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Vertrau(d)lich: Große Herausforderung für neues Denken

(lifePR) (Frankfurt am Main, )
Die Finanzkrise stellt in vielfacher Hinsicht eine Zäsur dar. Auch in den Wirtschaftswissenschaften werden neue Töne angeschlagen. Die Aufgabe für die neue Volkswirtschaftslehre lautet herauszubekommen, in welcher Phase des Konjunkturzyklus die Theorie effizienter Märkte gilt und wann davon abweichende Phänomene auftreten. Dann könnten extreme Volatilitäten auf den Kapitalmärkten besser antizipiert und vielleicht sogar künftige Finanzkrisen vermieden werden.

Zäsur durch Finanzkrise

Die Finanzkrise stellt in vielfacher Hinsicht eine Zäsur dar. Die Trendwende wurde im Jahr 2007 mit der Subprime-Krise in den USA eingeläutet. Nach langer Sorglosigkeit an den Kapitalmärkten wurden wieder Risikoprämien gefordert. Angefangen bei den derivativen Finanzprodukten kam es in den Folgejahren zu einer Neuadjustierung bei allen Anlageklassen.

Regulierung en Vogue

Auch hat sich der Zeitgeist hinsichtlich regulatorischer Aspekte substanziell verändert. Während bis zum Ausbruch der Finanzkrise eine weitgehende Deregulierung als das Maß aller Dinge galt, versuchen derzeit die nationalen sowie supranationalen Behörden sich in ihren Regulierungsvorhaben zu übertrumpfen. Jüngst hat der US-Präsident sogar eine verschärfte Regulierung des Ölmarktes ins Spiel gebracht. Auch in Frankreich gehen der amtierende Präsident Sarkozy und sein sozialistischer Herausforderer Hollande im Wahlkampf mit regulatorischen und protektionistischen Parolen auf Stimmenfang. Das Vertrauen in marktwirtschaftliche Mechanismen scheint zu schwinden.

Neue Töne in der Wissenschaft

Die neuen Töne finden auch auf dem wirtschaftswissenschaftlichen Parkett Gehör. Die derzeit noch an den meisten Universitäten dominierende Lehre von immer rational handelnden Menschen bei allzeit vollkommenen Märkten - verpackt in realitätsfremden Modellen - wird zunehmend in Frage gestellt. Im Jahr 2009 wurde das Institute for New Economic Thinking (INET) in New York gegründet. Ziel dieser Organisation ist es, Lehren aus der Finanzkrise zu ziehen und die Wirtschaftslehre zu überdenken. Während damals noch kein deutscher Vertreter dabei war, fand die dritte Jahreskonferenz jüngst in Berlin statt. Das "neue Denken" hat also auch deutschen Boden erreicht.

Kahneman Vorreiter

Wirklich neu ist die Forderung nach einer Öffnung der Volkswirtschaftslehre allerdings nicht. Bereits im Jahr 2002 erhielt u.a. der Psychologe Daniel Kahneman den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für das "Einführen von Einsichten der psychologischen Forschung in die Wirtschaftswissenschaft, insbesondere hinsichtlich Beurteilungen und Entscheidungen bei Unsicherheit". Gerade die Unsicherheit zieht sich seit Jahren wie ein roter Faden durch die Finanzkrise. So hätte sich der ein oder andere Entscheidungsträger diese Erkenntnisse sicherlich gerne zu Nutze gemacht. Obwohl dieser Nobelpreis schon vor zehn Jahren vergeben wurde, haben diese Erkenntnisse allerdings noch nicht in den allgemeinen universitären Alltag Einzug gehalten. Entsprechend fehlten den wirtschaftspolitischen Beratern diese Erkenntnisse in der schweren Phase der Finanzkrise.

Verhaltenswissenschaften nicht zur Verstaatlichung mißbrauchen

Sollte man also die Erkenntnisse der in den vergangenen Jahrzehnten vorherrschenden Lehre vollkommen verdammen? Mitnichten. Gerade die monetaristischen Grundlagen von Milton Friedmann waren maßgeblich für die prosperierende Entwicklung, nachdem eine stark auf Nachfragesteuerung ausgelegte Politik in den 70er Jahren zu einer lang anhaltenden Stagflation führte. In der letzten Phase vor der Finanzkrise machte sich jedoch der "Glaube" breit, dass Konjunkturzyklen obsolet geworden seien. Dauerhaft hohes Wachstum mit entsprechenden Renditen ohne Risiko schien möglich. Aufgrund der unterstellten rationalen Erwartungen wurden jegliche Risiken ausgeblendet und genau dann geriet das System aus den Fugen. Das Vertrauen in Marktmechanismen wurde stark erschüttert und der Ruf nach dem Staat als "Retter" bekam immer mehr Anhänger.

Dass der Mensch nicht immer ein "homo oeconomicus" ist, heißt jedoch nicht, dass der Einzelne nicht weiß, was er will und was gut für ihn ist. Deshalb sollte er aber nicht seiner Entscheidungsfreiheit durch staatliche Vorgaben beraubt werden. Zwar würde der Druck durch Marktbewegungen und hohe Volatilitäten entfallen. Allerdings würden dann die Bewegungen des Marktes dem Staat überlassen und der einzelne Bürger letztendlich entmündigt. Dies sollte nicht der einzuschlagende Weg sein, wenn verhaltenswissenschaftliche Aspekte in das volkswirtschaftliche Denken Einzug finden.

Richtige Kombination von Ansätzen

Die Aufgabe für die neue Volkswirtschaftslehre lautet vielmehr herauszubekommen, in welcher Phase des Konjunkturzyklus die Theorie effizienter Märkte gilt und wann davon abweichende Phänomene auftreten. Dann könnten extreme Volatilitäten auf den Kapitalmärkten besser antizipiert und vielleicht sogar künftige Finanzkrisen vermieden werden.
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