„Die Leber wächst mit ihren Aufgaben“, spottet der Volksmund. Und tatsächlich sind überbordend gedeckte Tische für das lebenswichtige, gesund drei Pfund leichte Wunderwerk im rechten Oberbauch eine enorme Herausforderung. Zuviel Zucker und Fett im Essen, zu wenig Bewegung und zu oft Alkohol – Experten schätzen, dass bei mindestens sechs Millionen BundesbürgerInnen die Leber alarmierend vergrößert bzw. verfettet ist.
„Während das Herz ,bloß‘ pumpt und saugt, die Lunge ‚bloß‘ atmet, filtert die rotbraune ,Chemiefabrik’, Tag für Tag rund 2000 Liter Blut, wandelt Nahrungseiweiße und -fette, Zucker und Stärke so um, dass sie unser Körper verwerten kann“, würdigt Dr. Rainer Matejka (63) das biologische Chemielabor unter dem rechten Rippenbogen, das nach dem Gehirn die meisten Organfunktionen zu bewältigten hat. „Als größte Drüse produziert sie fettspaltende Gallensäfte, Immuneiweiße und Gerinnungsfaktoren, damit wir nicht verbluten. Darüber hinaus sitzt hier der Abbauort für verbrauchte Blutzellen, Hormone und sonstige Eiweiße. Viele aufgenommene Gifte – auch durch Medikamente - werden von der Leber unschädlich gemacht, bevor das Blut vom Darm in den weiteren Körper gelangt.“
Dieser selbstlose „Erste-Durchgangs-Effekt“ über die Pfortader wird für die Leber über die Jahre selbst zum Problem. Nicht bloß wegen äußerer Feinde wie Viren, Bakterien, Nahrungsmittelgifte und Medikamente; auch innere Gegner wie schädliche Stoffwechselabfälle können die Leber nach und nach attackieren. „Schulmedizinisch wird fleißig geforscht, wie man die Schädigung behandeln kann. In der Malteserklinik von Weckbecker im unterfränkischen Bad Brückenau setzt man seit Eröffnung vor über 65 Jahren bei Leberleiden gezielt auf das Heilfasten – und wird durch aktuelle Forschungsergebnisse regelmäßig bestätigt. Dazu drei Fragen an ärztlichen Leiter.
Herr Dr. Matejka, woran erkenne ich, dass es meiner Leber nicht gut geht ?
Das ist ein Problem, denn ähnlich wie das Gehirn empfindet die Leber selbst keine Schmerzen. Deshalb machen sich Erkrankungen anfangs häufig „diskret“ bemerkbar:
Die Betroffenen leiden unter Müdigkeit, Konzentrationsmangel oder allgemeiner, depressiver Verstimmung. Erst später kommen Verdauungsstörungen beziehungsweise Druck im Oberbauch dazu. Veränderungen der Haut oder die bekannte Gelbsucht treten erst spät bei schweren Schädigungen auf.
Da die Leber in komplexer Beziehung zu anderen Organen bis hin zum Gemüt steht, können zudem Schlafstörungen, Hautekzeme, trockenes Auge, Migräne, Potenzstörungen und Hämorrhoiden Alarmsignale sein.
Um den Leberstoffwechsel zu normalisieren, hat sich die reduzierte Aufnahme von Kalorien – zum Beispiel im Rahmen einer Fastenkur – bewährt. Wieso?
Durch den Verzicht auf feste Nahrung im Rahmen des Heilfastens muss der Körper den Energiestoffwechsel auf die so genannte Ketose umstellen. Auf seine Fettreserven greift der Körper immer dann zurück, wenn ihm Kohlenhydrate fehlen. Dann wird Energie aus der Spaltung von Fettsäuren in Ketonkörper gewonnen. Mit diesem Glukose-Ersatz wird insbesondere das Gehirn gut mit Energie versorgt. Seit einigen Jahren mehren sich die Hinweise, dass durch diesen „metabolic switch“, die Selbstreinigungs- und Selbstreparaturfähigkeit (Autophagie) von Körperzellen angeregt wird – was in der Naturheilkunde traditionell mit dem Begriff „Entschlacken“ bezeichnet wird.
Genauer haben Wissenschaftler am Helmholtz Zentrum München nachgesehen. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) und dem Deutschen Krebsforschungszentrum konnten dort 2016 Forscher zeigen, dass bei Nahrungsentzug ein bestimmtes Reparatur-Eiweiß namens „GADD45 beta“ hergestellt wird, das therapeutisch in den Fett- und Zuckerstoffwechsel eingreift.
Was kann ich meiner Leber noch Gutes tun?
Neben gesunder Ernährung und weniger Alkohol? Vor allem negative Emotionen wie Wut, Ärger und Sorge möglichst meiden! Ein sehr altes und bei uns in der Klinik bewährtes Hausmittel ist der Leberwickel, bei dem eine feuchtheiße Kompresse entlang des Brustkorbs auf den rechten Oberbauch gelegt wird. Darauf kommt eine Wärmflasche (gut 40 Grad) und darüber ein Handtuch. Rund eine halbe Stunde sollte der Wickel mindestens einwirken. Sie können ihn aber auch abends im Bett machen, da er nicht nur der Leber guttut, sondern auch als Einschlafhilfe dient. Heilpflanzlich bekannt ist die Mariendistel. Ihr Extrakt neutralisiert leberschädliche Stoffwechsel-Endprodukte, kurbelt zugleich die Neubildung von Leberzellen an. Neueste Studien zur Wirksamkeit von „Silymarin“, haben ergeben, dass unter Therapie erhöhte Leberwerte um bis zu 44 Prozent zurückgehen. Beschwerden wie Müdigkeit, Bauchschmerzen und Übelkeit nehmen um rund 50 Prozent ab.
Lieber Herr Doktor Matejka, vielen Dank für das Gespräch!