LWL-Medienzentrum für Westfalen von der LWL-Kulturstiftung unterstützt.
"Während über die Aktivitäten von HJ und BDM aus Westfalen eine ganze Reihe von zeitgenössischen Filmdokumenten existieren, sind Aufnahmen, die den Schulalltag der NS-Zeit dokumentieren, so gut wie unbekannt", erläutert Dr. Markus Köster, Leiter des LWL-Medienzentrums für Westfalen, den Wert der Filmbilder aus der Martin-Luther-Schule Plettenberg.
Gedreht wurden sie von dem Fotografen und Amateurfilmer Ludwig Müller (1900 -1972), dessen Tochter seit 1934 die Plettenberger Volksschule besuchte. "Über mehrere Jahre hinweg", so Stadtarchivarin Martina Wittkopp-Beine, "begleitete Müller, die Schulzeit seiner Tochter mit der Kamera." Die Filme wurden anschließend von ihm geschnitten und - weil sie stumm waren - mit Texttafeln versehen.
Müllers Aufnahmen eröffnen einen unmittelbaren, anschaulichen Einblick in den Schulalltag der 1930er Jahre. Dieser Alltag war in hohem Maße von Maximen geprägt, die schon seit Kaisers Zeiten galten: die Erziehung zu "Ruhe und Ordnung", zu flichtbewusstsein und Disziplin, zu Sparsamkeit, Lebenstüchtigkeit, Heimat- und Vaterlandsliebe. Zugleich enthüllen die laufenden Bilder aber auch, in welchem Ausmaß Schule und Unterricht in jener Zeit ideologisch beeinflusst und deformiert wurden.
Eine Reihe von Zwischentiteln benennt explizit die nationalsozialistischen Erziehungsvorgaben: die zentrale Rolle der "Leibesertüchtigung" ebenso wie die der "Erb- und Rassenlehre", die "wehrtechnischen Ziele" des Modellbaus und auch die Einschwörung der Mädchen auf ihre Rolle als "deutsche Hausfrau" und Mutter.
Nicht zuletzt rücken Müllers Aufnahmen in verschiedenen Sequenzen die Vorbereitung der jungen Generation auf den Krieg ins Bild: Scheinbar harmlose Aktivitäten wie das Sammeln von Kastanien "im Dienste des Vierjahresplanes" stehen neben Schießausbildung und Luftschutzübungen. Und auch ideologisch werden die Schüler durch die Behandlung von Themen wie "Deutschtum im Ausland" und "Das Versailler Diktat" auf Hitlers Kriegspläne eingestimmt.
"Für den Geschichtsunterricht bietet dieses außergewöhnliche Filmdokument vielfältige Anknüpfungspunkte für eine lebendige Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus", betont Köster. "Das gilt um so mehr, als der Film über sein Thema eine Brücke zur Lebenswelt junger Menschen schlägt und sie mit den alltäglichen Schulerfahrungen damals Gleichaltriger vertraut macht."
Unterstützt durch ein studentisches Projektteam um Claudia Robbers, Thomas Groß, Sven Keinert und Jan Telgkamp hat das LWL-Medienzentrum den ursprünglich rund 75 Minuten langen Stummfilm für die DVD-Produktion gekürzt, unter thematischen Gesichtspunkten geordnet und mit einem Kommentar versehen. Ein umfangreiches Begleitheft zur DVD ergänzt den Film sowohl um Hintergrundinformationen zum lokalen Entstehungskontext der Aufnahmen als auch zur nationalsozialistischen Schulpolitik insgesamt.
Am Donnerstag, 14. Juni, um 19 Uhr wird der Film im Rathaus zu Plettenberg erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Unter dem Titel "Schule unterm Hakenkreuz" kann die DVD danach zum Preis von 14,90 Euro zuzüglich Versandkosten beim LWL-Medienzentrum für Westfalen (medienzentrum@lwl.org) oder direkt im Stadtarchiv Plettenberg erworben werden.