Reichliches Rohölangebot auch seitens der zeitweilig unterschätzen Nicht-OPEC-Produzenten und eine insgesamt moderate Nachfrage deckeln die Notierungen von Mineralölprodukten wahrscheinlich bis auf weiteres. Zudem treten die geopolitischen Risiken nach den US-Wahlen eher in den Hintergrund. Die mit der Wahl Obamas gesicherte Fortsetzung der extremen US-Geldpolitik hält die Anleger bei Edelmetallen zwar voraussichtlich bei Laune, für große Sprünge dürfte es aber nicht reichen. Bei Industrierohstoffen ist die bislang schon für Q4 2012 erwartete leichte Preiserholung aus fundamentalen Gründen wohl zumeist in das kommende Jahr zu vertagen.
Überblick Rohstoffgruppen
Wachsendes Angebot bei moderater Nachfrage
Selbst die Hardliner der OPEC sind an hohen Einnahmen und damit hoher Produktion interessiert. Entgegen den in den letzten Jahren unter den Auguren kultivierten Erwartungen sind die Nicht-OPEC-Produzenten äußerst potent. Nicht nur die USA, Russland und Afrika pumpen kräftig das schwarze Gold in die Märkte. Heraufbeschworene Nachfrageüberhänge sind kein Thema mehr. Für 2013 wird inzwischen sogar Angebotsüberschüssen das Wort geredet. Die Saudis streben 100 $/bbl an. Abtaucher bis 90 $/bbl sind gleichwohl möglich. Außerdem ist ein geopolitisch bedingter Preisschock inzwischen weniger wahrscheinlich.
"Kick für Durchmarsch" fehlt weiterhin
In einem Umfeld strukturell begrenzten Schuldenaufbaus oder sogar Schuldenabbaus zeigt selbst eine 'ultralockere Geldpolitik' wenig bis keine inflationäre Wirkung, insbesondere wenn demografische Faktoren das Wirtschaftswachstum in einem engen Korsett halten. Dennoch wird die US-Notenbank nach der Umgehung der Fiskalklippe wahrscheinich ihre zuletzt zögerliche Haltung aufgeben und die Märkte etwas fluten, erst recht wenn der US-Aktienmarkt weiter schwächeln sollte. Diese zusätzliche Dosis wird wohl auch die Goldanleger noch bei Laune halten, der richtige Schub dürfte aber weiter fehlen.
"Durchhänger" hält noch an
Wie hatten wir bereits im letzten Monat berichtet:"Der Industriesektor weist global eine geringe Wachstumsdynamik auf. In den weltweit führenden metallverarbeitenden Ländern gibt es offensichtlich nicht nur zyklische, sondern auch hartnäckige strukturelle Wachstumshemmnisse. Außerdem stehen einer weiteren Preiserholung von Primärmetallen hohe Lagerbestände und ein zumeist hohes Angebot im Wege." In den USA und China gibt es inzwischen zumindest Anzeichen für eine Stabilisierung der Industriekonjunktur. Europa und Japan ziehen kurzfristig aber wohl weiter nach unten. Aus heutiger Sicht bedeutet dies wohl erst in H1 2013 bescheidene Preiserholungen.
Sommer-Preissprünge noch nicht vollständig korrigiert
Während Sojabohnen fast wieder auf dem Niveau aus der Zeit vor der Dürrekatastrophe in den USA notieren (1400 $¢/bu), hätte Mais demnach noch Spielraum bis etwa 600 $¢/bu. Weizen liegt dagegen seit Mitte Juli wie ein Brett im Bereich von 850-900 $¢/bu. Eine Korrektur der Angebotserwartungen könnte die Notierungen hier bis in den Bereich zwischen 600-700 $¢/bu führen. Bisher zeigen aber die im laufenden Jahr schlechten Ernten und Rationierungen großer Exportländer hartnäckig Wirkung. Wir behalten unsere Prognose-Spannen bei: Mais 600-780 $ ¢/bu; Sojabohnen 1.400-1.600 $ ¢/bu; Weizen 700-900 ¢/bu.
Abwärtsrisiken überwiegen
Zucker und Kaffee gehören im bisherigen Jahresverlauf zu den großen Verlierern im Rohstoffsektor. Zwar hat bei Zucker bislang die Unterstützung bei 18,80 $¢/lb gehalten, die gleitenden Durchschnitte drücken aber weiterhin (50-Tage-Linie aktuell: 19,86 $¢/lb). Wetterunsicherheiten in Asien ändern wahrscheinlich nichts daran, dass 2012/2013 die dritte Erntesaison mit umfangreichen Zuckerüberschüssen sein wird. Große Unbekannte bleibt in Abhängigkeit vom Rohölpreis die Bio-Ethanol-Nachfrage. Auch bei Kaffee sind nach wetterbedingt angespannten Marktverhältnissen in 2010/2011 die Ernteaussichten inzwischen sehr gut, so dass auch hier die Preise erst einmal gedeckelt sein dürften.
Preise mittelfristig mit weiterem Aufwärtspotenzial
Die Notierungen für US-Rindfleisch sind nach der Konsolidierungsphase in Q2/Q3 auf den seit Anfang 2010 bestehenden mittelfristigen Aufwärtstrend zurückgekehrt. Sollte die Widerstandszone zwischen 125 $¢/lb und 130 $¢/lb geknackt werden, bestünde charttechnisch weiteres Potenzial bis 140 $¢/lb. Der Verbrauch von Rindfleisch mag in den USA zwar durch den Wirbelsturm Sandy etwas gedrückt sein. Mittelfristig dürfte aber einem überschaubaren US-Angebot eine robuste Nachfrage nicht nur aus den USA gegenüberstehen. Mindestens im gleichen Umfang gilt dies für Magerschweine, die besonders von dem Importsog in China profitieren (Potenzial bis 105 $¢/lb. bis Mitte 2013).