Er musste Spiele ausfallen lassen und sich wegen starker Schmerzen im Rücken in ärztliche Behandlung begeben. Laut BBC ist Stürmerstar Harry Kane aber wohl wieder genesen und steht der englischen Nationalmannschaft für die Europameisterschaft in Deutschland zur Verfügung. Trotzdem stellt sich die Frage, warum ein dermaßen fitter und austrainierter Sportler überhaupt unter Rückenschmerzen leidet.
„Um welche Probleme es sich genau bei Harry Kane handelt, ist nicht bekannt“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Wirbelsäulenzentrum in München-Taufkirchen. „Aber gerade bei Fußballspielern kommt es sehr häufig zu einem so genannten Facettengelenksyndrom. Bei den Facettengelenken handelt es sich um die kleinen Zwischenwirbelgelenke rechts und links am Rand der Wirbelsäule.“ Intensive sportliche Aktivitäten, Stürze, abruptes Drehen der Wirbelsäule sowie vor allem auch muskuläre Dysbalancen können degenerative Schäden, Entzündungen und Schmerzen in diesem Bereich verursachen.“
Zu den typischen Symptomen zählen strahlenförmig ausstrahlende Schmerzen beidseitig von der Lendenwirbelsäule teilweise in das Gesäß selten Richtung Oberschenkel, aber auch Richtung Leiste. Schmerzfrei sind Betroffene eigentlich nur in stufengelagerter Position. Drehbewegungen hingegen sind mit teils heftigen Schmerzen verbunden. Und Fußballer müssen sich in Training und Spiel oft drehen.
„Bei der Diagnose eines Facettengelenksyndroms ist es ganz wichtig herauszufinden, wann und wobei die Schmerzen auftreten“, sagt Dr. Schneiderhan. „Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich dann meist, dass Bewegungen nach hinten ziemlich weh tun. Auch seitliche Bewegungen können unangenehm sein, wobei eine Seite meist schlimmer betroffen ist als die andere. Bei Sportlern ist es für mich außerdem wichtig zu wissen, welche Fitness- und Kraftübungen problemlos möglich sind und welche nicht. Wenn es beispielsweise bei Aufrichte-Übungen gegen einen Widerstand, z.B. aus der Bauchlage heraus mit dem Oberkörper gg. die Schwerkraft abheben, zu Schmerzen kommt, ist das ein weiterer Hinweis für ein Facettengelenksyndrom. Die Ursache liegt dann in der Kompression.“
Stellt sich also die Frage, wie den Betroffenen geholfen werden kann. Als besonders Erfolg versprechende Behandlungsmethode gilt die Facettengelenkinfiltration. Dabei handelt es sich um eine Einspritzung mit einem lokalen Betäubungsmittel und etwas Kortison unter Bildwandlerkontrolle in die Wirbelgelenke. „Es reicht aber nicht aus, nur das vermutlich betroffene Gelenk zu infiltrieren, es müssen auch die benachbarten Bereiche infiltriert werden, da sie sich gegenseitig nerval versorgen“, sagt Dr. Schneiderhan. „Sind tatsächlich die Facettengelenke betroffen, kommt es schnell zu einer Besserung der Beschwerden. Die Infiltration sollte dann nach einem kurzen Abstand erneut erfolgen.“
Sollten die Infiltrationen nur vorübergehend geholfen haben, kann eine Hitzesondenbehandlung helfen. Dabei handelt es sich um einen sanften minimal-invasiven Eingriff, bei dem eine winzige Hightech-Sonde unter Bildkontrolle bis zum Wirbelgelenk geführt wird. Diese wird dann 60 Sekunden langsam auf 80 Grad erhitzt. „Auf diese Weise schalten wir eine spezielle Struktur namens C-Schmerzfaser aus“, sagt der Taufkirchener Experte. „Das führt zu Schmerzfreiheit und schon am nächsten Tag können Patienten mit der Physiotherapie beginnen und ihren gewohnten Aktivitäten wieder nachgehen.“