Statt Singles bringt Skillster Arbeitnehmer und Arbeitgeber zusammen. Auf der Homepage des deutschen Start-ups heisst es: «zusammenbringen, was zusammenpasst». Der klassische Bewerbungsprozess ist hier umgekehrt: «Bewerber müssen nicht finden, sondern werden gefunden», sagt Skillster-Chefin Lisa Groiss zu 20 Minuten.
Videoauftritt soll möglichst authentisch sein
Jobsuchende bewerben sich in einem ersten Schritt mit einem selbstgemachten Video, das 99 Sekunden lang ist. «Die Botschaft in den Videos sollen kurz und knackig sein», sagt Groiss. Darin sollen die Kandidaten die vier klassischen Bewerbungsfragen «Wer bin ich?», «Was kann ich?», «Was will ich?» und «Was interessiert mich?» beantworten.«Das Video soll ein persönliches Gespräch nachbilden», so Groiss.
In einem zweiten Schritt füllt der Bewerber online einen Persönlichkeitstest aus, den man laut Groiss nicht beeinflussen kann. «Der Kandidat wählt dabei unter grafischen Formen, optischen Täuschung und Bildern seine Favoriten aus und erfährt so, was für eine Persönlichkeit er ist.» In einem dritten Schritt beschreibt man die Unternehmenskultur, die zu einem passt. Kostenpunkt für ein Profil auf Skillster: 25 Euro.
«Stellenanzeigen sind nicht mehr zeitgemäss»
Die Unternehmen auf der anderen Seite suchen ihren Wunschkandidaten nach fachlichen und persönlichen Kriterien. Wenn ein Kandidat passt, spuckt ein Algorithmus wie bei der Datingplattform Tinder einen oder mehrere Matches aus, also Übereinstimmungen. Interessiert sich die Firma für den vorgeschlagenen Kandidaten, kann sie für 275 Euro Mailadresse und Telefonnummer kaufen. Zehn Kontaktdaten gibt es für 2500 Euro.
«Mit unserem Konzept kommen Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale der Bewerber zum Vorschein, die bei einer traditionellen Bewerbung verborgen bleiben», sagt Groiss. Es sei so wahrscheinlicher, dass sich zwei Parteien finden, die auch wirklich zusammenpassten. Vom klassischen Bewerbungsprozedere hält sie nicht viel: «Stellenanzeigen durchforsten und sich dann bewerben ist einfach nicht mehr zeitgemäss», sagt Groiss.
Internationale Plattform
Sie betont, dass die Plattform nicht nur für den deutschen Markt bestimmt ist: «Es gibt keine geografischen Grenzen.» So seien auch Schweizer Bewerber und Firmen auf Skillster vertreten. Mit dabei sei auch der US-Onlinehändler Amazon. «Mittlerweile sind rund 400 Jobsuchende und 60 Unternehmen angemeldet», so Groiss. Gemäss der «Süddeutschen Zeitung» sucht Groiss nach Investoren. Die Gebühr für Bewerber soll dann verschwinden. Das soll Kunden anziehen: «In fünf Jahren könnten es bereits 100'000 sein», zitiert die Zeitung die Chefin.
Markus Grutsch, Arbeitspsychologe an der Fachhochschule St. Gallen, findet die Video-Bewerbung eine gute Idee. «Firmen erhalten einen persönlichen Eindruck, den man mit einer klassischen Bewerbung nicht vermitteln kann.» So könne man sich etwa vom Auftritt, der Sprechweise oder der Seriosität ein Bild machen.
Videos mit Vorsicht geniessen
Dennoch birgt ein Video auch Risiken. Denn der vermittelte Eindruck kann vorgetäuscht sein. «Wie die Person wirklich ist, sieht man mit einem Video nicht», sagt er. Schliesslich kämen im Arbeitsalltag andere Verhaltensweisen zum Vorschein. «Daher sollte man auch Videos mit Vorsicht geniessen.»
Von Dominic Benz, 20Minuten, 23.01.2018