"Wo man am meisten drauf erpicht, gerade das bekommt man nicht." Diese alte Weisheit von Wilhelm Busch gilt häufig auch für die Aktienmärkte. Schließlich müssten Entwicklungen, die von der Mehrzahl der Marktteilnehmer erwartet werden, bereits zum größten Teil in den Notierungen berücksichtigt sein. Markante Kursreaktionen sind somit nur dann zu erwarten, wenn das Gros der Anleger sozusagen auf dem falschen Fuß erwischt wird. Somit gilt es zwei Fragen zu beantworten: Welches Szenario wird an den Märkten gespielt und wie realistisch sind die Erwartungen? Hieraus lässt sich ableiten, ob eher die Chance auf positive Überraschungen oder die Gefahr von Enttäuschungen überwiegt.
Dass es in den USA gut läuft und die Eurozone endlich aus der Rezession findet, ist inzwischen Allgemeingut. Dies belegt auch die vergleichsweise verhaltene Kursreaktion auf so wichtige Indikatoren wie den ISM-Index für das Verarbeitende Gewerbe. Auch die Historie zeigt, dass auf dem inzwischen erreichten Niveau des ISM-Index (August: 55,7) nur noch unterdurchschnittliche Kurssteigerungen bei US-Aktien zu erwarten sind. Dies gilt umso mehr, da die Konjunkturindikatoren in den Industrieländern in den vergangenen Monaten zumeist besser ausgefallen sind und daher die Erwartungen nach oben geschraubt werden. Das Ausmaß an positiven Überraschungen ist daher künftig nur schwer aufrecht zu erhalten. Es steigt vielmehr die Gefahr von Enttäuschungen.
Gleichzeitig kommt Gegenwind von der US-Geldpolitik. Angesichts des markanten Renditeanstiegs hat sich die relative Attraktivität von Aktien spürbar reduziert. Die Bewertungslücke verringert sich gegenwärtig maßgeblich über die Entwicklung am Rentenmarkt. Schließlich haben USAktien mit einem KGV von 14 ein Niveau erreicht, das in der jüngeren Vergangenheit nur während der New Economy Blase sichtbar übertroffen wurde. Das künftige Kurspotenzial beschränkt sich somit im Wesentlichen auf das Ausmaß der Unternehmensgewinnzuwächse, die im langfristigen Durchschnitt mit rund sieben Prozent steigen.
Trotz der jüngsten Korrektur besteht bei Aktien angesichts tendenziell noch rückläufiger Gewinnschätzungen vorerst wenig Kurspotenzial. Zudem gilt es den Syrienkonflikt als kurzfristigen Störfaktor im Auge zu behalten. Allerdings haben politische Ereignisse in der Vergangenheit zum Teil zwar heftige, zumeist aber nur vorübergehende Ausschläge an den Börsen verursacht. Schutz vor deutlichen Kursrückgängen sollte der inzwischen recht ausgeprägte Pessimismus mit Blick auf die kurzfristigen Perspektiven bieten. Gut möglich also, dass die von vielen Marktteilnehmern befürchtete September-Schwäche zumindest bei US-Aktien schon im August weitgehend vollzogen wurde.