- Chart der Woche: USA: Wärmster Winter in 60 Jahren
- Rohstoffe: Brüche im fundamentalen Umfeld bremsen
- Deutschland: Konjunkturelle Frühlingsgefühle
Chart der Woche
USA: Wärmster Winter in 60 Jahren
Gemessen am landesweiten Heizbedarf war der Winter in den USA so milde wie seit mindestens 1949 nicht mehr. Dies federt die Wirkung des jüngsten Anstiegs der Ölpreise ab, da die Haushalte weniger Heizöl verbraucht haben. Gleichzeitig verzerrt der milde Winter aber einige Konjunkturindikatoren. Während der Konsum kurzfristig durch die geringeren Ausgaben für Heizung gedämpft wird, profitiert der Bau. Die saisonbereinigten Daten, wie die in der Berichtswoche anstehenden Baubeginne, werden tendenziell jedoch besser aussehen als sie eigentlich sind. Die Saisonfaktoren erwarten für den Winter kältebedingte Produktionsrückgänge. Bleiben diese aus, werden die Zahlen temporär "aufgeblasen". Wenn sich das Wetter dann normalisiert, folgt die Korrektur.
Wochen-Quartals-Tangente
Der Schuldenschnitt Griechenlands scheint sich doch auszuzahlen. Vor allem die Aktienmärkte profitieren von der schwindenden Unsicherheit. Dem DAX gelang der psychologisch wichtige Sprung über die Marke von 7.000 Punkten, der Dow Jones überwand die 13.000-Punkte-Marke. Positiv ins Bild fielen insgesamt günstige Konjunkturdaten beiderseits des Atlantiks. In Deutschland konnte der ZEW-Konjunkturindex erneut deutlich zulegen. Auch der Drei-Jahres-Tender entfaltet weiterhin positive Wirkung. So konnten die Euro-Staaten problemlos frisches Kapital an den Anleihemärkten einsammeln, und zwar zu deutlich günstigeren Konditionen als zu Jahresbeginn. Gleichwohl bereitet Spanien einige Sorgen. Die schwache Konjunktur erzwang einen Kompromiss bei den spanischen Defizitvorgaben. Statt wie geplant 4,4 % des BIP gestattet die Euro-Gruppe nunmehr für dieses Jahr 5,3 %. Allerdings musste sich Madrid verpflichten, die 3 %-Defizitgrenze 2013 definitiv einzuhalten.
Die Aktienmärkte dürften den Schwung in die kommende Woche mitnehmen. Auf der konjunkturellen Seite liegen kaum Stolpersteine im Weg. Im Euroraum werden sich die Einkaufsmanagerindizes vermutlich leicht verbessern (S. 5). In den USA ist mit überwiegend positiven Daten aus dem Immobiliensektor zu rechnen. Dies dürfte allerdings einer spürbaren Erholung am US-Rentenmarkt entgegen stehen. Hier sind die Renditen zuletzt auf den höchsten Stand seit Oktober gestiegen. In ihrem Schlepptau hat sich die Rendite 10-jähriger Bunds zuletzt wieder der 2 %-Marke angenähert. Nachdem sich der Weg nach unten angesichts der bereits rekordtiefen Renditeniveaus immer mehr als "Mission impossible" erweist, steht nun möglicherweise ein Test der oberen Grenzen des seit rund einem halben Jahr bestehenden Seitwärtstrends der Renditen an. An den Rohstoffmärkten ist der Kursspielraum ebenfalls überschaubar. Eine wesentliche Ausnahme bilden aufgrund politischer Unsicherheiten die Rohölnotierungen (S. 4). Der US-Dollar profitierte zuletzt von wachsenden Zweifeln, ob die ultralockere Geldpolitik in den USA tatsächlich noch Jahre währt. Der handelsgewichtete Außenwert stieg seit Anfang Februar um über 3 %. Der Euro sollte gleichwohl seine Position angesichts abnehmender Ängste vor einem Zerfall der Währungsunion halten können.
Rohstoffe: Brüche im fundamentalen Umfeld bremsen
Trotz konjunkturellen Aufwinds ist der Spielraum der Notierungen bei Rohstoffen derzeit begrenzt, da exogene Preistreiber inzwischen kaum mehr positive Wirkung zeigen. Der Mineralölsektor stellt hierbei angesichts der in den kommenden Monaten wohl noch anhaltenden Verwerfungen durch den Iran-Konflikt eine - wenn auch prominente -Ausnahme dar.
Nach einem guten Jahresauftakt tun sich Rohstoffe mit Ausnahme der politisch im Preis getriebenen Mineralölprodukte inzwischen etwas schwer. Zwar sprechen die konjunkturellen Stimmungsindikatoren für weiteren zyklischen Aufwind. Exogene Faktoren wie die außergewöhnlichen geld-politischen Maßnahmen der großen Notenbanken, der Wachstumsmix in China und das Wetterphänomen La Nina sowie die Schaffung zusätzlichen Angebots bzw. Nachfragezerstörung aufgrund historisch hoher Preisniveaus sorgen gegenwärtig jedoch für Zurückhaltung. So haben die Aussichten auf weitere quantitative Lockerungen der US-Notenbank zuletzt einen erheblichen Dämpfer erhalten. Beim Hauptabnehmer von Industrierohstoffen China zeichnet sich mittlerweile notgedrungen eine Änderung des Wachstumsmodells ab. Insbesondere die an den Märkten erhoffte neuerliche Befeuerung von Investitionen in den Bereichen Immobilien, Großindustrie und Infrastruktur scheinen im Reich der Mitte nicht mehr als zielführend eingeschätzt zu werden. Bei Agrarrohstoffen ist zumeist nicht nur wetterbedingt mit einem nachhaltig höheren Angebot und wachsenden Lagerbeständen zu rechnen. Die Preisspielräume nach oben erscheinen somit bei Rohstoffen momentan relativ überschaubar. Unsere Goldprognosen befinden sich gegenwärtig auch auf dem Prüfstand. Zumindest besteht bei Gold unterhalb der 200-Tage-Linie (aktuell 1.683,10 $/oz) eine starke technische Unterstützung im Bereich um 1.600 $/oz.
Angebotsunsicherheiten in erster Linie aufgrund geopolitischer Risiken halten Mineralölprodukte weiterhin unter Dampf. So dürfte die Rohölsorte Brent wohl noch eine Weile über dem aktuell eigentlich plausiblen Gleichgewichtspreis im Bereich von 100 $/bbl notieren. Da die Versorgungssicherheit in Asien durch die Entwicklungen im Nahen Osten besonders gefährdet ist, findet gegenwärtig gerade dort trotz der sehr hohen Preise zusätzlicher Lageraufbau statt. In unserem Basisszenario unterstellen wir nicht nur die Vermeidung einer weiteren Eskalation des Iran-Konflikts, sondern auch die Anbahnung einer diplomatischen Lösung im nächsten Quartal. Im zweiten Halbjahr dürfte u. E. dann eine nachhaltige Preisberuhigung eintreten. Sollte es wider Erwarten aufgrund der mangelnden Kompromissfähigkeit des Irans doch zu einer militärischen Auseinandersetzung kommen, wären zumindest vorübergehend deutlich höhere Preise einzukalkulieren.
Deutschland: Konjunkturelle Frühlingsgefühle
Steigende Energiekosten, höhere Tariflöhne und eine sich belebende Weltkonjunktur führen zu einem Auslaufen des Disinflationsprozesses bei den Vorprodukten in Deutschland. Die Einkaufsmanagerindizes für März sollten leicht angestiegen sein.
Die Ölnotierungen der Sorte Brent sind deutlich angestiegen. Zuletzt mussten fast 124 US$ für das Barrel bezahlt werden. Im Vorjahresvergleich allerdings geht der Anstieg noch zurück, da es bereits zu Beginn des letzten Jahres bis ins Frühjahr hinein zu einem Energiepreisschub gekommen war. Neben einer etwas schwächeren Konjunktur hatte dieser Basiseffekt bis zuletzt dazu beigetragen, dass die deutschen Erzeuger-, Import- und Großhandelspreise Monat für Monat niedrigere Vorjahresraten aufwiesen. Dieser Effekt dürfte nun bald auslaufen, zumal die Vorproduktpreise tendenziell wieder zulegen. Im Februar sollte die Vorjahresrate der Erzeugerpreise trotz eines deutlichen Vormonatsanstiegs auf gut 3 % leicht sinken. Da die Konjunktur allmählich wieder Fahrt aufnimmt, die Energiepreise ansteigen und die Tariflöhne voraussichtlich deutlicher angehoben werden, rücken die Inflationsgefahren wieder etwas stärker in den Vordergrund.
Nachdem sich die Finanzanalysten gegenüber dem ZEW optimistisch bezüglich der weiteren Entwicklung der deutschen Wirtschaft geäußert haben, werden nun die Einkaufsmanager befragt. Deren Einschätzung ist verhaltener. Legt man den "Composite-Index" zugrunde, also die Zusammenfassung für die Industrie und die Dienstleister, so lugt der deutsche Wert mit gut 51 Punkten gerade über die Wachstumsschwelle. Frankreich liegt genau auf dieser 50-Punktemarke und die beiden südeuropäischen Länder Italien und Spanien verharren weiter in der Rezession. Auf Spanien kommen wegen der Defizitverfehlung weitere Sparmaßnahmen zu, so dass wir unsere BIP-Prognose 2012 für dieses Land auf -0,3 % gesenkt haben. Die Einkaufsmanagerindizes dürften im März nur wenig angestiegen sein, da zunehmend die hohen Energiepreise belasten. Weiterhin überwiegen aber die positiven Effekte der sich belebenden Konjunktur in den USA, die steigenden Aktienkurse sowie das expansive geldpolitische Umfeld.
Die deutsche Konjunktur befindet sich im ersten Quartal noch auf einer holprigen Wegstrecke. Die Industrieproduktion dürfte vor dem Hintergrund eines wetterbedingt schwachen Februars und unzureichender Aufträge bestenfalls stagnieren. Der Einzelhandelsumsatz war im Januar nach Revision so stark rückläufig, dass ein Quartalsminus kaum mehr zu vermeiden ist. Die gestiegenen Frühindikatoren lassen allerdings für das Frühjahrsquartal 2012 eine wieder anziehende Konjunktur erwarten, so dass unsere BIP-Prognose von arbeitstäglich bereinigt 1,2 % für 2012 weiterhin realistisch erscheint.
Helaba Kapitalmarktszenarien
Für unseren Kapitalmarktausblick 2012 haben wir das Thema "Helden- und Göttersagen" gewählt. Im Hauptszenario "Gordischer Knoten" (Eintrittswahrscheinlichkeit: 70 %) befreit sich die Weltwirtschaft aus einer schwierigen Ausgangslage. Die Industrieländer verstrickten sich im Jahresverlauf 2011 im Schuldengewirr, während sich die Schwellenländer abschwächten. Eine geordnete Insolvenz Griechenlands sowie erste Erfolge der europäischen Strukturreformen und eine weltweit expansive Ausrichtung der Geldpolitik tragen jedoch 2012 dazu bei, die Schuldenkrise und die konjunkturelle Schwäche allmählich zu überwinden. Der gordische Knoten kann gelöst werden. Das Wirtschaftswachstum 2012 wird zwar nicht an die spektakulären Raten des Jahres 2010 anknüpfen, es schwenkt aber auf einen normalen Wachstumstrend ein. Damit dürften auch die Kapitalmärkte endlich wieder in ruhigeres Fahrwasser geraten: Nach den Übertreibungen 2011 zeichnet sich für 2012 ein insgesamt gutes Aktienjahr mit zweistelligen Zuwächsen ab. Renten dürften dagegen unter Druck geraten.
Das weiterhin durch die Schwellenländer getriebene Wachstum der Weltwirtschaft wird 2012 bei rund 3 1/2 % verharren, da die Normalisierung bereits 2011 einsetzte. Im Jahresverlauf ist aber mit einer anziehenden Dynamik zu rechnen: Die Geldpolitik in den Schwellenländern dürfte wieder vermehrt auf Expansion umschwenken. In den europäischen Problemländern wird der Konsolidierungsdruck zwar hoch bleiben, aber die bereits erfolgten Restrukturierungen erbringen erste Wachstumsimpulse. In den USA kommt es im Wahljahr dagegen noch nicht zu größeren Konsolidierungsanstrengungen, so dass die Wirtschaft erneut um rund 2 % wachsen wird. 2013 dürfte das globale BIP sogar wieder stärker expandieren.
In unserem positiven Szenario "Phönix aus der Asche" (15 %) kann die Weltwirtschaft an das überdurchschnittliche Wachstum 2010 anknüpfen, jedoch um den Preis einer höheren Inflation. Befeuert wird dies von einer expansiven Ausrichtung der Geld- und Fiskalpolitik. Weitere Konsolidierungsschritte werden in die Zukunft verschoben. Aktien strahlen heller denn je und Renten verzeichnen im Gegenzug kräftige Kursverluste.
In unserem negativen Szenario "Sisyphus" (15 %) fällt die Weltwirtschaft in eine Rezession. Die Industrieländer geraten in ein deflationäres Umfeld. Trotz massiver Anstrengungen kann die europäische Schuldenkrise nicht bewältigt werden. Der Versuch Staaten und Banken gleichzeitig zu retten stellt sich als Sisyphusarbeit heraus. In China platzt die Immobilienblase und führt zu heftigen realwirtschaftlichen Verwerfungen weltweit. Geopolitische Risiken könnten zudem die Konjunktur zusätzlich belasten. Anleger suchen Sicherheit, wovon der US-Dollar und die Rentenmärkte profitieren. Auf die Aktienmärkte hingegen rollt ein erneuter Einbruch zu.
Helaba Basisszenario mit Prognosetabelle
In unserem Hauptszenario "Gordischer Knoten" (Eintrittswahrscheinlichkeit: 70 %) befreit sich die Weltwirtschaft aus einer schwierigen Ausgangslage. Die Industrieländer verstrickten sich im Jahresverlauf 2011 im Schuldengewirr, während sich die Schwellenländer abschwächten. Eine geordnete Insolvenz Griechenlands sowie erste Erfolge der europäischen Strukturreformen und eine weltweit expansive Ausrichtung der Geldpolitik tragen 2012 dazu bei, Schuldenkrise und Wachstumsschwäche allmählich zu überwinden. Der gordische Knoten kann gelöst werden. Das globale Wirtschaftswachstum schwenkt auf einen normalen Wachstumstrend ein und verharrt im Jahresdurchschnitt bei rund 3 1/2 %. Damit dürften auch die Kapitalmärkte endlich wieder in ruhigeres Fahrwasser geraten.
Rentenmärkte: Die EZB wird den Leitzins vermutlich bei 1 % fixieren, so dass das Feld für anhaltend niedrige Kapitalmarktzinsen in Deutschland bestellt ist. Im Jahresverlauf sprechen jedoch zwei Faktoren gegen deutsche Staatsanleihen: die Konjunktur dürfte sich wieder erholen und bei einer Entspannung der Euro-Schuldenkrise ist mit einer geringeren Nachfrage nach den inzwischen extrem teuren Bundesanleihen zu rechnen. Die Verzinsung 10-jähriger Staatsanleihen sollte in Deutschland 2012 zwischen 1,6 % und 2,8 % schwanken, in den USA zwischen 1,8 % und 3,0 %.
Euro: Die expansive EZB-Politik in Form von Zinssenkungen und Kaufprogrammen belastet jedoch zum Jahresbeginn den Euro. Im Verlauf von 2012 dürften die Sorgen um die Schuldenkrise in den Hintergrund treten und die Konjunktur in der Eurozone wieder Tritt fassen. Somit wird die EZB ihren Expansionsgrad dann nicht mehr ausweiten. Der Euro dürfte gegenüber dem US-Dollar zulegen, zumal die US-Notenbank eine Zinswende für längere Zeit quasi ausgeschlossen hat. Der Euro-Dollar-Kurs sollte sich 2012 im Bereich von 1,30 bis 1,45 bewegen.
Aktienmärkte: Nachdem der DAX 2011 Extremszenarien ausgetestet hat, dürfte 2012 in etwas ruhigeren Bahnen verlaufen. Mit einer Einengung der Risikoaufschläge bei Staatsanleihen wird das Vertrauen der Anleger allmählich zurückkehren und der Risikoappetit wieder zunehmen. Die Kombination aus niedrigen Leitzinsen und nach oben drehenden Wachstumserwartungen hat sich in der Vergangenheit als ausgesprochen günstige Phase für Dividendentitel erwiesen. Der DAX dürfte daher 2012 an die Marke von 7.500 Punkten heranreichen.
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