Mit dem Präsidenten des rheinland-pfälzischen Landtags, Hendrik Hering, der Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, den Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden der Landtagsfraktionen, Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), Christian Baldauf (CDU), Jutta
Blatzheim-Roegler (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Jan Bollinger (AfD), Philipp Fernis (FDP), Helge Schwab (Freie Wähler) und vielen weiteren Mitgliedern der rheinland-pfälzischen Landesregierung sowie des Landtags tauschten sich die Spitzenvertreter des rheinland-pfälzischen Handwerks über Ursachen, Auswirkungen und Strategien zur Sicherung von Fachkräften aus.
In Zeiten der anhaltenden Corona-Pandemie, der schwierigen Situation bei den Materialpreisen und der Lieferfähigkeit von verschiedenen Materialien sowie bei der angespannten Entwicklung der Energiekosten ist es umso wichtiger, dass das rheinland-pfälzische Handwerk geschlossen mit einer Stimme spricht.
So unterschiedlich die Herausforderungen in den vielen verschiedenen Handwerksgewerken auch sein mögen: Die Bekämpfung des Fachkräftemangels ist eine ganz zentrale Herausforderung für das Handwerk und betrifft alle Gewerke.
Hierzu gab Kurt Krautscheid als Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen
Handwerkskammern eine grundlegende Einordnung: „Der Fachkräftemangel ist eine der größten wirtschafts- und bildungspolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Ein Satz, der mittlerweile kaum mehr wirkt, weil er so oft wiederholt wird. Ein Satz, der aber jetzt schon Auswirkungen auf unseren Alltag hat und in einigen Jahren noch wesentlich härter zu spüren sein wird. Trotz bester Einstellungs- und Karrieremöglichkeiten entscheiden sich junge, talentierte Menschen viel zu selten für eine solide Ausbildung im Handwerk. Gleichzeitig steigt die Zahl der Studenten. Um diesem Trend entgegenzuwirken, müssen wir ein stärkeres Bewusstsein für die Attraktivität des Handwerks schaffen.“
Hierauf ging Johannes Lauer als Vorsitzender des Unternehmerverbands Handwerks RLP in seinem Impulsvortrag ein und machte deutlich, dass die Stärkung des dualen Ausbildungssystems der entscheidende Schlüssel ist, um die Fachkräfteproblematik in den Griff zu bekommen. Hierzu formulierte er fünf kurze und prägnante Forderungspunkte an die Politik:
1. Schulabsolventen müssen ausbildungsreif sein. Oftmals müssen die Betriebe nachschulen, bevor es an die Vermittlung von Fachwissen geht. Hier muss die Grundlagenvermittlung – angefangen in der Grundschule – besser werden.
2. Wir müssen uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass das sog. Aufstiegs-BAföG auf dem zuletzt erhöhten Niveau nicht nur gesichert, sondern gerade im Bereich der Förderzuschüsse nochmals ausgeweitet wird.
3. Im Bereich der Berufsschulen sowie der überbetrieblichen Ausbildungsstätten bedarf es einer Modernisierungsoffensive.
4. Die Mobilität von Auszubildenden ist gerade im ländlich geprägten Rheinland-Pfalz zu verbessern.
5. Nicht zuletzt muss es uns auch gelingen, dass Bewerber und Betriebe besser zueinander finden können und zusammengebracht werden.
In einem abschließenden Impulsbeitrag machte Gerd Benzmüller als Vorsitzender des Landesverbands der Kreishandwerkerschaften Rheinland-Pfalz nochmals deutlich, dass es keinen Unterschied in der Wertigkeit der beruflichen und akademischen Bildung geben dürfte. Ein Meistertitel muss auf eine Stufe mit einem Master gestellt werden. Auch im Bereich der Berufsorientierung muss das Land dafür Sorge tragen, dass die Berufsorientierung an den Schulen nach einheitlichen Standards abläuft und vor allem der Fokus stärker als bisher auf die duale Ausbildung gelegt wird.
„Um sicherzustellen, dass auch Lehrer frühzeitig und angemessen die Möglichkeit haben, sich mit den Inhalten und Chancen einer dualen Ausbildung vertraut zu machen, möchten wir anregen, dass diese im Rahmen des Vorbereitungsdienstes für das Lehramt die Bildungszentren des Handwerks besuchen oder betriebliche Kurzpraktika absolvieren. Zudem ist uns ein Berufs- und Studienorientierungstag an den Schulen zu wenig. Dieses Format sollte auf eine Woche der Berufsorientierung ausgeweitet werden.“
In Rheinland-Pfalz erwirtschaften über 53.000 Handwerksbetriebe einen Umsatz von ca. 32 Milliarden Euro und beschäftigen rund 262.000 Mitarbeiter, davon knapp 20.000 Auszubildende.