Anlass der EuGH-Entscheidung war ein Rechtsstreit über die rechtliche Einstufung einer chlorhexidinhaltigen Mundspüllösung. Die mit dem Fall befassten deutschen Gerichte hatten sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und gegebenenfalls ab welcher Konzentration Chlorhexidin pharmakologische Wirkung entfaltet, so dass es sich bei entsprechenden Präparaten nicht um kosmetische Mittel, sondern um Arzneimitteln handeln würde. Eine konkrete Antwort zu Chlorhexidin hat auch der EuGH nicht geliefert (weil er es auch nicht musste). Er hat sich aber generell mit dem Begriff der pharmakologischen Wirkung auseinandergesetzt und entschieden, dass vom Vorliegen einer pharmakologischen Wirkung einer Substanz nicht nur dann ausgegangen werden kann, wenn es zu einer Wechselwirkung zwischen den Molekülen dieser Substanz und einem zellulären Bestandteil des Körpers des Anwenders kommt, sondern dass eine Wechselwirkung zwischen dieser Substanz und einem beliebigen im Körper des Anwenders vorhandenen zellulären Bestandteil wie Bakterien, Viren oder Parasiten genügen kann.
Entgegen manchen ersten Rezeptionen dieser Entscheidung kann daraus jedoch keineswegs geschlossen werden, dass die Wirkung einer Substanz auf andere als zelluläre Bestandteile des Menschen automatisch zu einem Arzneimittelstatus führt. Denn der EuGH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich betont, dass es zur Einstufung eines Produktes einer Einzelfallbetrachtung von Fall zu Fall anhand der sonstigen von der EuGH-Rechtsprechung entwickelten Kriterien bedarf. Genau genommen hat der EuGH mit seiner Entscheidung vom 06.09.2012 also nicht viel Neues zur Enträtselung des Begriffs der pharmakologischen Wirkung beigetragen. Es wird sowohl im konkreten Fall als auch darüber hinaus weiterhin Aufgabe der nationalen Gerichte sein, die eher vagen Vorgaben des EuGH mit Leben zu füllen. Auch in Sachen chlorhexidinhaltiger Mundspüllösungen ist das letzte Wort daher noch nicht gesprochen.