Nicht geliebt und nicht liebenswert?
Viele Menschen leiden unter wiederkehrenden Beschwerden, wie chronische Blasenentzündung oder Sodbrennen, haben Probleme mit Alkohol oder sind in ihren sozialen Bindungen beeinträchtigt, da Aggressionen oder Ängste den Umgang erschweren und die Betroffenen isolieren. Nur selten kommen sie selbst oder gar die behandelnden Ärzte dabei auf die Idee, dass ein ganz besonderes Phänomen hinter diesen Symptomen stecken kann, das es auf eine besondere Art zu behandeln gilt.
Nach dem Genfer Arzt und Autor Dr. med. Daniel Dufour besteht dieses Phänomen in einem Gefühl des „Verlassenseins“ – im Sinne von: sich nicht geliebt und nicht liebenswert fühlen –, das in die früheste Kindheit zurückreicht: „Ein Kind braucht nun einmal Liebe, um gedeihen zu können. Aber nur eine bedingungslose Liebe kann bei ihm das Gefühl verstärken, um seiner selbst willen da zu sein, und demzufolge auch das Gefühl, ein wichtiger Mensch zu sein, ein Mensch, der einen Wert hat.“ In dem einfühlsamen und kritischen Buch „Das verlassene Kind“ wird exemplarisch eine Methode vorgestellt, um denen an unterschiedlichen Beschwerden Leidenden zu helfen, indem der Person in ihrer Ganzheit mit Respekt und Liebe begegnet wird.
Die Krankheit als Chance
Daniel Dufour stellt dem klassischen medizinischen Weg, der eine Krankheit als Verhängnis begreift und dieses zu bekämpfen versucht, eine alternative Methode der Behandlung gegenüber. Die klassische Strategie geht von den Symptomen aus, versucht diese medikamentös zu unterdrücken und empfiehlt schließlich eine Psychotherapie, um den „Normalzustand“ wiederherzustellen.
Gerade diese vermeintliche „Normalität“ ist aber erst für die Leiden verantwortlich, denn sie beeinflusst als Erziehung das, was Dufour als „Denke“ oder „Ego“ bezeichnet. Sie schneidet uns von unserer ursprünglichen Natur ab. Diese Gedanken, die festlegen, was gut und was schlecht ist, sind der Ausgangspunkt unserer Werturteile. Sie nisten sich ein und beschränken ein Individuum dahingehend, was anderen zufolge „annehmbar und normal“ ist.
Bezugspunkte für die betroffene Person in ihrer Ganzheitlichkeit müssten aber die Natur des Seins, ihr angeborenes Wissen und ihr innerer Kern sein. Dazu gehört auch, den Menschen im Hinblick auf seine Krankheit in die Verantwortung zu nehmen. Es sei laut Dufour ein Zeichen von Respekt gegenüber dem Patienten, ihm zu vermitteln, dass er für sein Unwohlsein genauso verantwortlich ist wie für sein Wohlergehen.
Der Patient als Experte
Im Allgemeinen beruht der herkömmliche oder klassische Ansatz der Medizin auf der Annahme, dass der Therapeut über das Wissen verfügt, die Behandlung leitet und der Patient diese erträgt, indem er sich den dort benutzten Methoden unterwirft. Dementsprechend begibt sich der Patient von Beginn an in eine Situation der Minderwertigkeit, denn er leidet und ist von der Person des Therapeuten abhängig. Dies zieht oft den Entzug der eigenen Verantwortung mit sich.
Der alternative medizinische Ansatz der OGE-Methode erlaubt es einem leidenden Menschen hingegen, für sich selbst zu kämpfen und nicht gegen die Krankheit oder gegen die Symptome. „Das verlassene Kind“ ist ein Buch, das den Patienten zum alleinigen Experten macht und nicht den Arzt und die Diagnose in den Mittelpunkt stellt. Es fügt sich ein in den Paradigmenwechsel der derzeitigen Psychologie, die die Salutogenese in den Vordergrund rückt und in den Ressourcen des Patienten das entscheidende Element der Gesundung sieht. Viele Leser werden sich in den zahlreichen anschaulichen Fallbeispielen Dufours wiederfinden und ihre eigene Lebensgeschichte mit anderen Augen betrachten.
Dr. med. Daniel Dufour
Das verlassene Kind
Gefühlsverletzungen aus der Kindheit erkennen und heilen
Mankau Verlag, 1. Auflage Mai 2020
Taschenbuch, 12 x 19 cm, 190 Seiten
12,90 Euro (D) / 13,30 Euro (A)
ISBN 978-3-86374-533-0
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