Die ungünstigen strukturellen Verhältnisse bei Rohstoffen dürften noch bis weit in 2016 hin-ein anhalten. Selbst wenn der Rohstoffverbrauch wieder ansteigen sollte, sprechen die An-gebotsbedingungen gegen eine zügige Erholung der Notierungen. Die Marktbereinigung lässt angesichts technologischer Veränderungen, entlastender Währungsverhältnisse und rückläufiger Kosten sowie hoher finanzieller Verpflichtungen weiter auf sich warten. Gleich-zeitig tritt China nach und nach bei Grundstoffen als Nettoexporteur auf. Nach Stahl und Aluminium wurde zuletzt der Weltmarkt mit Exporten überschüssigen Diesels geflutet. Als weiterer Joker bleibt auch angesichts der konfus wirkenden US-Geldpolitik der US-Dollar im Spiel. Zumindest kurzfristig gehen von der Konjunkturseite eher dämpfende Wirkungen aus. So besteht nicht nur der Abschwung in China und anderen bedeutenden Schwellenländern sowie diversen großen Rohstoffländern fort, vielmehr deutet sich auch in den USA eine ge-wisse Wachstumsberuhigung an. Auch wenn im Sinne eines antizyklischen Ansatzes die niedrigen Notierungen der Performanceindizes einige Investoren reizen mögen, so scheint doch die Mehrheit im Finanzsektor auch angesichts der mit der weit verbreiteten Contango- Struktur verbundenen negativen Rollrendite der Futures in der Defensive zu bleiben.
Überblick Rohstoffgruppen
Energie
Um den Mineralölmarkt ins Gleichgewicht zu bringen, werden wohl noch einige Zeit niedrige Notie-rungen notwendig sein. Ernst zu nehmende Anzeichen für Anpassungen auf der Angebotsseite sind gegenwärtig nicht auszumachen. Die OPEC steht vor dem Problem, dass sie angesichts des hohen Nicht-OPEC-Angebots mit Produktionskürzungen mittelfristig nur die eigene Marktposition schwächen würde. Gleichzeitig scheinen etwa die Nordamerikaner selbst bei den aktuellen Notie-rungen durchaus weiter große Mengen liefern zu können. Wahrscheinlich bleibt es vorerst bei dem Patt und stabilen Preisen. Freilich könnte die Nachfrage nach Mineralölprodukten stärker anzie-hen, allerdings entwickelt sich der Verbrauch außerhalb der weitgehend „gesättigten" Industrielän-der bei weitem nicht so dynamisch wie lange Zeit erhofft und von einigen Auguren gegenwärtig noch unterstellt (Brent-Bandbreite: 35-60 USD/bbl; Negativszenario; 25 USD/bbl).
Edelmetalle
Die nach wie vor hohen US-Realrenditen sowie der robuste Dollar halten Gold in Schach. Die Ab-wärtsrisiken erscheinen andererseits überschaubar (1.050-1.100 USD/oz), da temporäre Schwä-chephasen wohl immer wieder von langfristig orientierten Investoren zum Kauf genutzt werden. Während Gold vorerst wohl nicht so sehr von seiner Funktion als „Inflationsversicherung" profitie-ren wird, könnte es kurzfristig als „sicherer Hafen" durchaus wieder stärker gesucht sein. Unter-stützend wirkt dabei auch das weltweit sich wahrscheinlich weiter zuspitzende Schuldenproblem.
Industrierohstoffe
Die Talsohle bei Primärmetallen wurde von Marktbeobachtern seit 2011 immer wieder aufs Neue beschworen; so zuletzt auch in der ersten Septemberhälfte. Im Gegensatz zu anderen Rohstoffen scheint bei Primärmetallen aber immer noch ein reinigendes Preisgewitter auszustehen. Die jüngs-ten Rückschläge im Zuge negativer Impulse aus dem Industriesektor nicht nur seitens Chinas könnten ein Vorspiel zu einer bis weit in 2016 hinein anhaltenden Marktbereinigung sein. Der Fall Glencore signalisiert, dass auf Ebene der Rohstoffunternehmen allmählich das Durchhaltevermö-gen an Grenzen stößt. So könnte sich ein auch durch China verstärkter Konsolidierungsprozess noch beschleunigen. Bis Mitte 2016 dürften dann die Notierungen bei Primärmetallen das Schlimmste hinter sich haben.
Getreide
Während sich die Getreidepreise auf Dollarbasis insgesamt eher verhalten entwickelt haben, sind sie in allen anderen großen Exportländern – wie Brasilien, Argentinien, Russland, Ukraine, Austra-lien, Kanada etc. – in lokaler Währung aufgrund der Dollarstärke deutlich angestiegen. Dies führt dazu, dass dort die Anbauflächen zum Teil noch deutlich ausgebaut werden. Da die Kapazitäten in den USA nicht in gleichem Maße zurückzuführen sind, hält diese Entwicklung die Notierungen über die Angebotsseite in Schach. In jüngster Zeit scheint aber das Wetterphänomen El Niño eine wachsende Gegenkraft darzustellen. Dessen Auswirkungen auf die Ernten in der südlichen Hemi-sphäre scheinen aber nicht so stark zu sein, dass sie für nachhaltigen Preisauftrieb sorgen.
Genussmittel
Vor allem aufgrund des Wetterphänomens El Niño rechnen Branchenvertreter mit leichten Produk-tionsdefiziten bei Zucker, Kaffee und Kakao. Mit ihren regional begrenzten Anbaugebieten im Ein-flussbereich von El Niño mag dies bei Kakao und Kaffee zumindest wahrscheinlicher sein. Aber selbst bei Kakao, dessen Notierungen gegen den allgemeinen Trend im laufenden Jahr vor allem aufgrund von wetterbedingten Produktionsrückgängen in Ghana angestiegen sind, gehen die Mei-nungen auseinander. Neben der Unsicherheit hinsichtlich des Verbrauchswachstums in den inzwi-schen weniger einkommensstarken Schwellenländern bremsen recht hohe Lagerbestände die Preisentwicklung. Außerdem bleibt auch bei den in Dollar notierten Genussmitteln die Entwicklung der Währungsverhältnisse vorerst wohl ein wesentlicher, eher limitierender Faktor.
Tierprodukte
Die Substitution der immer noch relativ teuren Eiweißquelle Rindfleisch durch andere Produkte schreitet in den USA offenbar fort. Inzwischen schlägt sich die verhaltene Nachfrage der Verbrau-cher wohl auch stärker in den Notierungen von US-Mastrind nieder. Die Preisberuhigung scheint zwar nicht nur temporär zu sein. Spätestens im Bereich von 120 $¢/lb dürften sich die Notierungen angesichts der Angebotsbedingungen aber allmählich stabilisieren. Schweinefleisch gewinnt auf deutlich niedrigerem Preisniveau wohl zunehmend an Marktposition in den USA. Mitte 2014 lag der Preis für US-Magerschwein in der Spitze noch bei 134 $¢/lb. Da die Getreide- und damit die Futtermittelpreise für Schweine wesentlich günstiger sind als in den vergangenen Jahren, lassen sich Preise zwischen 60 und 80 $¢/lb u.E. bis auf weiteres durchhalten.