Um Nahrungsergänzungsmittel ist es in letzter Zeit vergleichsweise ruhig geworden, was rechtliche Streitigkeiten anbelangt. Das juristische Terrain ist - hinsichtlich der geltenden Rechtslage - durch die maßgeblichen Gerichte weitgehend abgesteckt. Es dürfte allerdings die Ruhe vor dem Sturm sein. Denn das regulatorische Ungetüm der Health-Claims-Verordnung wirft bislang seine Schatten noch immer nur drohend voraus. Mit der Schonfrist wird es jedoch demnächst vorbei, die Health-Claims-Verordnung nämlich in absehbarer Zeit scharf geschaltet sein. All jene Wirkversprechen und sonstigen gesundheitsbezogenen Angaben über Nahrungsergänzungsmittel, die nicht das Glück hatten, das strenge Zulassungsverfahren der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erfolgreich zu bestehen, sind dann verboten. An Abmahnern und Klägern, die diesem Verbot kostenpflichtig zur Geltung verhelfen, wird es vor deutschen Gerichten nicht mangeln.
Der Markt an wunderbaren Wirkversprechen für kosmetische Mittel wird sich also bereinigen - und danach möglicherweise ziemliche Langeweile einkehren. Denn der einfachste Weg beim Vertrieb von Nahrungsergänzungsmitteln wird es sein, sich bei denjenigen Claims und Inhaltsstoffen zu bedienen, die den Segen der EFSA gefunden und auf der Gemeinschaftsliste zulässiger gesundheitsbezogener Angaben veröffentlicht wurden. Es werden sich also bestimmte Standardrezepturen mit bestimmten Standard-Claims herauskristallisieren. Innovationen sind kaum noch lukrativ, da derjenige, der einen neuen Claim nachträglich auf eigene Kosten auf die Liste zugelassener gesundheitsbezogener Angaben bringt, dies zum Vorteil seiner Konkurrenten täte, die sich an den entsprechenden Claim in aller Regel unproblematisch anhängen dürfen. Uniformität statt Vielfalt könnte daher mittelfristig die Devise auf dem Nahrungsergänzungsmittelmarkt lauten. Das enfant terrible wird zum Spießer.
Doch wird es wirklich so kommen? Was sind die Alternativen? Noch sind hier an erster Stelle die bilanzierten Diäten zu nennen. Da aber der europäische Gesetzgeber erwägt, auch an diese Produktkategorie seine regulatorische Axt anzulegen, ist dies langfristig mit einem Fragezeichen zu versehen. Wessen Produkt-Portfolio es hergibt, der mag auch darüber nachdenken, einen Switch in Richtung Futtermittel, insbesondere Heimtierfuttermittel, oder Kosmetika anzugehen oder gar gleich in den Medizinprodukte-Bereich überzuwechseln. Ansonsten bleibt nur, sich auf ein Leben mit der Health-Claims-Verordnung einzustellen und deren Grenzen und Schlupflöcher auszuloten. Last, not least: Die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Health-Claims-Verordnung, also die Frage, ob diese überhaupt mit Grundrechten und Warenverkehrsfreiheit vereinbar ist, harrt noch ihrer gerichtlichen Überprüfung. Wer dies als Hersteller oder Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln ändern möchte, muss sich zwar auf einen langen Marsch durch die Instanzen und Institutionen einstellen. Diesen hat jedoch schon manches enfant terrible, nicht ohne Erfolg, beschritten.
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