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Russland: Wirtschaft im Aufholprozess

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Die russische Wirtschaft wächst seit 2000 dynamisch. Auch 2007 ist nochmals mit einer fast 7 %igen Expansion zu rechnen. Der negative Wachstumsbeitrag der Außenwirtschaft sowie schwierigere Bedingungen auf den internationalen Kapitalmärkten werden das Wachstumstempo 2008 etwas verlangsamen. Aufgrund des ungefährdeten Leistungsbilanzüberschusses und der soliden Haushaltslage bleibt der gesamtwirtschaftliche Rahmen jedoch stabil. Damit die Aufholjagd der Wirtschaft auf robusteren Beinen steht, sollten die institutionellen Bedingungen für die private Wirtschaft weiter verbessert werden.

Die Amtszeit von Präsident Putin wird im Frühjahr 2008 regulär zu Ende gehen. Unter der Annahme, dass bis dahin keine innen- oder außenpolitische Belastungen auftreten, sollte die Verfassung nicht geändert werden, um Präsident Putin eine weitere Amtszeit zu ermöglichen. Während seiner Amtsperiode haben sich die verfügbaren Einkommen in Russland rasant erhöht. Nicht zuletzt deshalb ist das Interesse der Bevölkerung an einem demokratischen Machtwechsel im Kreml eingeschränkt. Die beiden ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten Sergej Iwanow und Dimitri Medwedew wurden bis zum Spätsommer 2007 als voraussichtliche Kreml-Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen im März 2008 gehandelt. Im September nominierte Präsident Putin allerdings überraschend Wiktor Subkow als neuen Ministerpräsidenten. Wer letztlich auch offizieller Präsidentschaftskandidat werden wird, der dürfte zum engen Vertrautenkreis von Präsident Putin gehören und mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen. Wladimir Putin selbst hat Anfang Oktober erklärt, in den im Dezember 2007 stattfindenden Parlamentswahlen Spitzenkandidat der Kreml-Partei Einheitliches Russland zu werden. Dies beinhaltet die Option, 2008 als Ministerpräsident weiterhin maßgeblichen politischen Einfluss auszuüben. Aufgrund der Popularität Putins und seiner Medienunterstützung wird die Partei Einheitliches Russland voraussichtlich unangefochten gewinnen. Dagegen wird die neu gebildete Kreml-treue Oppositionspartei Gerechtes Russland voraussichtlich nur eine untergeordnete Rolle erhalten. Die beiden kleinen, liberalen Oppositionsparteien werden es aufgrund schärferer Wahlgesetze, der Anhebung der landesweiten Mindeststimmenzahl auf 7 % sowie ihrer Rivalität schwer haben, wieder in die Duma einzuziehen.

Die Interessenskonflikte zwischen der russischen Regierung und den USA sowie der EU haben die wirtschaftliche Zusammenarbeit bisher (noch) nicht belastet. Die strittigen Fragen – wie die Raketenabwehrpläne der USA, die NATO-Erweiterung, die Verletzung der demokratischen Grundrechte, die Spannungen mit Nachbarstaaten (insbesondere Georgien), die Unabhängigkeit Kosovos sowie das Atomprogramm Irans – werden außenpolitisch vorerst im Vordergrund stehen. Der Anfang 2008 vorgesehene Beitritt Russlands zur WTO könnte von einzelnen Staaten noch blockiert werden, falls sich die außenpolitischen Gräben vertiefen sollten. Die russische Wirtschaft hat sich in den letzten 5 Jahren mit einem durchschnittlichen Jahreswachstum von 6 ½ % dynamisch entwickelt. Die gestiegenen Energiepreise sowie die Rubelaufwertungen bedingten starke Einkommenszuwächse der privaten Haushalte sowie Fiskalüberschüsse der öffentlichen Haushalte. In der Folge boomten die Konsum- und Investitionsausgaben. Die vergleichsweise niedrige Investitionsquote hat sich stetig erhöht, was der Erneuerung der Wirtschaft und ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu Gute kommt. Die Unternehmen stehen unter dem Zwang zu investieren, denn die Lohnkosten steigen schnell, und der Rubel wertet permanent real auf. Das BIP-Wachstum erreichte im ersten Halbjahr 2007 mit 7,8 % seinen Höhepunkt, wird aber bis 2008 zunächst nur leicht auf rd. 6 % p.a. zurückgehen. Der negative Außenbeitrag aufgrund der sprunghaft steigenden Importe und der stagnierenden Öl- und Gasgewinnung schwächt die Wachstumsdynamik zunehmend ab; Importprodukte verdrängen einheimische Erzeugnisse. Zudem wird die Kreditvergabe der Banken aufgrund der schwierigeren Bedingungen auf den globalen Finanzmärkten nicht mehr so stark steigen. Die internationalen Öl- und Gaspreise werden 2008 voraussichtlich stagnieren bzw. leicht nachgeben, was weitere ölpreisbedingte Wachstumsimpulse ausschließen wird.

Die 2006 auf über 30 Mrd. $ gestiegenen ausländischen Direktinvestitionen zeigen, dass trotz des wieder größeren staatlichen Einflusses in "strategisch wichtigen" Sektoren, insbesondere des Rohstoff-und Energiesektors, private Investitionen in den rasch wachsenden russischen Märkten lohnenswert sind. Da die russischen Direkt- und Portfolioinvestitionen im Ausland ebenfalls kräftig gestiegen sind, dürfte allerdings ein Teil der Investitionen mit zurückfließendem russischem Kapital finanziert worden sein. Ab 2008 sollen zudem Mittel – des aus Energieeinnahmen – gespeisten staatlichen Stabilisierungsfonds (aktueller Bestand 130 Mrd. $) in ausländische Investitionen fließen. Netto betrachtet werden dann die ausländischen Direktinvestitionen etwas zurückgehen. Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft haben sich allgemein verbessert. Deshalb ist 2008 und in den Folgejahren mit weiteren substanziellen Direktinvestitionen zu rechnen. Zusätzliche Reformen in den Bereichen Unternehmungsführung und der Bürokratie sowie bessere Finanzierungsmöglichkeiten gerade für mittelständische Unternehmen wären jedoch von Vorteil, um auch mit mehr Investitionen der inländischen Privatwirtschaft die Wirtschaftsstruktur über den Energiesektor hinaus breiter zu diversifizieren.

Der Staatsüberschuss wird 2007 wegen höherer Sozialausgaben, Infrastrukturinvestitionen sowie Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst deutlich zurückgehen, und zwar auf gut 3 % des BIP. Die Fiskalposition bleibt aber vorerst solide, wenn nicht die Ölpreise unerwartet deutlich fallen. Die Staatsschulden (ohne Berücksichtigung der halbstaatlichen Unternehmen wie Gazprom) sind nach der vorzeitigen Rückzahlung sämtlicher Verbindlichkeiten gegenüber den ausländischen öffentlichen Gläubigern (Pariser Club) auf ein niedriges Niveau gesunken. Der für fiskalisch schwierige Zeiten gebildete Stabilisierungsfonds konnte zudem bis zuletzt angereichert werden. Die Geldpolitik befindet sich dagegen in einem schwierigen Fahrwasser. Wegen des hohen Kapitalzuflusses nach Russland und des starken Kreditwachstums im ersten Halbjahr 2007 erhöhte sich die Geldmenge rasant. Die daraus resultierende beachtliche Inflationsrate ist im September sogar nochmals gestiegen und dürfte 2007 im Jahresdurchschnitt nur leicht auf gut 8 % fallen. Deshalb sind auch die kurz- und langfristigen Anlagezinsen bei realer Betrachtung deutlich negativ. Eine restriktivere Geldpolitik zur Inflationsbekämpfung würde jedoch kurzfristig den Aufwertungsdruck auf den Rubel erhöhen und somit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Nicht-Energiewirtschaft zusätzlich belasten.

Darüber hinaus stehen die Banken seit August 2007 im Zuge der Unsicherheiten auf den internationalen Finanzmärkten vor Refinanzierungsengpässen und müssen von der Zentralbank Liquiditätsspritzen erhalten. Eine ernste Bankenkrise ist aber nicht zu erwarten. Der von staatlichen Kreditinstituten geprägte Bankensektor ist im Durchschnitt ausreichend kapitalisiert, profitabel und hat nur wenig notleidende Kredite zu verkraften. Aufgrund einer 2008 voraussichtlich weiterhin relativ großzügigen Geldpolitik wird die Inflation nur langsam sinken. Der Rubelkurs wird sich unter Schwankungen vom aktuellen Kurs von rd. 35 Rubel zum Euro seitwärts bewegen. Bei stärkeren
Auf- oder Abwertungen dürfte die Zentralbank am Devisenmarkt intervenieren. Der Rubel wird wegen des Inflationsunterschieds zur EU wahrscheinlich real weiter aufwerten.

Die hohen Devisenzuflüsse nach Russland im ersten Halbjahr 2007 begründeten sich nicht nur im Leistungsbilanzüberschuss und in Direktinvestitionen, sondern auch in Börsengängen von Banken und Unternehmen sowie in der umfangreichen ausländischen Kreditaufnahme der quasi staatlichen großen Energie-Unternehmen. Die rege Mittelaufnahme der Wirtschaft auf den internationalen Kapitalmärkten diente teilweise der Entwicklung devisenbringender Energieprojekte, teilweise aber auch der raschen Expansion der russischen (Inlands-) Märkte. Im August 2007 haben sich die Bedingungen auf den globalen Finanzmärkten aufgrund der Subprime-Krise verschlechtert. Das zuvor rasche Kreditwachstum von über 40 % im Jahresvergleich wird sich daher in Russland abschwächen. Für die Nachhaltigkeit des wirtschaftlichen Wachstums könnte sich die geringere Kreditdynamik jedoch positiv auswirken – etwa dann, wenn dadurch die Gefahr von Preisblasen auf den Immobilienmärkten geringer wird.

Infolge einer kaum steigenden Öl- und Gasförderung legen die Exporte (Öl- und Gasanteil gut 60 %) 2007 und 2008 deutlich langsamer als die sprunghaft steigenden Importe zu. Bezogen auf das BIP dürfte sich der Leistungsbilanzsaldo von 10 % (2006) auf 4 % (2008) mehr als halbieren. Bei stabilen Energiepreisen wird die Leistungsbilanz 2008 allerdings nochmals einen beachtlichen Überschuss ausweisen. Russland wird sich weiter ein zügiges Wirtschaftswachstum „leisten“ können, ohne dass Ungleichgewichte in der Leistungsbilanz und im Staatshaushalt oder Schuldenprobleme entstehen werden. Die Währungsreserven der Zentralbank stiegen im ersten Halbjahr 2007 um weitere 100 Mrd. $ auf knapp 400 Mrd. $. Bereits 2006 ist Russland gegenüber dem Ausland zum Nettogläubiger geworden. Das Land verfügt nun über dicke finanzielle Polster für außenwirtschaftliche Schocks und für ungünstige Bedingungen auf den internationalen Finanzmärkten. Um die Volkswirtschaft auf Dauer unabhängiger gegenüber potenziellen Ölpreiseinbrüchen zu machen und strukturell breiter zu diversifizieren, sollten die Rahmenbedingungen für die private Wirtschaft jedoch noch weiter verbessert werden. Dann würde die gegenwärtige Aufholjagd der Wirtschaft auf robusteren Beinen stehen.
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