaben werden dagegen die Konjunktur stabilisieren. Das prognostizierte Wachstum von 3 % im laufenden und 4 % im nächsten Jahr setzt allerdings voraus, dass das Vertrauen der Investoren in die Stabilitätspolitik zurückkehrt.
Die politischen Ambitionen des Ministerpräsidenten Erdogan - es wird vermutet, dass er sich nach einer Verfassungsänderung 2014 zum Staatspräsidenten wählen lassen will - sowie der Erhalt der Vormachtstellung seiner regierenden islamischen AKP bei den nächsten Wahlen (2014 auf lokaler Ebene, 2015 Parlamentswahlen) sind abhängig von der weiteren zügigen wirtschaftlichen Entwicklung. Hierfür sind aber Reformen etwa auf dem Arbeitsmarkt, im Energiesektor und im Steuersystem sowie Privatisierungen erforderlich. Das Haushaltsdefizit dürfte trotz kommender Wahlen zunächst nur moderat auf knapp 3 % des BIP 2013 steigen.
Ungarn: Konjunkturstimulierung im Vorfeld der Wahlen
Die ungarische Wirtschaft ist Anfang 2013 der Rezession entwachsen. Im Vergleich zum Vorquartal wuchs die Wirtschaft saisonbereinigt um 0,7 % und auch für das erste Halbjahr dürfte die Bilanz positiv bleiben. Bei abklingender Konjunkturmisere in Europa und den nationalen Maßnahmen zur Konjunkturbelebung im Vorfeld der Parlamentswahlen im nächsten Jahr kann für 2013 wieder von einem leichten BIP-Zuwachs von 0,2 % ausgegangen werden. 2014 wird die Dynamik noch etwas zulegen, so dass dann rund 1 % Wachstum erzielt wird. Pläne der ungarischen Regierung, die Last der in ausländischer Währung aufgenommenen Hypothekenkredite für die Haushalte zu erleichtern, dürften das Konsumklima ebenso aufhellen wie die besseren Daten am Arbeitsmarkt.
Für weitere Konjunkturfortschritte muss Ungarn auf eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit und auf günstigere Rahmenbedingungen für Investoren hinarbeiten. In der jüngsten Konjunkturumfrage der ungarischen Auslandshandelskammer schnitt Ungarn im zentraleuropäischen Vergleich bei der Verfügbarkeit von Arbeitskräften und der Beurteilung der Arbeitskosten unterdurchschnittlich ab. Außerdem bemängeln viele der befragten Unternehmen die fehlende Rechtssicherheit, was sich in einer geringen Investitionsbereitschaft bemerkbar macht. Auch Korruption bleibt ein Thema.
Der seit gut einem Jahr andauernde Zinssenkungszyklus der Notenbank setzt klare Zeichen in Richtung Konjunkturstimulierung. Im Juli erreichte der Leitzins ein Allzeittief von 4 %. Ermöglicht wird dieser entschlossene Kurs durch die regierungsnahe Besetzung des Entscheidungsgremiums und die gesunkenen Inflationsraten (Juni: 1,9 %). Zentralbankchef Matolcy hat Leitzinsen in Höhe von 3 bis 3,5 % ins Gespräch gebracht. Angesichts zuletzt steigender Zinsen z.B. in den USA dürfte dies allerdings unter dem Vorbehalt stehen, umfangreiche Kapitalabflüsse zu vermeiden und den Forint zu stützen, um die Problematik der Fremdwährungsdarlehen nicht zu verschärfen.
Nach einem Haushaltsdefizit von rund 2 % 2012 hat die EU im Juni das seit neun Jahren laufende Defizitverfahren gegen Ungarn beendet. Allerdings beruhen die Konsolidierungsfortschritte großteils auf Einnahmesteigerungen, etwa durch die Mehrwertsteuererhöhung. Seit 2010 hat Ungarn insgesamt sieben Steuerpakete aufgelegt. Konjunkturstimulierende Maßnahmen wie die geplante Senkung der Sozialbeiträge und der anstehende Wahlkampf für 2014 dürften jedoch das Defizit ab 2013 wieder auf Werte von mindestens 3 % des BIP steigen lassen.
Euro-Einführung noch fern
Wegen der noch immer starken Bedeutung von Fremdwährungsdarlehen ist die Einführung des Euro für Ungarn grundsätzlich attraktiv. Allerdings scheitert dies zurzeit an den Maastricht- Kriterien. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Regierung so bald gewillt ist, die derzeitige massive Einflussnahme auf die Zentralbank aufzugeben. Die intensive Nutzung der Geldpolitik zur Konjunkturstimulierung deutet jedenfalls darauf hin, dass in nächster Zukunft nicht mit einer Annäherung an den Euro zu rechnen ist.