Ein breites Bündnis von Nichtregierungsorganisationen und zivilgesellschaftlichen Initiativen aus Deutschland und der Türkei kritisieren, dass damit auch deutsche Banken in ein Projekt einsteigen, dessen ökologische und soziale Auswirkungen verheerend sein werden. In der betroffenen Region wehren sich die ersten Enteignungsopfer, indem sie vor Gericht ziehen.
„Mit dem Einstieg in das Ilisu-Projekt demonstrieren Societe Generale, Bank Austria und die in Frankfurt ansässige DekaBank eine tiefe Missachtung ökologischer Kriterien und äußerste Respektlosigkeit für die betroffenen Menschen“, stellt Heike Drillisch von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation WEED fest. „Das Zerstörungspotenzial des Ilisu-Staudamms übersteigt alles, was in Europa denkbar wäre. Keine verantwortungsvolle Bank würde sich daran beteiligen.“
Der Ilisu-Staudamm wird den Tigris kurz vor der Grenze zu Syrien und Irak aufstauen, die antike Stadt Hasankeyf sowie wertvolle Lebensräume für bedrohte Tierarten überfluten. Zehntausende Menschen, überwiegend Kurdinnen und Kurden, werden ihre jetzige Existenzgrundlage verlieren.
„Aus den Projektunterlagen ist offensichtlich, dass nicht einmal die grundlegenden Daten über die Umwelt und die Kulturgüter verfügbar sind“, hebt Heffa Schücking von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald hervor. Ende März hatten die deutsche, österreichische und Schweizer Regierung Bürgschaften für das Ilisu-Projekt bewilligt, diese jedoch an circa 150 Auflagen geknüpft, die das Projekt mit internationalen Standards in Einklang bringen sollen. In den Auflagen enthalten ist die Forderung, Basisdaten über die ökologischen und kulturellen Güter der Region zu erheben. „Ohne das Vorhandensein verlässlicher Daten und Managementpläne würde die Weltbank ein Vorhaben nicht einmal prüfen“, so Schücking.
Unterdessen hat in der Ilisu-Region nach Informationen der Initiative zur Rettung von Hasankeyf die Enteignung begonnen. Die Auflagen der Exportkreditagenturen werden dabei grob missachtet. In der Folge haben fast alle betroffenen Familien gegen die zuständige türkische Wasserbehörde DSI vor Gericht Klage eingelegt. Das Urteil will die Wasserbehörde jedoch nicht akzeptieren.
„Unsere Befürchtungen werden aufs Schlimmste bestätigt“, kritisiert Ercan Ayboga von der Initiative zur Rettung von Hasankeyf. „Die Menschen sollen mit Almosen abgespeist werden. Der Widerstand in der betroffenen Region wird in jedem Fall weitergehen. Darauf sollte sich auch die DEKA Bank einstellen.“
Die Frankfurter Hilfsorganisation medico international sieht die deutsche Bundesregierung in der Pflicht, dieses Projekt zu stoppen. „Wir fordern alle im Bundestag vertretenen Parteien auf, sich durch eine Parlamentarierdelegation vor Ort in Hasankeyf von der staatlichen Missachtung der mit der Bürgschaft verbundenen Auflagen zu überzeugen“, fordert Martin Glasenapp von medico international.
Weitere Informationen:
Homepage of the „Initative to Keep Hasankeyf Alive": http://www.hasankeyfgirisimi.com/...