- Chart der Woche
- Wochen-Quartals-Tangente
- Finanzmarktkalender KW 29 mit Prognosen
2 Im Fokus
- Aktien: Neue Impulse durch Zwischenberichtsaison
- ESM: Europa wartet auf das Füllhorn
3 Charttechnik
4 Helaba Kapitalmarktszenarien
5 Helaba Basisszenario mit Prognosetabelle
Die Woche im Überblick
- Chart der Woche
Seit Beginn der Finanzkrise Mitte 2007 reduzierten die wichtigsten Zentralbanken nicht nur ihre Leitzinsen auf nahe Null, sondern erweiterten auch mittels quantitativer Maßnahmen ihre Bilanzsummen. Am aggressivsten ging hier die britische Notenbank vor. Die Bank of England dürfte dank eines neuen Kaufprogramms die Spitzenposition verteidigen, selbst wenn die Schweizer Notenbank aufgrund ihrer Devisenmarktinterventionen den Briten auf den Fersen folgt. Neue Hinweise, ob die Federal Reserve ihre Bilanzsumme weiter ausdehnt, dürfte ihr Präsident Bernanke in der kommenden Woche geben. Während die Zurückhaltung der japanischen Notenbank am Devisenmarkt belohnt wird, zahlt sich die relative Bescheidenheit der EZB nicht aus: Der Euro-Dollar-Kurs fiel auf ein neues Jahrestief, an einer zu expansiven Geldpolitik liegt es kaum.
- Wochen-Quartals-Tangente
Es geht nur schleppend voran: Zwar hat Spanien ein neues Sparpaket beschlossen und zeigt sich optimistisch, mit Hilfe der zugesagten europäischen Bankenhilfen die Staatsschuldenkrise zu überwinden. Gleichzeitig ist allerdings der europäische Fahrplan – insbesondere was die Etablierung einer gemeinsamen Bankenaufsicht anbelangt – ins Stocken geraten (S. 5). Zudem bleibt die Lage in Griechenland unübersichtlich. Das Schwelen der Staatsschuldenkrise belastete den Euro, während deutsche Renten von Safe-Haven Zuflüssen profitieren. Den Aktienmarkt (S. 4) hingegen bremsten Sorgen um ein Abflauen der Konjunktur aus.
Chinas Wirtschaftswachstum hat sich in Q2 auf 7,6 % verlangsamt, das ist die niedrigste Wachstumsrate seit 2009. Dennoch gibt es hinreichend Evidenz, dass die Talsohle erreicht ist und die Dynamik in den nächsten Monaten anziehen dürfte: Neben der Kreditvergabe sprechen die robusten Zuwächse beim PKW-Absatz dafür. Insgesamt stabilisierten sich im Juni die Einzelhandelsumsätze sowie die Industrieproduktion und gleichzeitig beschleunigten sich die Anlageinvestitionen. Zudem spekulieren die Investoren nun auf weitere geldpolitische und fiskalische Stimuli. Ein ähnliches Bild zeigt sich konjunkturell auch in Deutschland: Mit Ende des zweiten Quartals sorgten Auftragseingänge, Industrieproduktion und Exporte für eine positive Überraschung, die von den Kapitalmärkten nahezu ignoriert wurde. Für Deutschland zeichnet sich damit ein Wachstumsplus im 2. Quartal ab, trotz der Stimmungsindikatoren, die sich sichtlich eingetrübt haben.
In den USA fielen die Daten zuletzt durchwachsen aus: Die jüngsten Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung überraschten zwar positiv, gleichzeitig dürften in der Berichtswoche Frühindikatoren, Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze belegen, dass die Wirtschaft etwas an Schwung verloren hat. Deshalb spekulieren viele Marktbeobachter auf ein QE3. In der Berichtswoche wird sich Fed-Chef Bernanke vor beiden Häusern des Parlaments verantworten. Er muss dann Farbe bekennen, ob die aktuelle Datenlage neue umfangreiche geldpolitische Maßnahmen rechtfertigt, die dann auf der nächsten FOMC-Sitzung vor der Sommerpause beschlossen werden könnten. Oder ob sich die Konjunktur weiter eintrüben muss, so dass ein mögliches QE3 frühestens ab September erfolgen würde. Innerhalb der Fed wird dies bereits kontrovers diskutiert, so dass die Entscheidung denkbar knapp sein dürfte.
Im Fokus
- Aktien: Neue Impulse durch Zwischenberichtsaison
Die Erholung bei Aktien ist zuletzt ins Stocken geraten. Neue Anregungen sind von der nun an Fahrt gewinnenden US-Berichtssaison zu erwarten. Nach zahlreichen Abwärtsrevisionen liegt die Messlatte nicht sehr hoch.
Die Nervosität der Aktienanleger hat sich in den letzten Wochen wieder etwas gelegt. Obwohl die Risikoaufschläge bei Staatsanleihen der Europroblemländer auf erhöhtem Niveau verharrten und auch der Euro gegenüber dem US-Dollar weiter unter Druck blieb, hat sich die implizite Aktienmarktvolatilität zurückgebildet. Offenbar haben Aktienmarktteilnehmer ihre Wachstumserwartungen bereits hinreichend stark zurückgeschraubt. Nun warten sie auf neue Impulse. Seit dem Frühjahr wurden die Konsens-Gewinnprognosen der Analysten für die kommenden 12 Monate auch für DAX- und S&P 500-Unternehmen merklich reduziert. Die Erwartungen der Aktieninvestoren hinsichtlich der Nettoergebnisse fallen offensichtlich ohnehin geringer aus. Dafür sprechen die niedrige absolute Bewertung (KGV) sowie die ausgesprochen hohen Risikoprämien. Dies bietet einen gewissen Schutz für den Fall kurzfristig noch rückläufiger Unternehmensergebnisse.
Für die nun anlaufende Zwischenberichterstattung über das zweite Quartal dürfte die Messlatte nicht sehr hoch liegen. In den USA haben die ersten Unternehmen aus dem S&P 500 Zahlen vorgelegt. Rund 59 % von ihnen konnten die Analystenschätzungen übertreffen. Damit liegt der Anteil positiver Gewinnüberraschungen zum Auftakt der sogenannten reporting season zwar unterhalb des langjährigen Durchschnitts von 65 %. Die Tendenz kann sich aber im Verlauf der kommenden Wochen durchaus noch ändern, wie die vergangenen Quartale belegen. So erhöhte sich der Anteil positiver Überraschungen bei den Q4/2011-Ergebnissen nach einem sehr schwachen Auftakt von 52 % auf 62 %. Dagegen startete die Q1/2012 Berichterstattung mit einem Anteil positiver Überraschungen von 80 % und endete bei 67 %. Von der in den kommenden Wochen Fahrt aufnehmenden Zwischenberichtsaison könnten somit durchaus positive Impulse ausgehen.
Zudem kommt es nun darauf an, dass die Frühindikatoren allmählich ihren Boden ausbilden, auch wenn die Skepsis der Anleger vorerst noch vor größeren Enttäuschungen schützt. Bei einer weiterhin sehr lockeren Geldpolitik in den Industrieländern und weiteren Zinssenkungen in wichtigen Schwellenländern wie China überwiegen u. E. die Chancen auf mittelfristig steigende Notierungen. Angesichts wesentlich höherer Ertragspotenziale dürfte es bei nachlassender Risikoaversion zu spürbaren Umschichtungen von kurzfristig geparkten Geldern in Aktien kommen.
- ESM: Europa wartet auf das Füllhorn
Der Verhandlungserfolg der Spanier auf dem EU-Gipfel Ende Juni hat auch in Irland Hoffnungen genährt, dass man einen Teil der drückenden Kosten der geleisteten Bankenbeihilfen bald „vergemeinschaften“ kann. Dem stehen aber noch einige Hürden entgegen.
Kaum hatten die Euro-Finanzminister am 9. Juli den Iren versprochen, bis zum Oktober eine Entscheidung zur Entlastung bei ihren Bankschulden zu treffen, ist der Fahrplan schon wieder in Frage gestellt. Die Hoffnung seitens irischer Regierung und Medien, dass dabei ESM-Mittel quasi als „Ablöse“ der staatlichen Bankbeihilfen fließen könnten, war von vornherein optimistisch, denn der Eurogipfel am 29. Juni hatte ja die direkte Unterstützung von Banken durch den ESM explizit von der Etablierung einer „effektiven“ gemeinsamen Bankenaufsicht abhängig gemacht. Dass diese in so kurzer Zeit eingerichtet werden könnte, ist aber mehr als fragwürdig, wie die Kontroverse um die Vor- und Nachteile einer bei der EZB angesiedelten Bankenaufsicht unterstreicht. Nach der Ankündigung des deutschen Bundesverfassungsgerichts, keine schnelle Entscheidung über den Komplex „ESM/Fiskalpakt“ zu fällen, dürfte es noch eine Weile dauern, bis der ESM seine Arbeit aufnimmt. Außerdem hat das deutsche Parlament wegen des enormen Zeitdrucks eine Version des ESM verabschiedet, die nur Beihilfen an Regierungen vorsieht – eine unmittelbare Rekapitalisierung von Banken durch den ESM müsste erst noch parlamentarisch genehmigt werden. Da zudem nur diejenigen Länder, die vorher den Fiskalpakt ratifiziert haben und einhalten, ESM-Mittel in Anspruch nehmen können, stellt dieser legislative Prozess eine zusätzliche Hürde dar. Bisher haben von den Euroländern nur Portugal, Slowenien, Griechenland, Spanien und Österreich den Fiskalpakt ratifiziert. In Deutschland steht noch die Unterschrift des Bundespräsidenten aus. In Frankreich wird wohl erst nach der Sommerpause im September abgestimmt. In Irland dürfte das Gesetz erst Ende des Jahres verabschiedet werden. Daher sind Auszahlungen aus dem ESM vor dem 1. Januar 2013 unwahrscheinlich.
Dennoch sind die Märkte zumindest Irland gegenüber wieder positiver gestimmt. Der Zinsaufschlag irischer Staatsanleihen ist nach dem Gipfel am 29. Juni deutlich gefallen. In der ersten Juli-Woche konnte das Finanzministerium in Dublin zum ersten Mal seit dem Herbst 2010 wieder eine Geldmarktanleihe platzieren. Die Rendite der €500 Mio. Anleihe mit drei Monaten Laufzeit lag bei 1,8 %, was als voller Erfolg gewertet wird. Vergleichsweise entspannt präsentiert sich derzeit auch ein gesamteuropäischer Krisenindikator: Angesichts der andauernden Diskussion um die Stabilität der europäischen Banken ist es erstaunlich, wie niedrig die Risikoprämie am Interbankenmarkt der Eurozone nach der Beruhigungsspritze durch Mario Draghis „dicke Bertha“ Anfang des Jahres geblieben ist. Allerdings wirft die aktuelle Kontroverse um Manipulationen der LIBOR-Sätze in London einige Fragen über die Verlässlichkeit der „offiziellen“ Interbankensätze auf.
Helaba Kapitalmarktszenarien
Für unseren Kapitalmarktausblick 2012 haben wir das Thema „Helden- und Göttersagen“ gewählt. Im Hauptszenario „Gordischer Knoten“ (Eintrittswahrscheinlichkeit: 65 %) kann die Eskalation der Euro-Staatsschuldenkrise vermieden werden, so dass die Unsicherheit und hohe Volatilität an den Kapitalmärkten abebben. Dennoch erfordert die Bewältigung der Krise Zeit, so dass der Verlauf an den Kapitalmärkten stärker von politischen, denn von konjunkturellen Einflussfaktoren bestimmt wird. Die großen Euroländer ringen weiterhin um eine Lösung, wobei sich die Vorschläge stärker auf eine Vergemeinschaftung der Schulden fokussieren. Sie unterscheiden sich dahin, ob dies mit oder ohne Aufgabe von nationalstaatlicher Souveränität einhergeht. Mit weiteren Hilfsmechanismen, einer expansiven Geldpolitik sowie vertrauensbildenden Maßnahmen wie einer breiten Zustimmung zum Fiskalpakt sollte eine Stabilisierung der Lage gelingen. Eine weitere Vergemeinschaftung der europäischen Staatsschulden wird immer wahrscheinlicher. Der konjunkturelle Gegenwind aus den Euro-Problemländern dürfte bis Jahresende nachlassen.
Insgesamt dürfte sich 2012 das globale Wirtschaftswachstum vor allem dank einer expansiven Geldpolitik festigen. Impulsgeber bleiben dabei die Schwellenländer. In den europäischen Problemländern wird der Konsolidierungsdruck zwar hoch bleiben, aber die negativen Effekte der Restrukturierungen nehmen allmählich ab. In den USA kommt es dagegen im Wahljahr nicht zu größeren Konsolidierungsanstrengungen, so dass die Wirtschaft erneut um rund 2 % wachsen wird. 2013 dürfte das globale BIP insgesamt wieder stärker expandieren.
In unserem positiven Szenario „Phönix aus der Asche“ (5 %) kann die Weltwirtschaft an das überdurchschnittliche Wachstum 2010 anknüpfen. Befeuert wird dies von einer expansiven Ausrichtung der Geld- und Fiskalpolitik. In den Euro-Ländern zeigen sich erste Erfolge der Strukturreformen, so dass auch dort die konjunkturelle Dynamik wieder zunimmt. Aktien strahlen heller denn je und Renten verzeichnen im Gegenzug kräftige Kursverluste.
Im negativen Szenario „Sisyphus“ (30 %) fällt die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession und die europäische Staatsschuldenkrise eskaliert. Die Industrieländer geraten in ein deflationäres Umfeld. Europa schafft es nicht, das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen. Vielmehr setzt eine breite Kapitalflucht aus dem Euroraum ein. Der Versuch Staaten und Banken gleichzeitig zu retten stellt sich als Sisyphusarbeit heraus. Anleger suchen Sicherheit, wovon der US-Dollar und Anleihen höchster Bonität profitieren. Auf die Aktienmärkte hingegen rollt ein Einbruch zu.