Prognosen haben Hochkonjunktur
Zum Jahreswechsel ist die Nachfrage nach Konjunktur- und Kapitalmarktprognosen üblicherweise am höchsten. Dies gilt auch für das Angebot. Schließlich gilt es, die Weichen für das neue Anlagejahr richtig zu stellen. Die hohe Zahl an Anbietern sollte im Sinne der Wettbewerbstheorie eigentlich den Forscherdrang beflügeln. Dennoch wirken die Adressaten der Prognosen häufig unzufrieden. Woran kann das liegen? Erwarten sie zu viel oder liefern die Auguren zu wenig?
Treffsicherheit gefordert
Zweifelsohne wünscht sich jeder Anleger, die Person mit der gläsernen Kugel zu finden, die auf jede beliebige Frage eine eindeutige Antwort liefert, am besten mit einer hundertprozentigen Treffsicherheit. Das dieser Wunsch unerfüllt bleiben muss, ist klar, zumindest solange die Aussagen die Zukunft betreffen. Wenig hilfreich ist jedoch der Rückzug vieler Prognostiker auf den Standpunkt, dass die Zeiten gerade besonders unsicher sind und somit eine genaue Voraussage kaum zu treffen ist. Also ganz getreu der alten Fußballerweisheit: "Das nächste Spiel ist immer das schwerste." Wieso aber sollten die Zeiten für eine Prognose derzeit besonders schwer sein? Schwarze Schwäne, also statistisch extrem unrealistische Ereignisse, sind per Definitionem ohnehin nicht vorhersagbar.
Deutsche Wirtschaft trotzt 2012 den Herausforderungen
So stellt sich die zum Jahreswechsel immer wiederkehrende Frage: Wo stehen wir aktuell und welches Szenario ist für die kommenden zwölf Monate am wahrscheinlichsten? Das Jahr 2012 war angesichts massiver struktureller Verwerfungen in einzelnen europäischen Ländern geprägt durch die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone. Gleichzeitig befand sich der Rest der Welt in einer Phase der konjunkturellen Abkühlung. Trotz dieser enormen Belastungen hat der deutsche Leitindex DAX im vergangenen Jahr eine beachtliche Performance von fast 30 Prozent hingelegt; der Euro gewann trotz des vielerorts diskutierten Niedergangs der Währungsunion gegenüber wichtigen Valuten wie dem US-Dollar und dem Japanischen Yen an Stärke. Aufgrund der weltweiten Konjunkturschwäche ließ zwar auch die Exportdynamik in Deutschland nach. Gleichzeitig sanken allerdings die Importe, so dass trotzdem der größte Teil des Wachstums vom Außenhandel kam. Während der Konsum moderat zum Wachstum beitrug, waren die Investitionen rückläufig. Die Zahl der Beschäftigten erreichte dennoch historische Höchststände, bei einer Inflationsrate von gerade einmal 2 Prozent.
Frühindikatoren liefern Anlass zu Optimismus
Im vierten Quartal 2012 hat die globale Wachstumsberuhigung zu einem merklichen Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts geführt. Der Blick in den Rückspiegel könnte also tatsächlich etwas verunsichern. Aber es geht ja gerade nicht darum, die Vergangenheit fortzuschreiben, sondern in die Zukunft zu schauen. Hier besteht durchaus Anlass zu Optimismus, denn die vorlaufenden Indikatoren weisen bereits jetzt auf eine Konjunkturerholung im Laufe des Jahres 2013 hin. Während die Signale in Europa noch sehr schwach ausgeprägt sind, deuten die Frühindikatoren in den Ländern, die gegenwärtig den weltweiten Konjunkturzyklus vorgeben, auf eine Belebung hin. Hierzu zählen Länder wie China, Brasilien aber auch die USA. Selbst in unseren krisengeschüttelten europäischen Nachbarländern scheint die Abwärtsbewegung allmählich auszulaufen. So wurde jüngst für Spanien sogar erstmals eine leichte Besserung am Arbeitsmarkt gemeldet. Die Strukturreformen, die gerade dort eine deutliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit eingeleitet haben, zeigen sich nicht mehr nur in deutlichen Exportsteigerungen.
"Draghi-Put" markiert Trendwende bei Staatsschuldenkrise
Natürlich sind die Strukturreformen nicht allein verantwortlich für die veränderte Wahrnehmung der Marktteilnehmer. Ausschlag gebend ist vielmehr das Versprechen des EZB-Präsidenten Draghi, den Euro um jeden Preis zu retten. Immerhin haben sich hierdurch die Risikoaufschläge bei Staatsanleihen aus den Problemländern deutlich entspannt. Auch der Anstieg der Target-Salden wurde gestoppt und Aktien haussierten. Der Begriff "Euro-Krise" ist inzwischen aus den Schlagzeilen verschwunden.
DAX wird 2013 neue Höchststände erreichen
Steht also ein weiteres überdurchschnittlich gutes Aktienjahr ins Haus? Aktien sind bekanntlich der früheste Frühindikator. Nachdem der DAX bereits ab dem zweiten Halbjahr 2012 viel Positives vorweggenommen hat, wird trotz zyklischem Rückenwind der Aufstieg allmählich beschwerlicher. Trotzdem wird der DAX in diesem Jahr historische Höchststände erreichen und die Marke von 8200 Indexpunkten überschreiten.
Beitrag erschienen in "Die Welt", 19. Januar 2013
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