Trotz der starken und schon langanhaltenden Schmerzen, stehen die Chancen gut, dass eine OP nicht nötig ist. „Es kommt natürlich auf die Diagnose an. Aber mit konservativen Maßnahmen, allen voran eine gezielte Schmerztherapie, Krankengymnastik und gezieltes Muskelaufbautraining, ist ein Großteil der Rückenprobleme in den Griff zu bekommen“, sagt Wirbelsäulenexperte Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum in München-Taufkirchen. „Die Sängerin tut gut daran, sich nicht gleich unter das Messer legen zu wollen.“
Doch gerade in Deutschland greifen viele Ärzte bei Rückenschmerzen allzu schnell zum Skalpell, wie eine große Untersuchung gezeigt hat. Waren es 2005 noch 452 000 Eingriffe, sind es mittlerweile mehr als 800 000. Bemerkenswert dabei: Es gibt große regionale Unterschiede: Während zum Zeitpunkt der Erhebung in Heidelberg nur 58 von 100 000 Menschen mit der Diagnose Rückenschmerzen ins Krankenhaus gekommen sind, waren es in Hamm 815. „Von daher kann ich allen Rückenpatienten nur raten, sich eine Zweitmeinung einzuholen“, sagt Dr. Schneiderhan. „In Deutschland haben Menschen glücklicherweise einen Rechtsanspruch, vor planbaren Operationen eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einzuholen.“
Doch was tun, wenn die konservativen Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeigen? Dann sind heute bei vielen Indikationen minimal-invasive Eingriffe möglich. „Einen Bandscheibenvorfall können wir heute mit hochmodernen Lasergeräten, statt mit dem Skalpell, behandeln“, sagt Dr. Schneiderhan. „Wenn der Ischias auf das Nervengewebe drückt, setzen wir auf die schonende Wirbelsäulenkatheterbehandlung, deren ausgezeichnete Wirksamkeit und hohe Erfolgsquote durch eine aktuell veröffentlichte Studie der Uniklinik Kiel bestätigt wurde. Auch bei einer kombinierten Spinalkanal-Stenose (SKS) oder einem Postdiskektomie-Syndrom ist diese Methode sehr erfolgreich. „In leichter Dämmerschlafnarkose und unter Röntgenkontrolle führen wir einen nur 1,5mm dünnen steuerbaren Hightech-Katheter durch eine dünne Nadel im Kreuzbeinbereich ein und schieben ihn direkt an die Stelle vor, an der das hervorgetretene Bandscheibengewebe oder liegende Narbengewebe den Wirbelkanal einengt. Unter Bildwandlerkontrolle können Verklebungen, z.B. im Bereich der Vernarbungen, mechanisch gelöst und Hindernisse überwunden werden. Nach optimaler Platzierung werden schmerzstillende, entzündungshemmende und gewebeschrumpfende Medikamente mehrfach unter stationärer Bedingung injiziert, um Narben zu lösen und das störende
Bandscheibengewebe zu schrumpfen. Die betroffene Nervenwurzel wird dauerhaft befreit und der Schmerz verschwindet. Die Studie hat nicht nur die wissenschaftliche Anerkennung dieser Behandlungsmethode eindeutig bestätigt, sondern auch gezeigt, dass die Wirbelsäulenkatheter-therapie vor allen anderen Therapien, wie konservative Therapie, minimal invasive Therapie und operative Behandlung durchgeführt werden sollte, da sie über die qualifizierteste Datenlage verfügt“, betont Deutschlands bekanntester Wirbelsäulenspezialist Dr. R. Schneiderhan. Nach nur ca. drei Tagen in der Klinik und einer Schonphase von ungefähr zwei Wochen, kann mit der Krankengymnastik begonnen werden.
Bei defekten Wirbelgelenken kann eine weitere minimal invasive Behandlungsmethode, die so genannte Hitzesondebehandlung, die Beschwerden schnell beheben. Und das sind nur ein paar Beispiele.“
Die Chancen, dass Sängerin Michelle um eine große OP herumkommt, stehen also gut. Sie hat zudem den Vorteil, dass sie schlank und durchtrainiert ist. Denn eine gute Muskulatur ist nach wie vor der beste Schutz vor Rückenschmerzen.