Rückenschmerzen können einen in den Wahnsinn treiben. Sie können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und der Wunsch nach einem Ende der Leidensphase ist mehr als verständlich. Viele erhoffen sich durch einen operativen Eingriff Linderung. Die Ärzte sollen den Schmerz einfach wegschneiden. Doch so einfach ist es leider nicht. Bei mehr als zehn Prozent aller Patientinnen und Patienten führen operative Eingriff nicht zum gewünschten Erfolg. So das Ergebnis einer Auswertung der SBK-Betriebskrankenkassen. Das Phänomen ist als Postdiskektomie-Syndrom bekannt. Im englischen nennt man es prägnanter Failed Back Surgery Syndrome, zu deutsch misslungener operativer Eingriff.
„Von einem Failed Back Surgery Syndrom spricht man immer dann, wenn es nach einem operativen Eingriff am Rücken wieder zu Schmerzen kommt, die nicht selten sogar heftiger sind als zuvor“, erklärt Dr. Reinhard Schneiderhan vom Medizinischen Versorgungszentrum in München-Taufkirchen. „Die Schmerzen können direkt nach dem Eingriff, manchmal aber auch erst Wochen oder Monate danach auftreten. Nicht immer werden sie dann in Verbindung mit der Operation gebracht.“
Die Gründe für das Failed Back Surgery Syndrom sind vielfältig. Doch einer der Hauptgründe, das hat eine Untersuchung aus dem letzten Jahr gezeigt, ist die inflationäre Zunahme bildgebender Diagnostik. „Viele Ärztinnen und Ärzte verlassen sich zu sehr auf MRT-Aufnahmen“, sagt Dr. Schneiderhan. „Denn häufig ist es so, dass sich in den Bildern Auffälligkeiten zeigen, die aber nicht die Ursache der Beschwerden sind.“ Das hat sich auch in einer großen Studie gezeigt. Nach einer Auswertung von so genannten Zweitmeinungsgutachten durch ein interdisziplinäres Team, hat sich gezeigt, dass in nur 4,5 Prozent der Fälle überhaupt eine OP nötig gewesen wäre. „Deshalb kann ich allen schmerzgeplagten Betroffenen nur raten, sich unbedingt eine Zweitmeinung einzuholen, bevor sie sich unter das Messer legen.“
Ein Aufwand, der sich lohnt, denn jeder operative Eingriff birgt ein Risiko. Das größte Problem dabei ist das entstehende Narbengewebe. Es kann auf Nerven drücken und starke Schmerzen verursachen. Auch anhaltende Muskelverspannungen, Nervenschäden wie Taubheit, Kribbeln und Lähmungen sowie ein Stabilitätsverlust sind möglich. „Oft ist dann ein zweiter Eingriff nötig“, sagt Dr. Schneiderhan. „Dafür stehen uns aber glücklicherweise minimal-invasive Methoden zur Verfügung.“
Eine weitere Ursache, die zu einem Failed Back Surgery Syndrom führt, ist psychologischer Natur. Patientinnen und Patienten, die vor einem Eingriff unter Angstzuständen oder Depressionen leiden, haben eine deutlich erhöhtes Risiko für weitere Schmerzen nach einem Eingriff. Das hat eine weitere Studie gezeigt. „Diesen Menschen kann ich nur eindringlich raten ein interdisziplinäres Team aufzusuchen“, sagt Dr. Schneiderhan. „Dort arbeiten Orthopäden, Neurologen, Neurochirurgen, Physio- und Schmerztherapeuten sowie auch Psychologen eng zusammen.“ „Die Vorteile liegen auf der Hand: Bessere Diagnostik und eine darauf basierend optimal angepasste Therapie, die auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten zugeschnitten ist.“
Links zu den Studien:
https://link.springer.com/article/10.1007/s00940-023-4257-3
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK539777/
https://www.asianspinejournal.org/...