Herr K. hat eine schwierige Zeit hinter sich, Scheidung, Tod seiner Eltern. Mittlerweile haben sich die Probleme gelegt; was geblieben ist, sind die Schlafstörungen. Nachdem unterschiedliche Medikamente und auch ambulante Psychotherapien nicht mehr gewirkt haben, nehme er nun Zolpidem. Hiermit könne er wenigstens bis zu vier Stunden schlafen. Aus Angst vor Abhängigkeit versuche er, es jedoch nicht täglich zu nehmen. Herr K. ist ein typischer Fall einer chronisch verlaufenden Insomnie, und steht für eine Patientengruppe, die zum großen Teil unterversorgt ist.
Die Kriterien einer klinisch relevanten Insomnie erfüllen etwa zehn Prozent und die einer schweren Insomnie etwa vier Prozent der deutschen Bevölkerung. Das Problematische ist, dass Insomnien zunächst meist unauffällig verlaufen. Die Betroffenen können die Folgen des schlechten Schlafes in der Regel lange kompensieren und halten sich mit Schlafmitteln oder komplementärmedizinischen Verfahren "über Wasser". Studien zeigen, dass unbehandelte Insomnien jedoch einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden anrichten (Krankheitstage, müdigkeitsbedingte Unfälle) können, auch das Entstehen einer Depression durch eine unbehandelte Insomnie wird diskutiert. Die Patienten werden in der Regel mit Antidepressiva oder mit Hypnotika behandelt. Trotz nachgewiesener positiver Effekte empfindet ein Teil der Patienten die chronische Medikamenteneinnahme als belastend und schläft weiterhin schlecht.
Hoffnung für Insomnie-Schwerfälle: Stationäres Therapieprogramm in Regensburg
Dabei gibt es eine speziell auf die Insomnie zugeschnittene ursachenorientierte Therapie, deren Effektivität in zahlreichen Meta-Analysen gezeigt wurde. Die Therapieform wird in der Regel in Gruppen ambulant angeboten und als kognitive Verhaltenstherapie der Insomnie (englisch "Cognitive-Behaviour-Therapy for Insomnia", CBT-I) bezeichnet. Sie beruht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Chronobiologie des Schlafes und nutzt spezielle Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie. Allerdings zeigen neuere Studien auch hier, dass es therapieresistente Patienten gibt. Herr K. hat an einer solchen Behandlung teilgenommen, scheiterte jedoch an der Durchführung in der häuslichen Umgebung und an seinen ausgeprägten Ängsten, das Schlafmittel abzusetzen. Er steht somit für eine kleine Gruppe von therapiemotivierten Insomnie-Patienten, die an dem ambulanten Setting scheitern.
Um diese Versorgungslücke zu schließen, wird auf der Station 21b und im Schlaflabor am Bezirksklinikum Regensburg das deutschlandweit erste stationäre Programm für therapierefraktäre schwere Insomnien angeboten. Bei dieser Therapieform werden die Patienten in geschlossenen Gruppen von acht Personen aufgenommen. Sie durchlaufen ein etwa zweiwöchiges standardisiertes störungsspezifisches Programm, welches auf den Basismodulen der CBT-I beruht. Es wurde speziell für den klinischen stationären Bereich entwickelt und nun auch liegt als Manual vor (Primäre Insomnie, Hogrefe, 2013).
Kann man in so kurzer Zeit eine schwere Insomnie heilen? Langzeituntersuchungen von über 200 Patienten, die bereits an dem Programm teilgenommen haben, zeigen, dass die Therapie einen langanhaltenden positiven Effekt hat. Erfreulicherweise können die meisten Patienten auch 18 Monate danach auf ihre Schlafmittel verzichten (Somnologie, 2013).
Störungsspezifische Therapieprogramme haben gegenüber gemischten Stationsangeboten den Vorteil, dass in kurzer Zeit mit geschultem Personal ökonomisch effektiv auf die Bedürfnisse von bestimmten Patientengruppen eingegangen werden kann. Herr K. ist überrascht und sehr erleichtert, dass es solche Programme für Insomnie-Patienten gibt. Er fühlt sich durch das Angebot spontan angesprochen und setzt hohe Hoffnungen auf den Aufenthalt. Bis zur stationären Aufnahme darf er sein Schlafmittel noch weiter einnehmen mit dem Wissen, dass ihm professionell beim Absetzen geholfen wird.
Über die Autorin:
Dr. Tatjana Crönlein ist Psychologische Psychotherapeutin am Schlaflabor des Zentrums für Allgemeinpsychiatrie I und Psychosomatik am Bezirksklinikum Regensburg und Leiterin der Arbeitsgruppe Insomnie der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin